Festspiele-Kulissen: Der lange Weg zum Bühnenbild

SALZBURGER FESTSPIELE: FOTOPROBE ´ IL TROVATORE´
SALZBURGER FESTSPIELE: FOTOPROBE ´ IL TROVATORE´(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Neun Schauspielproduktionen bringen die Festspiele heuer auf die Bühne. Die Technik dahinter schaukelt Siegfried Dellinger mit seinem Team.

Schwarzer Schnee, der in dicken Flocken vom Himmel fällt. Diese Idee von Bühnenbildner Andreas Kriegenburg für die Inszenierung von „Don Juan kommt aus dem Krieg“ stellte das Team der Werkstätten der Salzburger Festspiele vor eine Herausforderung. Der Bühnenbildner dachte an eine martialische Konstruktion, aus der Kunstschnee auf die Bühne rieselt. Die üblichen Schneesoffitten waren nicht geeignet, entwickelt wurden große Schneetrommeln. „Wir mussten dafür extra einen Schnürboden für die Pernerinsel bauen“, erzählt Siegfried Dellinger. In der ehemaligen Salzhalle gab es bisher keinen Schnürboden.

Dellinger, ein gebürtiger Münchner, ist als Technischer Leiter der Sparte Schauspiel mit seinem Team für alle Theaterspielstätten der Festspiele zuständig. Die technische Umsetzung des Bühnenbilds gehört ebenso zu seinem Aufgabenbereich wie die Logistik und die Sicherheit.

Die Arbeiten für ein Bühnenbild beginnen schon viele Monate vor der Premiere. Dellinger macht mit seinem Team die Bühnenbildner mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut. Dann kommen erste Entwürfe. „Am Anfang steht meist eine Zeichnung oder ein Bühnenmodell“, erzählt Dellinger. Dann wird versucht, die Entwürfe technisch umzusetzen. Die Salzburger Festspiele haben eigene Werkstätten: Tischler, Maler, Maschinenbauer. Dazu kommen noch viele Gewerke, die nach Bedarf für das Festival arbeiten.

Die Bauprobe, bei der erstmals das gesamte Bühnenbild provisorisch eingerichtet wird, ist immer eine wichtige Etappe auf dem Weg bis zur Premiere. „Wir müssen alles ausprobieren“, erläutert der Techniker, der seit drei Jahren für die Festspiele arbeitet. Funktioniert die Konstruktion? Ist sie sicher? Entspricht alles den Vorstellungen von Bühnenbildner und Regisseur? Bei den Schneetrommeln gab es beispielsweise ein nicht unerhebliches Problem: Einige quietschten – und mussten deshalb noch etwas überarbeitet werden.

Dass bei den Salzburger Festspielen zwischen den ersten Gesprächen über eine Produktion und der Premiere sehr lange geplant und probiert werden kann, ist für Dellinger „ein großer Luxus“. Er hat an den Münchner Kammerspielen und am Volkstheater gearbeitet. Beim Repertoirebetrieb muss sich das Bühnenbild für die nächste Vorstellung jeden Abend schnell auf- und abbauen lassen. Bei einem Festival könne man deshalb einen größeren technischen Aufwand treiben. „So etwas wie die Schneetrommeln einzurichten, wäre im Repertoiretheater nicht möglich“, sagt der Münchner.

Das Landestheater ist für Dellinger eine seiner Lieblingsspielstätten in Salzburg. Die erste Premiere in diesem Haus in der heurigen Festspielsaison waren die „Letzten Tage der Menschheit“. Mehrere Stahltürme, die in den unterschiedlichsten Formationen zusammengeschoben werden, bilden für die knapp vierstündige Produktion das Bühnenbild. Gearbeitet wird auch mit der großen Zylinderdrehbühne, die einen Durchmesser von 13 Metern hat. Sie kann in Teilen einen Meter hochgefahren und knapp zwei Meter abgesenkt werden. Das sind Höhenunterschiede, bei denen es auf die Sicherheit der Mitwirkenden ankommt. Im Stück treten Blasmusiker auf der Drehbühne von unten auf. Damit dabei niemand abstürzt, ist die Drehgeschwindigkeit genauestens festgelegt. „Es müssen alle sehr konzentriert arbeiten, damit nichts passiert“, erklärt Dellinger.

Auch der Domplatz ist für den Münchner eine sehr eindrucksvolle Spielstätte. Bei der Inszenierung von Julian Crouch und Brian Mertes gehört der Auftritt des Glaubens, der lange auf einem Stuhl neun Meter über dem Bühnenboden sitzt, zu den technisch anspruchsvollsten Details. Eine Hydraulikvorrichtung fährt Hans Peter Hallwachs, der den Glauben spielt, lautlos nach oben. „Das ist nicht ohne, minutenlang da oben an der Kante zu sitzen“, erzählt Dellinger. Ein Gurt sichert den Schauspieler, damit nichts passieren kann.

Zum Theater ist der Münchner eher durch Zufall gekommen. Ursprünglich hat er Orgelbau gelernt. Nach der Gesellenprüfung holte er die Matura nach und wollte Architektur studieren. Um das zu finanzieren, jobbte er beim Theater – und blieb. „Man hat hier mit so vielen unterschiedlichen Menschen zu tun“, sagt der Spielstättenleiter.

ZUR PERSON

Siegfried Dellinger ist der technische Leiter der Sparte Schauspiel bei den Salzburger Festspielen. Der gebürtige Münchner, der seit drei Jahren in Salzburg arbeitet, ist mit seinem Team für das Landestheater, die Pernerinsel, den Domplatz, das Republic, die Arge Kulturgelände Nonntal, das Kunstquartier und das Große Festspielhaus als Regen-Ausweichquartier für den „Jedermann“ zuständig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2014)

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