Judi Dench: "Ich benehme mich oft albern"

Actress Judi Dench arrives for a memorial service for actor and director Richard Attenborough at Westminster Abbey in London
Actress Judi Dench arrives for a memorial service for actor and director Richard Attenborough at Westminster Abbey in LondonREUTERS
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Die britische Schauspielerin Judi Dench spricht über ihren neuen Film, "The Best Exotic Marigold Hotel 2", das Älterwerden und ihre Motivation, auch mit 80 Jahren immer noch so viel zu drehen.

Vor drei Jahren avancierte die Komödie „The Best Exotic Marigold Hotel“ über britische Senioren in Indien zu einem weltweiten Hit. Auch beim zweiten Teil übernahm John Madden („Shakespeare in Love“) die Regie. Wieder mit dabei ist Judi Dench, die heimliche Hauptdarstellerin des Ensemblefilms, der eine direkte Fortsetzung ist: Da sein erstes Haus derart erfolgreich ist, plant Hotelmanager Sonny im Film ein zweites Best Exotic Marigold Hotel. Dafür aber braucht der junge Inder neue Investoren. Außerdem möchte er demnächst heiraten.

Frau Dench, wie geht es Ihnen? Als Sie Ihren Film „Philomena“ vor anderthalb Jahren in Venedig vorstellten, hatten Sie gerade eine Knieoperation vor sich.

Judi Dench: Stimmt, da konnte ich kaum stehen. Aber jetzt fühle ich mich pudelwohl. Ich klopfe besser sofort auf Holz, damit das auch so bleibt. Ich habe vor Kurzem im Radio einen Bericht über eine 103-Jährige gehört. Ich hatte eine flüsternde Stimme erwartet, doch sie legte energiegeladen los: „Ich will Ihnen einmal was sagen. Verschieben Sie nie etwas auf später. Denn das wird dann nie stattfinden.“ Grandios. Da wusste ich sofort, warum diese Frau 103 werden konnte.

Sie sind im Dezember 80 geworden. Es heißt, man soll diese Zahl in Ihrer Gegenwart besser nicht in den Mund nehmen.

Ja, weil es nichts Gutes darüber zu berichten gibt.

Aber dieser Film vermittelt doch ein positives Gefühl vom Älterwerden.

Der Film spiegelt aber nicht mein Leben wider. Bei mir zu Hause wurde diese Zahl verbannt.

Mit Verlaub, Sie sind seit Ihrer Rolle als M in „James Bond“ ein Kultstar und haben mit „Best Exotic Marigold Hotel“ einen Superhit gelandet. Eigentlich sind Sie erst im letzten Lebensviertel zur Höchstform aufgelaufen.

Klingt gut. Und ich bekomme noch immer wundervolle Angebote. Es wäre nur schön gewesen, wenn mir das vor 20 Jahren passiert wäre. Dann könnte ich es etwas länger auskosten. (lacht)

Haben Sie eine besondere Verbindung zu Indien? Manchmal sieht man Sie in indisch angehauchten Kleidern.

Das hat hauptsächlich mit meiner Figur zu tun. Für mich sind fließende Formen einfach vorteilhafter. Ich mag auch die Farben, die dort verwendet werden. Man sollte nur Kleidung tragen, in der man sich wohlfühlt. Das steht einem am besten, schon weil man sich lässiger darin bewegt. Wenn man etwas nur wegen eines Trends trägt, wirkt man darin eher verzweifelt.

Regisseur John Madden hat die Figuren auf die jeweiligen Schauspieler zugeschnitten. Fühlen Sie sich Ihrer Evelyn nahe?

Ich erlaube mir keinerlei Urteil über sie. Ich selbst hätte nach dem Tod meines Mannes nicht den Mut gehabt, nach Indien zu gehen. Schottland oder Cornwall wäre das Weiteste, was ich mir zutrauen würde. Evelyn ist wesentlich mutiger, als ich es damals war.

Nun, so ein Dreh in Indien ist aber auch nicht ohne, oder?

Ja, aber bei einem Dreh in Indien wirst du bestens betreut. (lacht)

Evelyn hat in Teil eins einen eher zaghaften Flirt mit Bill Nighys Figur angefangen. Bleibt sie so zurückhaltend?

Ja. Ich habe recht ungeduldig zur Kenntnis genommen, dass sie immer noch nicht so richtig zusammen sind. Was für eine Zeitverschwendung. Aber das ist Evelyn. Ich bin nicht so.

Sie waren nach dem Tod Ihres Mannes, Michael Williams, 2001 lang allein. Dann haben Sie sich zu Ihrer eigenen Überraschung verliebt – in einen Nachbarn. Verändert die Liebe sich mit den Jahren?

Das hängt immer von den Menschen ab, die sich als Paar finden.

Und in Ihrem Fall?

Ich finde es extrem wichtig, jemanden um sich zu haben, mit dem man gemeinsam lachen und sein Leben teilen kann. Du kannst dich sehr glücklich schätzen, wenn du so jemanden an deiner Seite hast.

Eine langjährige Freundin von Ihnen war auch beim zweiten indischen Abenteuer an Ihrer Seite, Maggie Smith – selbst eine Legende. Macht spätestens das die Arbeit zum Vergnügen?

Wenn du mit jemandem probst, den du nicht kennst, braucht es einige Zeit, um den Mut zu finden, sich lächerlich zu machen. Dann erst kann es richtig zur Sache gehen. Der Vorteil war, dass Maggie und ich diese Phase schon vor Jahren hinter uns gebracht haben.

Sie beide sollen zusammen am Set schlimmer herumkichern als Teenies. Liegt das an Maggie oder an Ihnen?

Ich bin dafür bekannt, dass ich mich danebenbenehme. Das habe ich früher auch bei Theateraufführungen gemacht, habe kleine Gemeinheiten für meine Kollegen eingebaut, die dem Publikum nicht aufgefallen sind. Ich konnte einfach nicht widerstehen.

Spielen Sie denn auch Ihren Kollegen am Set Streiche?

Nur Bill Nighy. Wir drehten, ich stand etwas im Hintergrund und rief ihm etwas zu, er bekam daraufhin einen Lachanfall. Er dachte, John hätte bereits „Cut“ gerufen und ließ sich etwas gehen. Am nächsten Morgen meinte ich dann pikiert zu ihm: „Du weißt schon, dass wir die Szene von gestern noch einmal drehen müssen, weil du so albern warst?“ Das Team war eingeweiht und stellte sich sauer, und er ist drauf reingefallen. Ein Mordsspaß.

Hat er sich schon an Ihnen gerächt?

Bisher noch nicht. (lacht)

Betrachten ältere Menschen die Welt immer mit jungen Augen?

Meine entsprechen jedenfalls dem Alter von 22. Es ist wichtig, den Humor in den Dingen zu sehen. Und du solltest immer wieder etwas Neues entdecken. Ich zum Beispiel lerne gerade, Speckstein zu verarbeiten, was mir wirklich sehr viel Spaß macht. Früher habe ich auch gern Kreuzworträtsel gelöst, aber meine Augen machen das jetzt nicht mehr so gut mit.

Sie leiden unter einer Makuladegeneration, einer durchaus häufig auftretenden Erkrankung der Netzhautmitte. Erst wurde sogar befürchtet, Sie würden erblinden.

Erst vor Kurzem habe ich eine Lampe mit einer Lupe bekommen, sodass ich sogar wieder Kreuzworträtsel lösen und auch wieder nähen kann.

Drehen Sie auch deshalb noch so begeistert Filme, weil Sie so neugierig sind und immer wieder etwas Neues lernen wollen?

Hauptsächlich drehe ich, um Geld zu verdienen. Und währenddessen habe ich natürlich gern Spaß. Ich würde es auch nicht machen, würde ich dabei nicht interessante neue Leute kennenlernen, denen ich Streiche spielen kann. Oder mit denen ich „Bananagrams“ spielen kann.

Was bitte ist „Bananagrams“?

Ein tolles Spiel, eine Variation von „Scrabble“. Ich bin verrückt danach und habe es in Indien auch Maggie Smith beigebracht, seitdem spielt sie es ständig bei „Downton Abbey“. Einmal musste ich in Indien das Spiel aus dem Pool retten und habe es mir beim Schwimmen um den Kopf gebunden. Das haben die Erfinder spitz gekriegt, besuchten mich im Theater und zeichneten mich mit der „Bananagram“-Medaille aus. (lacht) Maggie bekam im Übrigen auch eine.

Im Herbst rettet Daniel Craig als 007 in „Spectre“ wieder die Welt – diesmal ohne Sie als Geheimdienstchefin M. Macht Sie das ein wenig wehmütig?

Nein. Aber ich werde mir den Film dann sicher im Kino anschauen.

Wird man mit zunehmendem Alter weiser?

Ich sicher nicht. Ich benehme mich oft albern. In den vergangenen zwei Tagen habe ich mich tatsächlich wie ein Teenager benommen und schäme mich sogar ein bisschen. Früher habe ich so getan, als ob ich besonders erwachsen bin. Das lasse ich längst sein.

Steckbrief

1934
wurde Judi Dench in der englischen Stadt York geboren.

1964
gab sie ihr Kinodebüt in „The Third Secret“. Seit 1995 war sie in der „James Bond“-Reihe in der Rolle der M zu sehen. 2012 verkörperte sie in „Skyfall“ zum letzten Mal die Chefin des Geheimdienstes MI6.

1999
bekam sie einen Oscar als beste Nebendarstellerin für ihre Rolle als Elisabeth I. in „Shakespeare in Love“. Weitere sechs Mal wurde sie für einen Oscar nominiert. Zu ihren bekanntesten Filmen zählen „Chocolat“, Stolz und Vorurteil“, „Iris“, „Schiffsmeldungen“, „Tagebuch eines Skandals“ und „Philomena“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2015)

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