900 Jahre Stift Klosterneuburg: Ein Weingut feiert Geburtstag

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wolfgang Hamm ist der Herr über das älteste Weingut des Landes. Kommende Woche feiert es mit den ältesten Weingütern der Welt sein Jubiläum.

Für das älteste Weingut des Landes ist der dort am längsten lagernde Wein eigentlich sehr jung. Denn während das Weingut Stift Klosterneuburg heuer seinen 900. Geburtstag feiert, lagern in dem gut verriegelten Depot der Archivweine lediglich ein paar Jahrzehnte alte Weine. „Der älteste Wein stammt aus 1955, weil wir einst in der russischen Besatzungszone waren. Da ist von den Weinen davor nichts übrig geblieben“, sagt Wolfgang Hamm, während er das Tor zu dem Lager der Archivweine öffnet.

Hamm ist seit 2007 Weingutsleiter und dieser Tage mit den Vorbereitungen des Jubiläums beschäftigt. Am 30.August wird hier nämlich ein großes Jubiläumsfest gefeiert. Geladen wurden dazu die ältesten Weingüter der Welt, etwa das Schweizer Weingut Schloss Salenegg, das mit dem Gründungsjahr 1068 das älteste Weingut Europas ist, das italienische Weingut Barone Ricasoli, die deutschen Kollegen vom Schloss Johannisberg, das Champagnerhaus Gosset aus Frankreich, die chinesische ChangYu Pioneer Wine Company (seit 1892) oder aber das jüngste unter den „ältesten Weingütern“, das amerikanische Weingut Hillcrest Vineyard (seit 1961).

„Wiege der Weinkultur“

„Jedes Weingut hat seine eigene Philosophie, man kann sie nicht über einen Kamm scheren. Aber was uns verbindet, ist, dass wir jeweils die Wiege der nationalen Weinkultur des Landes sind“, sagt Hamm. Die Österreicher haben dem Stift Klosterneuburg etwa den Sankt Laurent zu verdanken, der wurde im Stift erstmals ausgepflanzt, auch der Zweigelt hat hier seine Wurzeln. Der Traminer hingegen war schon in der Römerzeit da. Der Blaufränkisch dürfte so alt wie das Weingut selbst sein, „oder ein bisschen älter, ich glaube das war vor der Jahrtausendwende“ – jene auf das Jahr 1000 versteht sich.

Bei einem Rundgang durch den Weinkeller stellt sich schnell einmal die Frage, ob es sich auch um den größten Weinkeller des Landes handelt. „Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich werde das so oft gefragt und hab mir auch schon ein Messrad zugelegt, aber man müsste einmal durchgehen und alles abmessen.“ Wer auch immer das tun wird, er sollte einen guten Orientierungssinn haben. „Es gibt nur zwei Personen, die alle Räume im Stift kennen, das sind der Feuerwehrhauptmann und der Leiter der Haustechnik.“ Erst unlängst sei man bei Bauarbeiten in dem verwinkelten Weinkeller auf einen abgemauerten Raum gestoßen – nachdem ein Bauarbeiter ein Loch mit Beton zumachen wollte und der Beton kein Ende nahm. Die Größe der Weingärten ist hingegen bekannt: Es sind 108 Hektar in Klosterneuburg, Wien, Gumpoldskirchen und Tattendorf.

Der älteste Teil des Weinkellers wirkt beinahe wie der jüngste: Dabei handelt es sich um das Presshaus und den Gärkeller, die noch im gotischen Stil gehalten sind. Das Presshaus war einst die Chorfrauenkirche aus dem 14.Jahrhundert, die 1722 entweiht wurde und seitdem für die Weinproduktion verwendet wird. Die Akustik erinnert tatsächlich an eine Kirche.

Der barocke Teil des Weinguts, in dem die Weine gelagert werden, wurde von Kaiser Karl VI. gebaut. Seine Pläne, dort nach dem Madrider Vorbild ein österreichisches Escorial, ein prunkvolles Symbol der Macht, zu erbauen, wurden nach seinem Tod 1740 eingestellt. Seine Tochter Maria Theresia konnte sich dafür nicht erwärmen und baute lieber in Schönbrunn. Geblieben ist aber eine unterirdische Zufahrt, die dem Kaiser einst dazu dienen sollte, unerkannt Richtung Wien zu fahren. „Das ist heute sehr praktisch, weil wir mit dem Lkw direkt zufahren können“, sagt Hamm und führt in einen weiteren Keller, der sich vier Etagen und 36 Meter unter der Erde befindet. Dort lagern die besten Rotweine in Eichenfässern. „Hier gibt es ein natürliches Belüftungssystem, das seit 300 Jahren funktioniert – wartungsfrei und ohne Energieaufwand“, sagt Hamm, dem es wichtig ist, dass das Weingut im „hier und heute lebt, sonst gäbe es ja auch keine Geschichte“. Der jüngste Wein im Stift ist übrigens der Jubiläums-Cuvée „900 Jahre“. Und für Ende September kommt je eine Reserve von Pinot Noir und Weißburgunder dazu.

AUF EINEN BLICK

Das Weingut Stift Klosterneuburg wurde ebenso wie das Stift im Jahr 1114 gegründet und bewirtschaftet heute 108 Hektar in Klosterneuburg, Wien, Gumpoldskirchen und Tattendorf. Am 30. August feiert das Weingut sein 900-Jahr-Jubiläum mit den ältesten Weingütern der Welt. Von 14 bis 18.30 Uhr können dabei im Kaiserhof (Stiftsplatz 1) die Weine der 16 Weingüter verkostet werden (Eintritt: 15 Euro), im Anschluss findet eine Presshausparty statt. Zum Jubiläum wurde auch der Cuvée „900 Jahre“ (St. Laurent, Zweigelt, Merlot) herausgebracht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2014)

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