Cocktailglas und Bügeleisen: Schlaflos durch die Nacht

(c) Stanislav Jenis
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Javier Mancilla, der Organisator des ersten Wiener Gardening Cocktail Festival, hat ein Konzept für die perfekte Partyatmosphäre entwickelt.

Eine weiße Estragonblüte schwimmt im Cocktailglas, das Javier Mancilla in den Händen hält. Die darin befindliche gelbliche Flüssigkeit ist eine ausgeklügelte Mischung aus Rhabarbersirup, Zitrone, Essig und Cognac. Rhabarber-Sidecar heißt der Drink, den das Heuer am Karlsplatz extra für den Liquid Market kreiert hat. Bei dem ersten Wiener Gardening Cocktail Festival im Karlsgarten servieren kommenden Freitag zehn verschiedene Bars Getränke aus selbstgeernteten Kräutern, Obst und Gemüse.Mancilla ist der kreative Kopf hinter dem Open Air, mit dem er und sein Team die Wiener Barszene enger zusammenbringen möchten.

Geboren in El Salvador und aufgewachsen in München, kam der 33-Jährige eigentlich für ein BWL-Studium nach Wien. Da er Geld verdienen musste, kellnerte er im ehemaligen Kunsthallen-Café. Heute, zehn Jahre später, ist aus dem Café das Heuer geworden, und aus dem ehemaligen Kellner der Creative Director des Lokals.

Wie man richtig feiert

Mancilla hat sich in der Branche einen Ruf als Veranstaltungsmastermind aufgebaut. „Das hat schon neben dem Studium begonnen“, erzählt er. „Da habe ich hin und wieder Partys im Celeste veranstaltet, obwohl es eigentlich noch ausschließlich ein Jazzclub war.“ Aus dieser Zeit stammt sein Grundkonzept einer erfolgreichen Veranstaltung. Drei Dinge seien dabei wichtig gewesen: DJs, Livemusik und Essen. Denn obwohl Mancilla von sich selbst behauptet, nicht der beste Koch zu sein, ist er davon überzeugt, dass es einer gelungenen Party nie an ausreichend Speisen fehlen darf.

Die „Bespielung leer stehender Flächen“, das Schaffen einer Partyatmosphäre, wo davor nur Stille war, faszinierte Mancilla. Er brach das Studium ab und widmete sich ganz der Eventbranche. Zusammen mit Freunden mietete er ein ehemaliges Bordell, um dort Partys nach seinem Geschmack zu veranstalten. Unter dem Namen Morisson (man behielt den Namen des Bordells einfach bei) wurde das Lokal schließlich zu einer fixen Größe im Wiener Nachtleben. Zunächst stand Mancilla selbst hinter der Bar, doch die verrauchte Umgebung bescherte ihm Lungenprobleme. „Von da an hab ich mich dann stärker den Erwachsenendingen gewidmet, wie Büroarbeit und so“, erzählt er. „Aber ich war ein super Kellner und noch besserer Commi, der den Kellnern hinterherputzt.“

Heute gibt es das Morisson nicht mehr. Nach einem Standortwechsel wegen Anrainerbeschwerden sei es einfach nicht mehr dasselbe gewesen. Die Atmosphäre hätte gefehlt, sagt Mancilla, obwohl es ihm genau darum eigentlich geht. „Ich sehe das schon immer auch auf einer Metaebene“, erzählt er. Er möchte Räume schaffen, in denen sich die Besucher wohlfühlen. Dazu brauche man natürlich ein gewisses Gespür für Ästhetik, aber vor allem auch das richtige Team. Hinter allen seinen Veranstaltungen stehe ein gut durchdachtes Konzept, genauso wie hinter dem Heuer. Das fange schon bei der Frage an, ob man den Lokalnamen auf die Gläser schreibe oder nicht, sagt Mancilla. Nur bei ihm zu Hause sehe es nicht besonders aus.

Empfehlung von Ärztin

Wie viel er pro Woche arbeitet, kann er nicht sagen. Die Nachtarbeitszeiten haben ihm nie etwas ausgemacht. „Ich war schon in der Schule als derjenige bekannt, den man zu jeder Uhrzeit anrufen konnte. Ich brauche einfach wenig Schlaf und kann mich besser konzentrieren, wenn ich weiß, dass ich nichts mehr verpasse“, sagt er.

Wenn er sich dann doch einmal entspannen möchte, greift Mancilla zum Bügeleisen. „Das hat mir einmal eine Ärztin empfohlen, um runterzukommen. Und es funktioniert, ich bügle total gern“, sagt er.

Trotzdem ist es ihm wichtig, auch neben dem Beruf viel in der Barszene unterwegs zu sein. Sie habe in Wien aber noch Aufholbedarf, meint er. Was ihm im Vergleich zu seiner Heimatstadt München außerdem fehle, seien Biergärten. Egal, wie viele Cocktailpartys er nämlich veranstaltet: „Irgendwie bin ich ja doch Bayer und leidenschaftlicher Biertrinker.“

ZUR PERSON

Javier Enrique Mancilla Martinez wurde 1983 in El Salvador geboren und wuchs in München auf. Seit 2006 lebt er in Wien. Eine Freundin verschaffte ihm neben dem Studium einen Job als Kellner im ehemaligen Kunsthallen-Café. 2014 wechselte der Pächter des Lokals, und Mancilla entwickelte ein neues Konzept für die Location. Aus dem Café wurde das Heuer am Karlsplatz. Zuvor war Mancilla einer der Eigentümer des Morisson Club und Mitgründer der Betonküche. Von ihm stammt das Konzept zum Festival Liquid Market, das am 29. Juli stattfindet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2016)

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