Statist bei den Festspielen: Der beste Sommerjob Salzburgs

(c) Salzburger Festspiele/ Michael Poehn
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Sie sind hautnah mit dabei, wenn die Stars ihren Auftritt haben: Für Statisten ist ihr Engagement bei den Festspielen mehr als nur ein Sommerjob.

Die Anspannung vor der Premiere ist fast genauso groß wie bei ihren berühmten Kollegen: Auch wenn sie in ihren Rollen weder sprechen noch singen und ihre Auftritte manchmal nur ganz kurz sind, wissen auch die Statisten der Salzburger Festspiele, was Lampenfieber ist.

„Man ist auch aufgeregt“, erzählt Inge Haidinger, die heuer unter der Regie von Sven-Eric Bechtolf im „Don Giovanni“ als Statistin engagiert ist. Die Wienerin mimt eine Dame der spanischen Gesellschaft und eine Hotelangestellte. Die Anspannung gehöre dazu, man müsse sich auch als Statist sehr konzentrieren. Die Pensionistin liebt die Oper und ist Statistin aus Leidenschaft. Seit einigen Jahren hält sie sich den Sommer frei, um in Salzburg live dabei zu sein, wenn aus einem Regiekonzept eine Opernaufführung entsteht. Begonnen hat sie vor ein paar Jahren als Beleuchtungsstatistin.

Bei den Proben wird so lange an den Einstellungen der Scheinwerfer getüftelt, bis die Lichtstimmungen in jeder Szene perfekt und die Hauptdarsteller auf Schritt und Tritt bestens ausgeleuchtet sind. Die Statisten doubeln bei diesen Proben die Bühnenstars.

Sportliche junge Männer

Die Arbeit auf der Bühne macht auch Niklas Hörschinger großen Spaß. Der 15-jährige Schüler hat heuer seinen ersten Einsatz bei den Salzburger Festspielen. Ein Aufruf in der Zeitung brachte ihn auf die Idee, bei den Festspielen mitzuwirken. Für die Produktion „Charlotte Salomon“ wurden sportliche junge Männer gesucht. Das Casting bestand er erfolgreich.

Der Ferienjob bei den Festspielen begann mit dem Maßnehmen für die Kostüme. Hörschinger muss während der Aufführung in gleich vier Rollen schlüpfen: Er spielt einen Gast, einen Kunststudenten, einen Nationalsozialisten und einen Emigranten. Mit ein paar Probenterminen ist es bei der Vorbereitung für die Uraufführung nicht getan. Hörschinger und seine Statistenkollegen waren seit Mitte Juni im Einsatz, am 28. Juli war die Premiere. Es sei sehr spannend gewesen, bei der Vorbereitung einer Uraufführung dabei zu sein, erzählt der 15-Jährige.

Bis kurz vor der Premiere hat es immer wieder Änderungen bei der Musik und der Inszenierung gegeben. Klavierproben, Orchesterprobe – ganz langsam fügt sich das Stück zu einem Ganzen. „Es ist wie ein Puzzle, das am Ende zusammengesetzt wird“, beschreibt Barbara Crotti, die Leiterin der Statisterie, den oft verwirrenden Entstehungsprozess einer Opern- oder Theaterinszenierung. Geprobt werden normalerweise einzelne Szenen, das Regieteam geht nicht immer chronologisch nach dem Verlauf eines Stücks vor.

Crotti sorgt mit ihrem Kollegen Ernst Brandner nicht nur dafür, dass die Regisseure bei Probenbeginn genau jene Statisten haben, die sie benötigen. Sie kommuniziert die Probenpläne für die Statisten und organisiert, dass alle zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sind. Heuer hat Crotti rund 120 Statisten unter Vertrag. Im Vorjahr waren allein für eine Produktion mit Peter Stein knapp 100 Personen nötig. Viele Statisten sind jedes Jahr im Einsatz, weil sie die Arbeit auf der Bühne, das Theater oder die Oper lieben. Die Bezahlung spielt dabei nur eine Nebenrolle. „Es ist so spannend dabei zu sein, wenn eine Produktion entsteht. Es ist eigentlich kostenloser Schauspielunterricht“, schwärmt Haidinger.

Auch Niklas Hörschinger hat die Zeit der Proben sehr genossen. „Man wächst zu einem Team zusammen“, erzählt er. Nach der Premiere ist die Hauptarbeit getan. „Da trifft man sich dann eigentlich nur mehr zu den Aufführungen“, meint Haidinger. Aber Aufregung gibt es auch während der Vorstellungen immer wieder: Als sie vor ein paar Jahren in „Orfeo ed Euridice“ beschäftigt war, gab es eine nette ältere Dame, die als Statistin mitwirkte. „Plötzlich ist sie während der Vorstellung ganz langsam über die gesamte Breite der Bühne des Festspielhauses spaziert, obwohl sie keinen Einsatz hatte.“ Da habe alle hinter und auf der Bühne fast der Schlag getroffen. Aber dem Publikum sei der ungeplante Auftritt der Dame gar nicht aufgefallen. Für Spannung ist bei diesem Sommerjob jedenfalls immer gesorgt.

AUF EINEN BLICK

Traumjob. Die Salzburger Festspiele beschäftigen heuer rund 120 Frauen und Männer als Statisten – seit dem Herbst 2013 unter der Leitung von Barbara Crotti. Im Vorjahr waren allein für eine Produktion mit Peter Stein knapp 100 Personen nötig.

Bereits im Herbst und Winter werden bei Castings die für die Sommerproduktionen nötigen Statisten gesucht. Viele von ihnen sind jeden Sommer mit dabei, weil sie die Arbeit auf der Bühne, das Theater oder die Oper lieben. Die Bezahlung spielt dabei keine große Rolle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2014)

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