Ottakringer Cops: "Bitte einmal Fresse polieren"

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Der ORF dreht die vierte Staffel seiner Ottakringer Krimiserie "Cop Stories". Und ringt dabei um die richtige Dosis politischer Korrektheit.

Manchmal passt das, was man sieht, einfach nicht zusammen. Da steht Murathan Muslu, der einen ehemaligen V-Mann spielt, in der Tür. Das T-Shirt betont seine kräftigen Oberarme, ein aufgeschminktes Veilchen ziert sein linkes Auge – weil Muslu Schimanski-Fan ist, und dieser kriege auch immer etwas ab. „Also hab' ich gebeten, ob es möglich wär', dass mir in der vierten Staffel jemand ordentlich die Fresse poliert.“ Ja, und dann traut sich Muslu vor Verlegenheit kaum ins Zimmer. Weil ihm Interviews nicht ganz geheuer sind.

Dabei hat der 33-jährige Quereinsteiger aus Ottakring schon einiges hinter sich, für seine Rolle im kraftvollen Wiener Sozialdrama „Risse im Beton“ wurde er im Jänner beim Österreichischen Filmpreis als bester Darsteller ausgezeichnet. Nun ist er einer der Neuen in der realitätsunterfütterten ORF-Serie „Cop Stories“. Er habe sich, erzählt Muslu, von Anfang an für die Serie beworben, sei auch im finalen Casting gelandet, aber dann nicht genommen worden. Nun ist er als Abteilungsinspektor Valentin „Itchy“ Janusovic doch dazugestoßen.

Nach dem Ausscheiden von Fahri Yardim („Tatort“) ist Muslu damit im durchwegs hochkarätigen Ensemble zwischen Kollegen wie Johannes Zeiler, Martin Zauner und Claudia Kottal der einzige Polizist mit Migrationshintergrund. Immerhin einer – spielen sich doch viele der Geschichten rund um die elf Polizisten in multikulturellen Milieus ab.

Schwierige Balance

Am Dienstagvormittag parkten die Polizeiautos vor der Inspektion in der Ottakringer Kreitnergasse. In einem rotbraun verputzten Gebäude liegen auf zwei Etagen die Büros der Beamten. Gedreht wird das dramatische Ende einer Kindesentführung, der Täter ist gefasst, das Kind ist noch nicht gefunden. Es ist die mittlerweile vierte Staffel der Serie, die gerade produziert wird. Die dritte ist fertig, erst die ersten zwei wurden bisher ausgestrahlt (und werden nun ab 7.Juli wiederholt).

Geht es nach Serge Falck, könnte die Sache in ihrer ethnischen Vielfalt durchaus noch etwas weniger politisch korrekt ausfallen. Falck (er gibt den glatten, schwulen Chefinspektor Moosburger) hat einst das holländische Original der Serie entdeckt und dem ORF als nachahmenswert vorgeschlagen, woraufhin man die Bücher „verösterreichert“ hat. Was offenbar auch größere Bedenken beinhaltet. Die Holländer, sagt Falck, hätten etwa kein Problem damit, einen Drogendealer als Nigerianer darzustellen. In Österreich muss hingegen der rassistische Inspektor didaktisch brav zum Rassismustherapeuten. „Die Holländer sind sehr klar und verschönern nicht. Bei uns ist man immer politisch korrekt“, sagt Falck. „Das war ja bei ,Kaisermühlen Blues‘ so schlimm. Da waren alle Österreicher bös' und alle Ausländer gut. Das ist ja auch nicht so. Fernsehen sollte einer Gesellschaft ja den Spiegel vorhalten.“

Möglichst realitätsnah versucht man jedenfalls, die Polizeiarbeit darzustellen. Zum Schießtraining, sagt Barbara Kaudelka, ebenfalls eine „Neue“ im Wachzimmer Kreitnergasse, habe sie es bisher noch nicht geschafft – sie ist bei einer Verfolgungsjagd gestürzt und hat sich quasi im Einsatz verletzt. Aber man werde etwa im Nahkampf trainiert und lernt, wie Verdächtige realistisch festgenommen werden. Nämlich nicht so, wie man es üblicherweise im Fernsehen sieht, von einem Beamten allein. Sie habe nie zu den Polizeihassern gehört („die ja in Wien durchaus auch vertreten sind“), sagt Kaudelka. Der Respekt vor dem „Knochenjob“ sei aber mit den „Cop Stories“ noch einmal gestiegen. Vor allem gegenüber den weiblichen Beamten. Diese habe sie vor dem Antritt ihres Fernsehdiensts einfach auf der Straße angesprochen und nach ihren Erfahrungen gefragt, erzählt die 34-Jährige, die vor ihrer Schauspielausbildung kurz als Journalistin gearbeitet hat. „Ich hab' gedacht: Entweder sie halten mich für verrückt, oder ich lern' was.“ Rechercheergebnis: „Für sie ist es doppelte Arbeit, als Autoritätsperson rüberzukommen. Aber alle haben erzählt, dass sie in ihrem Team die Unterstützung bekommen, die sie brauchen.“

Eine zähe Inspektorin spielt weiterhin auch „Staatskünstlerin“ Claudia Kottal. Hatte sie sich in der ersten Staffel ihre Biografie selbst ausgedacht, bekommt ihre Rolle im verflochtenen Format zwischendurch deutlich mehr Leben. „Soko Donau“-Quoten erreichte man zuletzt damit noch nicht. „Aber ich habe von vielen Seiten gehört, dass es den Leuten gefällt, dass hier mehr los ist. Nur meiner Oma war es zu viel.“

Auf einen Blick

„Cop Stories“ läuft seit März 2013 auf ORF eins und basiert auf der niederländischen Serie „Van Speijk“. Inzwischen wird völlig eigenständig weitergeschrieben. Es spielen u. a. Johannes Zeiler, Martin Zauner, Serge Falck, Kristina Bangert und Michael Steinocher, daneben auch Cornelius Obonya und Marion Mitterhammer. Regie für die vierte Staffel führen Barbara Eder und Umut Dag. Die ersten beiden Staffeln gibt es als DVD-Box bei Hoanzl, auf Flimmit und ab 7. Juli jeweils dienstags wieder um 21.05 Uhr auf ORF eins.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2015)

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