Vienna Design Week: Ein Festival mit Wohnzimmer

(c) Katharina Gossow
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Zum Zehn-Jahres-Jubiläum ist Lilli Hollein in einen alten Möbelschauraum gezogen. Gefeiert wird aber auch in MAK und Intercontinental.

Es war quasi ein symbolisches Geschenk. Just zum Zehn-Jahres-Jubiläum, erzählt Lilli Hollein, habe sie erstmals den Effekt gespürt, dass die Design Week inzwischen tatsächlich ein stadtbekanntes Festival ist – zum ersten Mal habe sich jemand mit einem Vorschlag für eine mögliche Festivalzentrale bei ihr gemeldet. „Er habe da etwas, das interessant sei – und genau so war's.“

So gastiert das Festival mit seiner Zentrale nun ganz ohne aufwendige Suche im Haus des ehemaligen Möbelherstellers Bothe & Ehrmann. Der fertigte in den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg Stilmöbel für die ganze Monarchie – und der klassizistische Bau von Ernst Epstein in der Margaretner Schlossgasse diente als das, was man heute einen Showroom nennen würde. In Summe ziemlich passend für ein Festival, das sich nicht als Messe begreift – sondern als etwas, das eng mit der Stadt verwoben ist.

Dass das so sein müsse, stand für die Gründer – neben Hollein bildeten damals noch Tulga Beyerle und Thomas Geisler die Neigungsgruppe Design – von Anfang an fest. „Es war uns immer ein großes Anliegen, die Leute durch die Stadt zu schicken.“ Stets wurden Betriebe und leer stehende Räume einbezogen. Mit den Jahren kristallisierte sich dennoch das Bedürfnis nach einem „Wohnzimmer“ heraus. Das erste Mal gab es etwas Ähnliches 2001 mit einer Fabrik in der Leopoldstadt. Seither war man im Etablissement Gschwandner, in einer vor dem Abriss stehenden Schule in Wieden und im barocken Palais Schwarzenberg. Als schwierig entpuppte sich die Suche in Favoriten, „da haben wir uns unglaublich viel angeschaut, um letztlich in die Ankerbrotfabrik zu ziehen“. Immerhin, auch dort habe man Räume genutzt, die sonst nicht zugänglich sind. Das ist der Anspruch – ebenso wie die „besondere Atmosphäre“.

Zentraler Einstiegsort

Organisatorisch, sagt Hollein, sei es freilich „die blödeste Idee, die man haben kann“, jedes Jahr den Bezirk und den Ort zu wechseln. „Dafür lernt das lokale Publikum die eigene Stadt kennen, und Besucher sehen etwas anderes als die üblichen Touristenorte.“ Und anders als bei Messen, die in der Erinnerung gern verschwimmen, würden der Ort und dessen Atmosphäre auch die Jahre prägen.

Die Zentrale versteht sich dabei vor allem als „Einstiegsort“: „Wir wissen, dass so ein Festivalprogramm eine große Herausforderung ist. Auch bei der Viennale bereiten sich die Leute akribisch vor.“ Wer sich da überfordert fühle, könne einfach in der Zentrale vorbeischauen, dort erste Beiträge sehen – und mit einem Programm weiterziehen. Schön sei auch zu sehen, wie die Nachbarn auf den Designtross reagieren. Positiv nämlich, zumal man sich den Ruf erarbeitet habe, professionell und sorgsam zu sein. Dass Besucher einen Kübel Wasser auf den Kopf gekippt bekamen, falle unter Ausnahme.

Für die Eröffnung selbst diente lang das Palais Liechtenstein als Location, mittlerweile ist auch sie in die Zentrale gewandert. „Keine einfache Angelegenheit“, so Hollein – „unser Eröffnungsfest ist sehr beliebt“. Wobei sie sofort nachschiebt, „dass auch diese Besucher Arbeiten sehen, es also nicht nur Party ist“. Aber eben doch, vor allem heuer. Noch am Eröffnungsabend bittet auch Nadja Swarovski zur Preview der Installation „Prologue“ von Fredrikson Stallard ins Obere Belvedere, am Freitag schmeißt das MAK der Design Week ein Fest. Wohlweislich erst eine (stressige) Woche später präsentiert Hollein dann im Hotel Intercontinental ihr Jubiläumsbuch – auf dass sie selbst auch ein bisschen davon habe.

AUF EINEN BLICK

Die Vienna Design Week (30. 9. bis 9. 10.) wurde von Tulga Beyerle, Thomas Geisler und Lilli Hollein gegründet, wird heute von Letzterer geführt und feiert heuer ihr Zehn-Jahres-Jubiläum. Eröffnet wird sie morgen, Donnerstag, am Abend in der Festivalzentrale in den Bothe & Ehrmann-Ausstellungshallen in der Schlossgasse 14. Am Samstag findet hier von 17 bis 20 Uhr ein Cocktailempfang statt. Fokusbezirk ist heuer Margareten, Gastland ist Tschechien. www.viennadesignweek.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2016)

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