Opernball: Der alte Ritus als Jugendtraum

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Darina Korotchenko erfüllt sich mit dem Opernballdebüt einen Mädchentraum, für Philip Semelmeyer ist das Auftanzen eine Familiensache.

Junge Frauen in schneeweißen Kleidern, mit Handschuhen und Krönchen, die „in die Gesellschaft eingeführt“ werden. So reichlich antiquiert das klingt, so beliebt ist es nach wie vor, den Opernball zu eröffnen. Manchmal hört man sogar von Leuten, die ihre Kinder zum Opernball schicken, damit diese dort interessante Bekanntschaften (oder einen guten Fang) machen. Wie aber kommen im Jahr 2016 junge Schüler und Studenten auf die Idee, den alten Ball in der Staatsoper nach ganz traditionellem Ritus zu eröffnen? Für Darina Korotchenko war das ein Mädchentraum. Schon von Moskau aus habe sie den Ball verfolgt. Dort, sagt sie, wolle jeder, der tanzt, irgendwann auch zum Wiener Opernball. Wie dort auch jeder glaube, dass alle Wiener tanzen und zu klassischen Bällen gehen, sagt die Russin, die seit fünf Jahren in Wien lebt und gerade ihren Master an der WU abschließt.

Für Philip Semelmayer ist der Ball eine Familienangelegenheit: Der 21-Jährige wird mit drei Brüdern, 20, 18 und 17 Jahre alt, debütieren. Vier zugleich? Ein lang gehegter Plan? „Vielleicht von meinen Eltern“, sagt er, lacht. Der Wirtschaftsstudent (Wien und St. Gallen) jedenfalls hat schon einige Wiener Bälle eröffnet, dass der Opernball das Highlight wird, sobald alle vier alt genug sind, war stets klar. Schließlich hat schon die Schwester seines Großvaters, Elfriede Semelmayer, beim ersten Opernball aufgetanzt. Schon damals war die Liste der Debütanten voll klingender Namen: Habsburg, Hörbiger, Mayr-Melnhof, Thun-Hohenstein. Auch Leopold Figls Tochter, Annelise, Sven Boltenstern oder Thomas Chorherr haben beim ersten Opernball debütiert. Der Ball hat in vielen Wiener Familien Tradition: Marie Boltenstern, Tochter von Sven Boltenstern, hat heuer für Swarovski die Tiara gestaltet – und ebenfalls vor zehn Jahren eröffnet.

Nach wie vor sind prominente Söhne und Töchter im Komitee stets Thema auf dem Ball: Heuer etwa Laurin Wurm, Sohn des Künstlers Erwin Wurm, oder Livia Zanella, die Tochter des früheren Staatsopernballett-Direktors Renato Zanella. Auch unter den Debütanten sind die Promis Thema, zum Beispiel, wenn es um die Reihung geht, dürfen doch die prominenteren meist in den ersten Reihen eröffnen.

Ist der Opernball also nach wie vor eine Art Eintrittskarte in eine „höhere Gesellschaft“? „Warum nicht? Ich glaube schon, dass diese Kontakte etwas bringen. Man trifft sich ja immer zwei Mal, und wenn jemand auch Debütant war, kann das verbinden“, sagt Philip Semelmayer, der unter den Kollegen schon „einige sehr interessante Leute“ kennengelernt habe. Immerhin gibt es neben den sechs Proben noch weitere Gelegenheiten, sich anzufreunden, zuletzt etwa beim gemeinsamen Heurigenbesuch.

„Debütant sein verbindet“

Und viele der jungen Tänzer kennen sich ohnehin. Aus Semelmayers früherer Schule etwa, dem Schottengymnasium, kommen drei weitere Paare. Und einige andere Schulkollegen haben dort früher debütiert. Das aber ist nicht allein eine Wienerische Angelegenheit: Auch Darina Korotchenko, Tochter eines Ex-Diplomaten und Geschäftsmannes, die mit Mutter und Bruder in Wien lebt, kennt drei weitere Debütantenpaare aus Moskau.

Denn obwohl sich jeder für das Komitee bewerben kann, trifft sich dort freilich eine gewisse Schicht. Das bedingen auch die Kosten. Eine Service-Website für Debütanten beziffert diese – von Kleidung über private Tanzstunden bis zu Tickets – mit etwa 1000 Euro.

DIE DEBÜTANTEN

Das Jungdamen- und Jungherrenkomitee,das den Ball eröffnet, besteht aus 144 Paaren. 16 Paare stehen bei Ausfällen in Reserve bereit. Heuer kommen die Debütanten aus acht Ländern – neben Österreich aus Deutschland, Italien, Russland, Polen, USA, Indien und Syrien. Wer den Ball eröffnen will, muss zwischen 17 und 24 Jahren alt sein, sehr gut Linkswalzer tanzen und bei einem Vortanzen überzeugen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2016)

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