Randerscheinung: Grenzkontrollen

Die Bremsleuchten der Autos vor uns leuchten immer häufiger auf, bis schließlich die ganze Kolonne stillsteht.

Nein, es ist kein Unfall passiert, auch keine Baustelle verringert die Anzahl der Fahrspuren, aber da vorn in einiger Entfernung ist nun der Walserberg zu erkennen. Es sind Semesterferien, und es gibt Kontrollen an der österreichisch-deutschen Grenze. Am Ende der Schlange werden uns zwei Grenzbeamte kurz gemustert und dann durchgewinkt haben (einen versteckten Menschen im Kofferraum hätten sie so nicht gefunden), und wir werden ein bisschen mehr als eine halbe Stunde gewartet haben, was auf unserer fünfeinhalbstündigen Fahrt auch nicht mehr besonders ins Gewicht fällt. Darum geht es also überhaupt nicht. Um etwas anderes aber schon: Der Jüngste, der hinten im Auto sitzt und Gameboy spielt, wächst also mit Grenzkontrollen auf.

Das kann man gut finden (wobei ich nicht genau wüsste, weshalb), bedauern (was ich tue), aber Tatsache ist: Das grenzenlose Europa, das für seine beiden älteren Brüder noch selbstverständlich war, gibt es für ihn so nicht mehr. Mit den Großen sind wir regelmäßig in die Nachbarländer gefahren, und nie mussten wir an einer Grenze warten. Wenn sich unser kleiner Sohn später einmal an diese Reisen erinnert, werden die Polizisten am Walserberg (wenn auch nur am Rande) mit von der Partie sein. Und wie das oft ist mit Errungenschaften, die man für eine Verbesserung hält, nimmt man diese bald für so selbstverständlich, dass einem der gute Zustand erst so richtig bewusst wird, wenn er wieder vorbei ist. Vorübergehend, wie ich immer noch hoffe. Aber zumindest meine beiden Älteren werden ihrem Bruder einmal erzählen können, wie es so war, in einem Europa ohne Grenzen aufgewachsen zu sein.

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