Ungewöhnliche Perspektiven: Salzburger in Schwarz-Weiß

Das Cover zum Buch
Das Cover zum BuchVerlag Anton Pustet
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Der Fotograf Edwart Groeger und der Autor Walter Müller haben sich in einem neuen Buch auf Spurensuche nach der Salzburger Seele begeben.

Am Anfang war ein Bild. Eine einfache Almhütte, ein altes Ehepaar, ein paar Hühner, die am Boden herumpicken. „Ich habe mich sofort in dieses Bild verliebt. So schaut für mich das Paradies aus.“ Diese Liebesgeschichte der besonderen Art war für den Salzburger Autor Walter Müller der Auftakt zu einer eigentümlichen Reise im Kopf. In einem neuen Bildband über Menschen in Salzburg hat er die Geschichten beigesteuert – Texte, für die er nicht lange recherchierte, sondern einfach das weitererzählte, was im Foto angelegt war. Das Bild von Leni und Hias Breitfuß aus Kleinarl, das Müller sofort gefangen genommen hat, machte der Münchner Fotograf Edward Groeger. Es sind ungewöhnliche Blicke in Schwarz-Weiß auf Menschen, die mitten in ihrem Leben stehen. Schillernde Persönlichkeiten wie der Gasteiner Hotelier Hannes Blumschein sind ebenso dabei wie der Filmemacher Wolfram Paulus, die Haubenköchin Johanna Maier, die Dirigentin Elisabeth Fuchs. Das Buch lebt aber von den Porträts jener Menschen, die man nicht kennt: von dem Ebner Feuerschützen, dem Schuster Christian Sax oder den Bäuerinnen Marianne Toferer und Marianne Kendlbacher aus Hüttschlag.

Geschichten vom Trauerredner

Ein Foto von Brot backenden Frauen gab den Ausschlag für den Bildband. Groeger, der normalerweise Mode- und Werbefotos macht, hatte vor einem Salzburger Shooting nur zum Spaß die Bäuerinnen porträtiert. Leo Bauernberger, Chef der Salzburger Tourismusgesellschaft, sah das Bild und schlug vor, daraus eine Porträtserie für einen Fotoband zu machen. Zwei Jahre reiste Groeger daraufhin durch das Land, um in Schwarz-Weiß-Fotos ein bisschen etwas von dem einzufangen, was Salzburg und seine Menschen ausmacht. „Einige Fotos sind auf der Pirsch entstanden“, erzählt der Fotograf, andere waren durchaus langwierige Arbeit. Schließlich hatte er nicht wie sonst erfahrene Models, sondern nicht an das Fotografieren gewöhnte Menschen vor der Linse. Sie sollten möglichst authentisch bleiben und nicht posieren. Groeger ließ sich Zeit. Er wartete, bis die Menschen die Unsicherheit ablegten und die Kamera vergaßen. Dann drückte er ab. Zu jedem Bild hat der Münchner eine eigene Geschichte zu erzählen. Etwa jene, dass er mit den Pongauer Feuerschützen drei Termine ausmachen musste. Einmal hatten sie ihre Kanone daheim gelassen, das andere Mal war der Schütze, der die Kanone bedienen darf, nicht da. Erst beim dritten Mal konnten es die Schützen so richtig krachen lassen. Oder das Bild der Freeriderin Eva Walkner aus Kuchl. Lange fand man kein passendes Motiv für die Sportlerin. Bis das Team an einem Kruzifix vorbeikam. Im Bild geht die junge Frau mit geschulterten Skiern in einer Winterlandschaft an dem Kreuz vorbei. „Sie hat mir vorher erzählt, dass sie sich viel mit dem Tod auseinandersetzt“, erzählt Groeger. Der Zufall hat ihm das ideale Motiv zugespielt.

Mit dem Texten begann Walter Müller erst, als die Bilder fertig waren. Er wusste wenig über die Menschen und nichts über die Entstehungsgeschichte der Fotos. „Es sind kraftvolle, sehr archaische Bilder, die viel Würde und Energie ausstrahlen. Ich habe die Grundstimmung der Bilder einfach weitergedacht“, sagt er über die vorsichtige Annäherung an die Menschen. Manches hat er undercover recherchiert, manches hat er sich einfach ausgedacht, erzählt der Autor. Er hat Erfahrung damit, sich in andere hineinzudenken. Müller ist in nicht nur Journalist und Dramaturg, sondern hat sich in den vergangenen Jahren auch ein Standbein als Trauerredner aufgebaut. „Da habe ich viel Demut und Respekt vor den Menschen gelernt“, erzählt der 64-jährige Salzburger. Entstanden sind aus der Reise im Kopf kurzweilige Geschichten über Menschen, die in ihrer Gesamtheit für Salzburg stehen. Auch wenn es nur ein kleiner und stark von Kultur, Handwerk und Brauchtum geprägter Ausschnitt ist, den der Bildband zeigt.

ZUR PERSON

„Menschen – People“ heißt der Bildband, den der Münchner Modefotograf Edward Groeger und der Salzburger Autor und Trauerredner Walter Müller soeben herausgebracht haben (Pustet Verlag). Die zwei Männer zeigen mit den Porträts von Salzburgern in Schwarz-Weiß und kurzweiligen Texten neue und überraschende Blicke auf die Salzburger. Neben bekannten Persönlichkeiten wie der Haubenköchin Johanna Maier oder dem Filmemacher Wolfram Paulus werden auch ganz gewöhnliche Menschen porträtiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2014)

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