Randerscheinung: Album

Was die Fußballpickerln angeht, bin ich in einer völlig neuen Situation.

Seit der EM in Portugal 2004 haben wir mit viel Enthusiasmus die Bilder der Fußballstars gesammelt. Also immerhin zwölf Jahre lang. Am Beginn war der damals noch kleine nunmehrige Zivildiener willkommener Vorwand für seinen Vater, auch endlich wieder einmal beim Trafikanten zuschlagen zu können. Und es war ein großartiges Gefühl, das erstmals nicht mit Taschengeld, sondern als Erwachsener mit einem Einkommen tun zu können. Schon 2008 mussten wir dann zwei Alben vollkleben, der Älteste und der damals noch Jüngste konnten nicht dazu gebracht werden, gemeinsam ein Album zu teilen. Am Ende war ich es dann, der bei einer legendären Tauschbörse im Wiener Museumsquartier in einem stundenlangen Kraftakt beide Hefte bis aufs letzte Pickerl volltauschte. Bei der WM in Brasilien 2014 sammelte nur mehr der Mittlere. Die Tauschbörse besuchte er schon ganz ohne mich. Der Nachzügler war damals noch zu klein, der Älteste schon zu groß. Diesmal hat der Jüngste zu Ostern ein Album bekommen, sich auch darüber gefreut, aber seither passiert nicht allzu viel. Hie und da will er ein paar neue Pickerln, die er dann auch begeistert auspackt, durchschaut und zum Teil auch einklebt. Da im Kindergarten noch nicht gesammelt und getauscht wird, entsteht aber keine rechte Dynamik. Nun ist in den vergangenen Tagen vermehrt zu beobachten, wie der Zivildiner, der Oberstufler und der Vater abwechselnd immer mal wieder um das verwaiste Heft auf dem Küchentisch herumschleichen. Es verstohlen in die Hand nehmen, darin herumblättern und wie zufällig das eine oder andere Bild einkleben. Gesprochen wird darüber nicht, aber das Album wird wohl auch diesmal voll werden.

Schaufenster.DiePresse.com/Randerscheinung

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