Technoball: Mehr als auflegen und aufreißen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Ball für die Künstler der heimischen Clubkultur findet im Kursalon Hübner statt, inklusive Bankett, Mitternachtseinlage und Balearen-Klima.

Vielleicht wird er ein bisschen mitvibrieren, der starre Johann Strauss in seinem goldenen Frack. In nächster Nachbarschaft seines Mamorbogens im Stadtpark findet am Abend der Technoball statt. Die vertraute Laudatio an das schöne blaue Donauwasser wird dann ausnahmsweise im Viervierteltakt abgespuhlt. Heuer ist es die sechste Auflage des Fests und die erste im klassischen Umfeld des anfangs sehr skeptischen Salons. „Wir zahlen jetzt eine Miete, so viel hat früher die gesamte Produktion gekostet“, rechnet Veranstalter Nicolaus Helletzgruber vulgo DJ Troyanova ein paar Tage vor dem Einzug das Ballbudget nach. Aber egal, eine historische Stätte war von Beginn an sein Traum und der seiner Frau Bernadette, mit der er alles gemeinsam organisiert. Den ersten Ball feierten sie noch in der mittlerweile zum Fitnessstudio umformatierten Skykitchen an der Roßauer Lände mit 500 Gästen, als Ballspende gab es mit Wochentagen beschriftete Slips. Danach zogen sie in die Pratersauna weiter, wo sie um ein Vielfaches wuchsen.

2013 hatten sie eine kurze Affäre mit dem Volksgarten, kehrten danach wieder in die Sauna zurück. Ebendort findet heuer die Aftershowparty statt. Inspiriert sind die, der Ball, Helletzgrubers Auflegerei und alles, was das Ehepaar zusammen auf die Beine stellt, von den Strandhauspartys der Baleareninsel Ibiza, und genau genommen dem Circoloco, einer Montags-Afterhour in der Nähe vom Flughafen. In diese Party hat er sich schon als Spätjugendlicher verliebt, weil man sich verkleiden muss, weil es mehr ist als auflegen und aufreißen, für Helletzgruber ist es der Inbegriff von Entertainment. Bis heute fährt er hin, mittlerweile ist es seine 16. Saison.

Was ihm noch besser gefällt, die Wiener Ballkultur. „Für die verkleidet man sich ja auch. Du bereitest dich auf das Happening vor, freust dich, die Stimmung baut sich auf – fast wie im Circoloco.“ Aus dem Vorbild lässt sich lesen, dass der Technoball nicht auf steife Gemüter setzt. „Der Dresscode lautet ,alles was auf Bällen erlaubt ist‘, also vom Frack bis zur Tracht, aber wegen des Life Ball geht auch ein Fantasiekostüm.“ Was gar nicht passt, ist die Jeans-T-Shirt-Variante, da wären sie streng. Der Ball ist eine Cuvée, „Tradition trifft moderne Clubkultur“, mit mehr als 25 heimischen DJs, die für 2000 Leute bis um 6 Uhr in der Früh auflegen. Das Fest folgt (bis auf die Quadrille) dem Regelwerk: Eröffnung, Musik, verschiedene Räume, Mitternachtseinlage, Damenspende. Das Gerüst steht. Zur Eröffnung mischt Sergio Flores von Electric Church die Musik eines Streichquartetts live ab, und als Showeinlage zeigt ein Fahrradprofi von Masters of Dirt seine Tricks.

Gespielt werden alle elektronischen Musikgenres, „wenn wir nur Techno spielen würden, wär die Hütte leer. Techhouse funktioniert auf dem Ball immer am besten“, auch beim Galadiner. Ein Russe ist bei dem Fest immer dabei, Tim Aminov, ihn kennt Helletzgruber noch aus den Jahren, die er in Moskau für einen kleinen Oligarchen und später die Raiffeisen Bank, gearbeitet hat. Mit ihm und einem Mitarbeiter des Chaya Fuera Clubs, den Helletzgruber leitet, baut er zurzeit das internationale Label Trompete Records auf, den ersten Release feiern sie heute auf dem Technoball.

Der Elmayer war eine Hetz

Und das Fundament für dieses Fest wurde früh ausgehoben. „Ich habe mit 16 den Elmayer gemacht“, erzählt Helletzgruber. „Für uns war das eine Hetz.“ Zuerst eröffnet hat er dann freilich das Elmayer-Kränzchen, danach den Jägerball, „das war der lustigste, da gab es einen Raum mit schülergerechten Preisen, in dem sich alle weggesprengt haben“. Den strengen Techniker Cercle durfte er auch einmal eröffnen, „da hast du eine Nummer bekommen, unter der du die Eltern eines Mädchens anrufen musstest, um dir einen Vorstellungstermin zu vereinbaren“. Die Zeiten haben sich geändert, zumindest für Nicolaus Helletzgruber. Er hatte seine Vorstellungstermine heuer nur im Kursalon Hübner, aber dafür gleich zweimal. Dann war man auch an dieser Stelle überzeugt, dass es ein richtiger Ball ist. In diesem Sinn: „Alles Techno und viel Vergnügen!“

Zur Person

Nicolaus Helletzgruber (37) ist Geschäftsführer des Chaya Fuera, verheiratet und Vater zweier Kinder, die zwar noch nicht auf seinem Technoball, aber zu den Vorbereitungen tanzen dürfen. Gemeinsam mit seiner Frau Bernadette organisiert er das Fest heuer zum sechsten Mal. Wurden die Pulte der (heuer 26) DJs in den vergangenen Jahren noch in Clubs (Skykitchen, Pratersauna und Volksgarten) aufgestellt, feiern das Komitee und seine Gäste heute zum ersten Mal im klassischen Ambiente des Kursalons Hübner. Weitere Infos unter technoball.hanlanx.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2015)

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