Auf der Suche nach Perlen: „Ich will die Gäste überraschen“

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Eigentlich wollte sie nur ein Praktikum beim Winterfest machen. Doch Caroline Stolpe blieb und verantwortet heuer erstmals allein das Programm.

Rote Nasen hat sie als Kind gar nicht gemocht. Wenn Caroline Stolpe mit ihren Eltern in den klassischen Zirkus ging, war sie von den Artisten begeistert, mit dem Spaß der Clowns konnte sie aber gar nichts anfangen. Das hat sich mittlerweile geändert. Die gebürtige Deutsche, die 2012 eher aus Zufall nach Salzburg kam, ist seit Anfang des Jahres künstlerische Leiterin des Salzburger Winterfests. Am Mittwoch beginnt mit dem Cirque Alfonse aus Kanada ihr erstes allein verantwortetes Programm. Das kleine, aber feine Festival für zeitgenössische Circuskunst im Salzburger Volksgarten, das heuer in sein 16. Jahr geht, hat sich im Lauf der Zeit in der Szene einen guten Namen gemacht.

Ein auf nur zwei oder drei Programmpunkte beschränktes Festival, das aber mit knapp sechs Wochen Dauer ungewöhnlich viele Vorstellungen bietet: Dieses Konzept macht das Winterfest in der Zirkusszene unverwechselbar und beliebt. Die Compagnien schlagen im Advent in Salzburg ihre Zelte auf. Jedes Jahr wachsen dabei wieder die Veranstalter und die Gruppen zu einer temporären Zirkusfamilie zusammen. „Mir war die große Herausforderung dieser Aufgabe bewusst“, erzählt die 30-Jährige über ihre Entscheidung, die Programmverantwortung zu übernehmen. Dann sei ihr klar geworden, wie viel sie von Georg Daxner, dem 2014 bei einem Bergunfall tödlich verunglückten Gründer des Festivals, gelernt habe. „Er war ein Mentor für mich“, sagt Stolpe über ihren früheren Chef: „Er hat uns alle angesteckt mit seiner Begeisterung für die neue Zirkuskunst.“ In seinem Sinne will sie das Festival weiterführen. Daxners Frau Evelyn zog sich aus der Programmgestaltung zurück, weil sie sich ganz ihrem Herzensprojekt, dem Aufbau eines Zirkustrainingszentrums in Salzburg widmen will. Stolpe holte für das heurige Festival recht ungewöhnliche Programme an die Salzach: die kanadische Holzfällertruppe Cirque Alfonse zeigt in „Timber“ kraftvolle Artistik mit Äxten, Messern und Baumstämmen.

Den Kontrast dazu bildet eine aus Australien stammende Compagnie, die mit atemberaubender Artistik der Schwerkraft trotzt. Das dritte Programm, Cie Sackripa, ist französische Clownerie. „Ich will das Publikum überraschen“, erzählt sie über ihre Linie bei der Programmierung. Ob ein Stück in die engere Wahl komme, hänge davon ab, ob es sie selbst berühre. Auf der Suche nach den Perlen der neuen Zirkuskunst ist Stolpe das ganze Jahr über viel unterwegs, besucht Festivals und sieht sich viele Compagnien mit ihren Stücken an.

Dass sie einmal ein Zirkusfestival leiten werde, hätte sich Stolpe, die aus Halle an der Saale stammt, nie träumen lassen. Und doch zieht sich der Zirkus ein bisschen wie ein roter Faden durch ihr Leben. Nach den gelegentlichen Besuchen im klassischen Zirkus mit den Eltern jobbte sie in Hamburg für ein Spielwarengeschäft, das in einem Zelt Kinderanimation anbot. „Ich habe Zirkusutensilien verkauft und den Kindern Jonglieren oder Tellerdrehen beigebracht“, erinnert sich Stolpe. Ihr eigenes Können war bescheiden, Spaß machte der Job aber trotzdem.

„Es war unglaublich“

Die erste Begegnung mit dem sogenannten Cirque nouveau hatte Stolpe in Düsseldorf. Sie arbeitete bei einem Festival, das den Cirque Invisible von Victoria Chaplin und Jean Baptiste Thierre zu Gast hatte. Sie betreute die Artisten und fing Feuer. „Ich habe so etwas das erste Mal gesehen, es war unglaublich.“

Eine Faszination, die sie nie mehr losließ. Nach dem Studium stieß sie im Internet auf das Winterfest. Damals suchte das Salzburger Festival für ein halbes Jahr eine Mitarbeiterin. Sie bewarb sich und bekam den Job. „Nach dem halben Jahr bot mir Georg Daxner eine fixe Anstellung an“, erzählt Stolpe. Sie blieb in Salzburg. So schnell will sie nicht mehr gehen, mit den roten Nasen der Clowns hat sie sich inzwischen auch angefreundet.

AUF EINEN BLICK

Festival. Das Winterfest 2016, Festival für zeitgenössische Circuskunst, findet vom 30. November 2016 bis 8. Jänner 2017 im Salzburger Volksgarten statt. Zu Gast sind der kanadische Cirque Alfonse mit „Timber“, die australischen Artisten Gravity & Other Myths sowie die französische Compagnie Cie Sackripa: www.winterfest.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2016)

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