Randerscheinung: Nachrichten

Der Jüngste hört neuerdings Nachrichten. Also eigentlich hört er natürlich lieber Musik.

Aber bis vor Kurzem musste ich, wenn die Musik durch die Nachrichten unterbrochen wurde, immer das Radioprogramm wechseln. Seit Kurzem möchte er aber zuhören, was in der Welt so passiert. Und er will dann von mir wissen, warum Flugzeuge nicht mehr fliegen, weil Piloten mehr Geld wollen. Und ich versuche ihm dann einen Streik zu erklären, wie das mit Arbeitnehmern und Arbeitgebern und ihren unterschiedlichen Interessen so ist. Und er hört genau zu, und ihn interessieren dann natürlich eher die konkreten Probleme. „Wie kommen die Menschen auf dem Flughafen wieder nach Hause, wenn kein Flugzeug mehr fliegt?“ Ich sage dann etwas von wegen, die nimmt dann ein anderes Flugzeug mit, aber natürlich geht es darum. Und Kinder spüren noch ganz genau, worum es eigentlich geht. „Du, Papa, wie ist es, wenn man in der Nacht draußen schlafen muss?“, will er ein anderes Mal wissen. Weil in den Nachrichten derzeit fast immer auch Dinge erzählt werden, die er sich überhaupt nicht vorstellen will. „Wenn es kalt ist, ist das ziemlich ungemütlich“, sage ich möglichst unbestimmt. „Werden deshalb die Zelte jetzt beheizt?“, fragt er. Und ich bin froh, dass er, wie so oft, gleich zur Frage die Antwort mitliefert. Und dann fragt er mich, ob eigentlich in Syrien immer noch Krieg ist. Und wie lange denn noch? „Denn wenn dort wieder alles gut ist, möchte ich nach Syrien auf Urlaub fahren.“ Noch öfter liefert er mit der Antwort übrigens auch noch einen Wunsch mit. Gut, sage ich, das machen wir. Bestimmt. Bis dahin fliegen hoffentlich auch die Flugzeuge wieder. Die Nachrichten sind inzwischen aus. Wir schauen aus dem Fenster und hören Musik.

Schaufenster.DiePresse.com/Randerscheinung

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