Nein, zum „Jedermann“ kommt man nicht im Smoking

SALZBURGER FESTSPIELE 2015: PREMIERE 'JEDERMANN'
SALZBURGER FESTSPIELE 2015: PREMIERE 'JEDERMANN'(c) APA/FRANZ NEUMAYR
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Knigge. Vor dem Domplatz ist noch immer Tracht en vogue, und den Eiskaffee nimmt man im Tomaselli. Es gibt gewisse Dos und Don'ts für den Salzburger Sommer. Zumindest für jene Gäste, die gern so tun, als kennten und verstünden sie die Festspielstadt besser als die, die hier leben.

Der „Jedermann“ ohne Tracht: Das geht gar nicht. Empört beschwert sich die junge Frau, Typ Tochter aus gutem Hause, bei ihrer Freundin, dass der junge Herr, der die Karten für das Salzburger Traditionsstück besorgt hat, in Sachen Garderobe völlig danebenlag: Er wollte im Smoking kommen. Damit hat er seine Chancen auf Verlängerung des Wochenendflirts deutlich gemindert. Vor dem Domplatz ist bei den sonst so eleganten Salzburger Festspielen Tracht en vogue. Nicht der billige Flitter mit ultrakurzen Röcken und allzu tiefem Rüschendekolleté, sondern das klassische Dirndl vom Lanz oder von Tostmann gehört zum Outfit, wenn man das Leben und Sterben des reichen Mannes mitverfolgt. So lautet eines der ungeschriebenen Salzburger Gesetze für den Festspielsommer.

Die Etikette an der Salzach, das ist im Sommer so eine Sache. Die Gäste aus Wien, München, Hamburg und Dortmund haben ihre Rituale. Man ist sich einig, was man in Salzburg macht, wo man sich trifft und was gerade gar nicht angesagt ist. Nach der Oper geht man in den Goldenen Hirsch, in die Blaue Gans, zum Friesacher oder ins M32 auf dem Mönchsberg. Mit den Klassikern Johanna Maier in Filzmoos, den Brüdern Obauer in Werfen, dem Döllerer in Golling oder dem Schloss Fuschl kann man auch nicht falsch liegen. Brandtners Paradoxon oder das Senns von Andreas Senn sind neuerdings bei eher experimentierfreudigeren Gästen beliebt. Nach dem „Jedermann“ darf es ein bisschen uriger sein: Da haben bei den Salzburg-Kennern das Augustinerbräu in Mülln, der Stieglkeller oder die Craft-Beer-Ausschank Gusswerk in Hof Hochkonjunktur. So viele gepflegte Lederhosen und Dirndl sieht man dort so nie.

Frühstück im Café Bazar

Der Tag beginnt früh an der Salzach. Vor dem samstäglichen Bummel über den Grünmarkt gehört das Frühstück im Café Bazar (mit Zeitungen!) zum Pflichtprogramm eines Salzburg-Besuchs. Und die Chance, Schauspieler, Opernsänger oder Regisseure am Nebentisch zu sichten, ist groß. Die Standler auf dem Grünmarkt begrüßen die Sommergäste wie Stammkunden. Das Wetter, die aktuellen Premieren, die großen und kleine Aufreger sind Themen für lockere Tratschereien unter alten Freunden. Nachmittags geht man auf eine Bowle in die Hagenauer oder einen Eiskaffee ins Tomaselli. Dazwischen wird gegrüßt, geschaut, geplaudert. Danach macht man gern einen Abstecher in die Galerie Thaddaeus Ropac oder zu Rudolf Budja oder fährt an einen der nahen Seen im Salzkammergut. Denn ein bisschen Landleben gehört zum Salzburger Sommer unbedingt. In den Hideaways am Wolfgang-, Atter- oder Mondsee bleibt man ganz unter sich und genießt die Sommerfrische, bevor es zurück in die Stadt, zur nächsten Aufführung geht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2015)

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