Randerscheinung: Chef-Frage

Die Diskussion bei uns in der Familie ist inzwischen uralt.

Wer warum der Chef ist und wie man eigentlich dazu wird. Als der Zivildiener noch ein kleiner Bub war und ich ihm anlässlich einer Nationalratswahl zum ersten Mal erklärt habe, was und vor allem wie super so eine Demokratie ist (die Menschen dürfen sich bei uns ihren Chef selbst aussuchen!!!) hat es nicht lang gedauert und das neu gewonnene Wissen wurde gegen mich verwendet: „Du kannst mir gar nichts sagen, ich habe dich nicht zum Chef gewählt“, war seine Reaktion auf einen mit Nachdruck vorgebrachten Vorschlag ein paar Tage später. Der Mittlere wiederum hat mich vorige Woche doch glatt gefragt, wer das eigentlich genau sei, der da gerade zurückgetreten ist. Nachdem ich gemeint habe, er wird ja wohl in der Oberstufe bitte wissen, wer unser Bundeskanzler ist, hat er nur gelacht und ist kopfschüttelnd gegangen. Das ist typisch für ihn: Ob jemand behauptet, Chef zu sein und wer, ist ihm immer schon egal gewesen, er macht ohnehin, was er will. Das Kindergartenkind wiederum will von mir wissen, wie es jetzt bei der Bundespräsidentenwahl eigentlich steht. „Da führt zur Halbzeit doch der Jüngere?“, fragt er. Er kennt die Kandidaten ja von den Plakaten. „Na ja, so kann man das nicht sagen, wenn am Sonntag gewählt wird, haben am Anfang beide wieder gar keine Stimme.“ „Aha, es steht also wieder 0:0?“, fragt er, der solche Wettkämpfe nur mit Schiedsrichter und einem Ball kennt. „Und auf wen wetten wir eigentlich?“, will er noch wissen. „Wetten nützt gar nichts, nur wählen“, sage ich und höre mich an wie einer dieser Politikeraufrufe, doch bitte zur Wahl zu gehen. Aber so eine Demokratie ist schon eine feine Sache: Wird einer Chef, der nichts taugt, kann man bald wieder einen anderen wählen. 

Schaufenster.DiePresse.com/Randerscheinung

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