Naomi Watts: "Ich brauche Herausforderung"

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Schauspielerin Naomi Watts über ihren neuen Film "Demolition", der derzeit in den Kinos läuft - und ihre Vorliebe für extreme Rollen, die Erziehung ihrer beiden Söhne und den viel zu frühen Tod ihres Vaters, der sie sehr geprägt hat.

Eigentlich passt der Ort nicht. Denn das Gespräch mit Naomi Watts findet in der L'Oreal-Suite des Hotels Martinez in Cannes statt. Dabei war die 47-Jährige in ihrer Jugend nicht an Beauty und Glamour interessiert, wie sie gesteht, selbst wenn sie jetzt als Markenbotschafterin des Kosmetikunternehmens agiert. Für Furore sorgt sie weiterhin mit Rollen, in denen sie schonungslos und ohne jede Eitelkeit ihre Seele offenlegt – aktuell im Film „Demolition“, in dem sie Jake Gyllenhaal hilft, sein Leben mit radikalen Mitteln umzubauen.

Derzeit sind Sie im Drama „Demolition“ im Kino zu sehen. Aber was können Sie uns zur neuen Staffel von „Twin Peaks“ erzählen?

Naomi Watts: Nichts, ich bin nicht einmal sicher, ob ich offiziell bestätigen darf, dass ich dabei bin. Sagen wir es so: Ich genieße es immer, mich in Davids (Lynch, Anm.) Gegenwart aufzuhalten.

Er verschaffte Ihnen mit „Mulholland Drive“ den großen Durchbruch. Da waren Sie 33, was für eine Schauspielerin spät ist.

Ich bin ganz froh, dass es so lange gedauert hat. So konnte ich mich in dieser Zeit zu der Person entwickeln, die ich bin. Später Erfolg ist ein Geschenk, weil er dich nicht mehr ändern kann. Und weil ich früher nie viel Geld hatte, habe ich gelernt, gut damit umzugehen.

Sie spielten ein Tsunami-Opfer, die Angebetete von King Kong und im aktuellen Film eine Frau, die mit einer Lebenskrise konfrontiert wird. Warum immer extreme Rollen?

Weil mir das sonst keinen Spaß machen würde. Bei schwierigen Rollen habe ich das Gefühl, dass ich so etwas nicht schaffe. Und genau dann lohnt es sich. Denn ich brauche Herausforderungen. Abgesehen davon finde ich nur derartige Geschichten bewegend, und wenn sie mich bewegen, dann besteht die gute Chance, dass sie auf andere Leute eine ähnliche Wirkung ausüben.

Sie haben zwei junge Söhne. Wie schaffen Sie es, sich um sie zu kümmern, wenn Sie so aufreibende Rollen annehmen?

Erst einmal habe ich sie in der Regel bei mir, egal wo ich arbeite. Und ich trage zum Glück in mir einen „Aus und Ein“-Schalter. Wenn ich nach einem Drehtag nach Hause komme, ist die Arbeit für mich vorbei. Ich bringe nichts in die Welt meiner Kinder, das wäre nicht gerecht. Aber bevor ich Mutter wurde, konnte ich nicht so leicht abschalten.

Halten Sie sich für eine starke Person?

Meine Freunde meinen, dass ich ziemlich heftig und leidenschaftlich werden kann, wenn es darauf ankommt. Ich glaube auch, dass mir meine Mutter starke Überlebensinstinkte eingeflößt hat. Sie war 19, als sie meinen Bruder bekam, und ein Jahr später hatte sie mich. Als ich vier war, trennten sich meine Eltern und sie musste sich allein durchschlagen. Drei Jahre später starb mein Vater. Sie hatte kaum Geld, keine Hilfe. Und trotzdem hat sie es geschafft. Aus uns beiden ist etwas Ordentliches geworden. Mein Bruder ist ein hoch geachteter Fotograf, der für prominente Magazine und große Markenunternehmen arbeitet.

Wie hat Sie das geprägt, als Sie mit sieben den Tod Ihres Vaters verkraften mussten?

Ich habe es irgendwie nicht richtig verstanden. Und streng genommen verstehe ich es immer noch nicht. Damals hatte ich meine Tagträume, dass ich ihn wiedersehen würde. Und ich glaubte, ich würde mit 30 sterben, so wie er. Vielleicht mache ich mir deshalb so häufig Sorgen um die Zukunft – und um diese Sorgen zu bekämpfen, schmiede ich Pläne.

Haben Ihre Söhne schon Filme von Ihnen gesehen?

Bis jetzt habe ich keinen gedreht, der für sie geeignet wäre. Ich habe einmal einen Versuch mit „King Kong“ gemacht, weil sie den Trailer und Fotos gesehen hatten, und ihnen ein paar Ausschnitte am Computer gezeigt. Aber als mein jüngerer Sohn sah, wie ich da von Monstern angegriffen werde, bekam er es mit der Angst zu tun. Wir warten besser noch ein paar Jahre.

Denkt Ihr Partner und Kollege Liev Schreiber in Sachen Erziehung ähnlich?

Im Großen und Ganzen gehen wir auf die gleiche Weise an die Erziehung unserer Kinder heran.

Gibt es manchmal so richtige Meinungsverschiedenheiten zwischen Ihnen?

Die hat doch jedes Paar. Auf jeden Fall mag Liev es nicht, wenn ich zu Hause das Mobiliar verrücke. Dafür habe ich eine kleine Leidenschaft, daher mache ich das in seiner Abwesenheit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2016)

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