Mode für die Freigeister der Wiener Leopoldstadt

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Bisher konnte man im zweiten Bezirk vor allem gut essen und spazieren gehen. Leena Grosse und Karin Polak haben das Angebot nun erweitert.

Wir kommen aus ganz verschiedenen Welten“, sagt Leena Grosse. Allerdings. Grosse kommt aus Deutschland, ihre Geschäftspartnerin, Karin Polak, aus Wien. Mannheim und Leopoldstadt. Grosse ist studierte Psychologin, Polak diplomierte Landwirtin mit fünf Jahren Erfahrung als Rohstoffhändlerin bei der Raiffeisen. Was die Frauen verband, war der Kindergarten ihrer Töchter – und ihr dringender Wunsch, sich selbstständig zu machen.

Seit dem Valentinstag sind sie es. Da eröffneten die modeaffinen Blondinen Luv – the Shop in der Taborstraße im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Ein Geschäft, das auf den ersten Blick besser nach Neubau passen würde – oder nach Berlin Mitte. Kleider mit Blumenmuster und Hippie-Touch, bunte Cowboystiefel, viele Farben, viele Muster, vieles übergroß. Boho Chic nennt sich dieser Stil, und seine bekannteste Vertreterin ist die Schauspielerin Sienna Miller. Grosse beschreibt das Luv so: „Gemütlich, urban, cool, lässig und nicht so snobby.“

Gelungen. Lässig sind im Luv aber nicht nur Jacken und Schuhe. Der Shop versprüht Wiener Gemütlichkeit, mit einem kräftigen Schuss internationalem Flair. Die Frauen nehmen sich viel Zeit für ihre Kundinnen, es wird geplaudert und gern auch mit viel Muße länger herumprobiert. Am Samstagvormittag gibt es schon einmal Sekt für alle, ohne bestimmten Grund. Im Hintergrund läuft Coffee-Shop-Musik. „Wir versuchen, es lockerer zu nehmen“, sagt Grosse.

Kleider aus Barcelona und L.A.

Dass man in der Leopoldstadt gut essen kann, ist ja bekannt. Aber wer will dort einkaufen? Offene Menschen, so um die 30 Jahre alt, viele mit Kindern – „um hier zu wohnen, muss man Offenheit mitbringen“, sagt Grosse. So gesehen passe das Publikum zu ihrem Geschäft – oder umgekehrt, sagt Polak. Außerdem sei der siebte Bezirk überlaufen, so Grosse. Wie wohl bald auch der zweite: Die altmodischen Geschäfte um das Luv weichen im Eilschritt der Gentrifizierung.

Grosse kam nach Wien, um zu studieren. Danach wollte sie ein Küchenutensilien- oder ein Modegeschäft aufmachen. Aber es fehlte das Geld. Polak und sie kannten sich flüchtig aus dem Kindergarten der Töchter und vom Spielen mit den Kindern im Augarten. Beim ersten gemeinsamen Ausgehen am Abend funkte es. Auch Polak war in Karenz, träumte von der Selbstständigkeit, aber ohne allzu konkrete Pläne. Dafür mit einem ausreichend gefüllten Bankkonto.

Wenig später waren die beiden schon auf der Berliner Modemesse Bread & Butter, probierten die Designer durch, tanzten auf den Partys und merkten recht schnell, „dass die auch alle nur mit Wasser kochen“. Auf der Taborstraße – beide wohnten im zweiten Bezirk – fanden sie das Zuhause für ihre Mode: in einem ehemaligen Messerschleifergeschäft, das „gruselig“ aussah. Es folgten entsprechend arbeitsame Monate. Polak kündigte ihren gut bezahlten, sicheren Job bei Raiffeisen. Und bereute es nicht.

Gekauft wird aus Barcelona, Los Angeles, Dänemark. Am liebsten Marken, die es nicht einmal im Internet gibt. Das mache es noch spezieller. Polak und Grosse wollen den „free spirit“ vermitteln: „Wir appellieren an alle Frauen, dass sie ihr Ding machen. Und dass sie frei sind.“ Zum Beispiel frei, am Montag im Büro einen Jumpsuit zu tragen. Oder schöne Kleider auf dem Spielplatz. „Ob man sich die Hose schmutzig macht oder das Kleid, ist doch egal“, so Grosse. Kürzlich kaufte eine 65-jährige Frau Lederboots mit buntem Stoffmuster. „Sie sagte, jetzt falle ich auf der Straße endlich auf“, sagt Grosse. „Genau darum geht es.“

LUV – THE SHOP

Das Luv – the Shop eröffnete am heurigen Valentinstag. Die Gründerinnen, Leena Grosse und Karin Polak, nennen das Konzept „Gemütlich, urban, cool, lässig und nicht so snobby“. Eingekauft werden unter anderem Marken aus Barcelona, Los Angeles und Dänemark und bald vielleicht auch aus Ibiza. Am liebsten kaufen Grosse und Polak Marken, die es nicht einmal im Internet gibt. Das mache sie noch spezieller.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2014)

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