Liebe geht durch den Speck

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Die Suche nach dem Partner fürs Leben wird im Internet immer spezialisierter: Im angloamerikanischen Raum nennt man das Nischen-Dating.

Die Traumfrau für den Bartträger, der Richtige für die Glutenallergikerin und endlich ein Millionär fürs Leben: Singlebörsen haben, das zeigen die Zugriffszahlen, rund um Ostern und im Frühling Hochsaison, so gezielt wie heute konnte die Partnersuche aber noch nie angegangen werden. Besonders im angloamerikanischen Raum bieten Onlineportale ihre Dienste für immer speziellere Gruppen an, Nischen-Dating nennt sich das. Dabei handelt es sich um echte Nischen abseits der schon länger bestehenden Datingseiten für religiöse oder ethnische Gruppen, wie christliche, jüdische oder afroamerikanische Singles.

Inzwischen können nämlich eben auch Bartträger und Bartfreunde, Katzenbesitzer oder sogar Anhänger von gebratenem Speck gezielt unter ihresgleichen auf die Suche nach dem passenden Gegenstück gehen. Und haben dort gar nicht so wenig Auswahl: So finden sich in der 2014 zunächst scherzhaft gestarteten Dating-App Bristlr.com nach eigenen Angaben 130.000 Bartträger und Menschen auf der Suche nach einem solchen. Über 2,5 Millionen Nutzer von Millionaire.com suchen nach einem wohlhabenden Partner, und mehr als 135.000 Singles durchforsten die Webseite Uniformdating.com nach beziehungswilligen Polizisten, Feuerwehrleuten, Soldaten oder Krankenschwestern. Im Vergleich zu den großen amerikanischen Dating-Websites wie Match (über 35 Millionen monatliche Besucher), Zoosk (11,5 Millionen) oder EHarmony (mehr als sieben Millionen) sind das zwar immer noch kleine Communitys; die immer größer werdende Anzahl an Nischenplattformen schafft in Summe aber wieder einen ansehnlichen Pool.


Foodies und Vokuhilas. Gesucht und gefunden wird in den unterschiedlichsten Kategorien, sie lassen sich grob unterteilen in: Hobbys, Essensvorlieben, das äußere Erscheinungsbild, finanzielle Möglichkeiten, den Ausbildungsstatus und die Weltanschauung; sexuelle Vorlieben und Orientierungen noch gar nicht mitgerechnet. In jeder dieser Kategorien gibt es Anbieter für Fans und Anhänger der klitzekleinsten Nische. Allein beim Essen gibt es eine unfassbare Auswahl. Hier können neben den erwähnten Vertretern eines glutenfreien Lebensstils (www.glutenfreesingles.com) auch die Anhänger scharfer Saucen (www.hotsaucepassions.com) oder jene mit Lebensmittelallergien (www.singleswithfoodallergies.com) den Partner fürs Leben suchen. Oder für die Mittagspause. Inzwischen springen auch Lebensmittelhersteller auf den Trend auf, so bietet die New Yorker Kette „Just Salad“ ihren Kunden mit ihrer App und Internetseite Saladmatch.com die Möglichkeit, kompatible Lunchpartner zu finden. Am anderen Ende des kulinarischen Spektrums steht der US-Fleischhersteller Oscar Mayer, der soeben eine sogenannte „Sizzl“-App herausgebracht hat – „Sizzl“ steht einerseits für das Brutzeln des Specks in der Pfanne, als „sizzling hot“ werden aber auch besonders attraktive Vertreter beiderlei Geschlechts bezeichnet –, in der sich Speckfreunde suchen, finden und bewerten können.


Große Freunde. Für die eher optisch ausgerichtete Partnersuche finden sich neben der Bart-App auch Seiten für besonders Großgewachsene (www.tallfriends.com) oder Fans von Vokuhilas, dem Frisurtrend Vorne-kurz-hinten-lang aus den 1980ern (www.mulletpassions.com). Das Konzept des sogenannten Darwin Datings sorgte für Kritik: Die Mitgliedschaft bei Darwindating.com war besonders attraktiven Menschen vorbehalten – ob die einzelnen Personen hübsch genug waren, entschieden die registrierten Mitglieder. Inzwischen ist die Seite zwar nicht mehr zu finden, die damals etablierte Gegenbewegung ist aber immer noch aktiv: Auf www.theuglybugball.com treffen sich im ganzen englischsprachigen Raum nach eigenen Angaben über eine Million Singles, die sich in die Kategorie „Ästhetischer Durchschnitt“ einordnen.

Für Alleinstehende, die Partner mit ähnlichen Interessen suchen, gibt es die Möglichkeit, gemeinsam ferne Galaxien zu erforschen (www.trekkiedating.com), in den Sonnenuntergang zu reiten (www.equestriancupid.com), als glückliche Geeks vor dem Computer zu sitzen (www.gk2gk.com) oder mit Pappnasen zu flirten (www.clowndating.com). Etwas ernster gehen den Findungsprozess die User von www.rightstuffdating.com an, die vor dem Zahlen des Mitgliedsbeitrags zunächst ihre akademischen Weihen nachweisen müssen. Wer es – ob mit oder ohne akademischen Titel – schon zu etwas gebracht hat, registriert sich möglicherweise auf www.millionaire.com, wo nach Aussage der Betreiber ausschließlich Menschen mit einem jährlichen Einkommen über 200.000 US-Dollar (rund 175.000 Euro) auf der Suche nach dem Partner fürs Leben sind.


Weniger Frösche küssen. Auf die Frage, warum die Suche nach der/dem Richtigen immer spezialisierter wird, gibt es einige Antworten, wie Kevin Lewis, Soziologe an der University of California, erklärt: „Grundsätzlich mögen Menschen Ähnlichkeiten, und damit gibt es einen Markt für solche Seiten“, so Lewis, der unter anderem zum Thema Onlinedating geforscht hat. „Und da der allgemeine Markt so gesättigt ist und die großen Seiten inzwischen konkurrenzlos sind, liegt die Idee, eine Nischenplattform zu gründen, natürlich nahe.“ Außerdem spiele das Thema Effizienz eine wachsende Rolle bei der Partnersuche, immer weniger sind bereit, viele Frösche zu küssen, ehe der Prinz gefunden ist. Um erfolgreich zu sein, müsse aber eine gewisse Relevanz oder kritische Masse erreicht sein, so Lewis: „Eine Seite für Bananenfreunde wird es eher nicht geben“, prognostiziert er, „und wenn ich eine Vorliebe für blonde Frauen habe, bin ich wahrscheinlich allein aufgrund der schieren Masse auf einer der großen Websites besser aufgehoben als auf einer für Blondinen.“

Diese Vergrößerung des Kandidatenpools ist möglicherweise auch ein Grund dafür, dass manche Nischenseiten es nicht gar so eng sehen, wenn sich doch ein paar Glattrasierte unter die Bartträger schummeln oder der eine oder andere potenzielle Millionär etwas weniger verdient, als das Profil verspricht. Aber nicht alle legen eine solche Großzügigkeit an den Tag: Auf der Seite für die Freunde des gebratenen Specks findet sich unter den FAQs die Frage: „Was soll ich tun, wenn mich jemand anschreibt und zugibt, dass er gar kein Bacon-Lover ist?“ Die strenge Antwort lautet: „Du kannst auf deren Profil klicken und sie in der Kategorie ,Liebt keinen Bacon‘ melden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.05.2016)

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