Elizabeth T. Spira: „Früher war das igittigitt“

?Liebesg?schichten und Heiratssachen ? die Zwanzigste! ORF pr�sentierte Jubil�umsstaffel des Publikumshits
?Liebesg?schichten und Heiratssachen ? die Zwanzigste! ORF pr�sentierte Jubil�umsstaffel des Publikumshits(c) ORF (Hans Leitner)
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Elizabeth T. Spira über 20 Jahre TV-Kuppelei, mehr junge Bewerber, Erfolgsgeheimnisse, und warum sie selbst nie im TV jemanden suchen würde.

Es ist, als wäre die Zeit stehen geblieben. Wenn das rote Herz schaukelt, Peter Kraus oder Hans Krankl den „Lonely Boy“ von Paul Anka singen und Menschen wie die 45-jährige Hundefrisörin Susi aus der Steiermark einen „tierlieben, lustigen Mann mit Waschbärbauch und Glatze“ suchen, oder Gerold vorgestellt wird, Pensionist aus Deutschland, der via Elizabeth T. Spira eine Partnerin sucht, schließlich sei das eine „kosmische Weisung“. Es ist heuer der 20. Sommer, in dem die „Liebesg'schichten und Heiratssachen“ im Hauptabendprogramm des ORF auf Sendung gehen – und jedes Jahr ein Millionenpublikum finden.

„Das dürfen Sie mich nicht fragen“, sagt Elizabeth T. Spira auf die Frage, warum die öffentliche Kuppelei ein offenbar so zeitloser Erfolg ist. Lacht und erzählt beim Gespräch im Schutzhaus zur Zukunft auf der Schmelz – auch so ein Ort der vergessenen Zeit – mit ihrer unverkennbar rauchig-dunklen Stimme, dass sich ihre Freude an der Arbeit, die Neugierde auf die Kandidaten nicht verändert habe. „Jeder einzelne hat ein Problem oder einen Grund, im Fernsehen aufzutreten. Das Schöne ist, dass es die verschiedensten Motive gibt: dass jemand ernsthaft sucht, oder die Eitelkeit, Männer, die hören, einer habe 1000 Zuschriften bekommen, und dann sagen: Ich krieg 2000. Solche bekommen dann nur 50, weil Frauen es riechen, wenn einer ein ekelhafter Angeber ist.“ Die Kandidaten hätten sich über die Jahre verändert.

„Am Anfang war es für bessere Leute igittigitt, öffentlich zu sagen, ich suche jemanden.“ Das sei heute anders, wie auch die Ansprüche der Kandidaten: „Früher hat ein Mann offen gesagt, er sucht eine zum Putzen und Kochen. Sagt das heute einer, lachen ihn die Frauen aus, die sind jetzt viel emanzipierter.“ Auch Homosexuelle hätten sich vor 20 Jahren nie gemeldet, „bis uns plötzlich die Herzen der Schwulen zugeflogen sind“, sagt Spira.

Obwohl heuer ein „charmanter und entzückender“ 92-Jähriger darunter ist, werden die Kandidaten jünger: „Ich weiß nicht, was die Jungen heute für ein Problem haben. Junge, fesche Frauen sagen heute, dass sie niemanden kennenlernen.“ – Und lassen sich von Spira auf ihre unverwechselbare Art porträtieren. Mit ihrem Stil hat sich die 1942 als Kind jüdischer Emigranten in Glasgow geborene Spira in den 1970er- und 1980er-Jahren einen Namen gemacht: Seit 1973 gestaltet sie für den ORF Dokumentationen und Magazinbeiträge, zwischen 1985 und 2006 entstanden ihre legendären „Alltagsgeschichten“ (die im Sommer wieder gezeigt werden), auch steht im Juli der Film „Ich bin nicht wichtig – Elizabeth T. Spira im Porträt“ auf dem Programm.

Mit den „Liebesg'schichten“ aufzuhören hat sie, obwohl öfters angedeutet, nicht vor. „Ich bin ein launenhafter Mensch, mal schauen, was mir noch einfällt“, sagt sie, lacht und spricht über die Freude, die ihr die Arbeit mache: „Das ist irrsinnig interessant, wie die Leute leben, wie sie sich einrichten, welche Figuren, Statuen oder Bilder aus Möbelhäusern sie aufhängen, das sagt viel über ihre Sehnsüchte.“ Die Details, der Wohnraum – großzügig in Zwischenschnitten in Szene gesetzt –, zählten zu den Erfolgsfaktoren, sagt Spira.

Möbelhausbilder, die viel verraten

„Wir schauen, wie sie leben, wie ihr Zuhause aussieht, das ist wichtig. Im Studio würde das nicht funktionieren. Dann hängt es von der Begabung des Einzelnen ab, was daraus wird.“ Die Unsicheren hätten es schwer, in einer der letzten Staffeln etwa sei ein „hervorragend“ aussehender Mann mit tollem Haus, gutem Beruf, angetreten, der aber kein Wort herausgebracht habe – da wurde es dann trotz vieler Bewerberinnen nichts. Generell aber ist die Erfolgsquote nicht schlecht: Von 931 Singles, die bisher vorgestellt wurden, sind 250 glücklich liiert, 44 Paare, darunter drei gleichgeschlechtliche, gaben sich das Jawort, und vier Babys sind aus den Beziehungen hervorgegangen.

Auch die eingangs erwähnten Bewerber fanden ihr Glück: Erstere mit einem Hundenarren, Zweiterer fand seine „Dualseele“. Hätte sich Spira selbst je so verkuppeln lassen? „Nein, nein“, sagt sie, lacht, „zu meiner Zeit hat man sich einfach so, auf der Straße oder im Kaffeehaus, kennengelernt.“

PROGRAMM

„Ich bin nicht wichtig. Elizabeth T. Spira im Porträt“ ist am Montag, den 4. Juli, um 21.05 auf ORF2 zu sehen – im Anschluss an die Auftaktfolge der neuen Staffel „Liebesg'schichten und Heiratssachen“: Die zehn neuen Folgen laufen ab 4. Juli jeweils montags um 20.15 auf ORF2. Ebenfalls im Sommer auf ORF2: Sieben Folgen der zwischen 1985 und 2006 produzierten Dokureihe „Alltagsgeschichten“: Ab 17. Juli sonntags um ca. 23 Uhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2016)

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