Randerscheinung: Zeitlos

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Wer nach Orten sucht, an denen die Zeit stehen geblieben ist, sollte unbedingt wieder einmal Autodrom fahren.

Diese frühe Form der Elektromobilität war schon immer da und wird es offenbar auch immer bleiben. Der Jüngste sitzt neben mir am Steuer, ich trete das Gaspedal für ihn voll durch (er kommt ja noch nicht runter), da ertönt das typische tiefe synthetische Startsignal und schon krachen die kleinen Wagen mit den Gummirändern ineinander. Mir kommt vor, dass auch die Hits, die gespielt werden (It’s Raining Men), die gleichen sind. Ich mag Autodrom nicht, es ist etwas für laute Menschen, die anderen zur Begrüßung fest auf den Rücken schlagen und dabei lachen. Und natürlich für Siebenjährige. Während ich versuche, mich mit einem nur leichten Peitschenschlagsyndrom aus der Affäre zu ziehen, lenkt mein Sohn immer genau dorthin, wo besonders viel Verkehr ist. Einmal fahren wir ungebremst in die starre Bahnbegrenzung, was besonders weh- tut, weil die – anders als gegnerische Autos – ja nicht nachgibt. Ein anderer Ort, dem die Zeit auch nichts anhaben konnte, ist die Geisterbahn. Sie ist still, dunkel und verschwiegen – ein Paradoxon auf einem Rummelplatz und so etwas wie der Gegenentwurf zum Autodrom. Nur das Auto, in dem wir sitzen, ist ganz ähnlich. Nachdem ich ungefähr hundert Folgen „The Walking Dead“ gesehen habe, kann mich das Gummigerippe, das in der Ecke baumelt, natürlich nicht mehr schrecken, nur einmal ist es kurz unangenehm, als mir zischend Nebelluft ins Ohr geblasen wird. Den Jüngsten dürfte es auch nicht so richtig schlimm gegruselt haben, weil er gleich noch einmal fahren will. Am Heimweg essen wir Zuckerwatte. Die gibt es der Zahnärztekammer zum Trotz übrigens auch noch.

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