Saurierrippen und Zuckerwatte: Die kulinarische Diplomatie

Eyal Shani im Miznon
Eyal Shani im MiznonRed.
  • Drucken

60 Jahre österreichisch-israelische Beziehungen: Masterchef-Juror Eyal Shani und Christian Domschitz kochen gemeinsam im Vestibül.

„Ich kenne jetzt ein neues Lokal, das sonntags offen hat.“ Christian Domschitz hat kürzlich das Miznon besucht. Jenes Lokal hinter dem Stephansdom also, das der exzentrische israelische Stargastronom Eyal Shani als Filiale seiner Restaurantkette nach Wien gebracht hat. Und Eyal Shani ist es auch, der Christian Domschitz nun für einen Abend in der Küche des Vestibül im Burgtheater plauderfreudige Gesellschaft leistet. Anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der israelisch-österreichischen Beziehungen – 1956 wurden die Vertretungen beider Länder zu Gesandtschaften aufgewertet – lädt die israelische Botschafterin, Talya Lador-Fresher, zu einer Tafel. Gäste wie Kulturminister Thomas Drozda, Sozialstadträtin Sonja Wehsely oder Regisseur Harald Sicheritz werden erwartet.

Omnipräsenter Gastronom

Eyal Shani ist Montagfrüh in Wien gelandet und hat seither nach eigenen Angaben so gut wie nicht geschlafen. (Davor eigentlich auch nicht, weil er am Sonntagabend noch in der Küche eines seiner Lokale in Tel Aviv gestanden ist.) Dass er dennoch so frisch aussieht, könnte daran liegen, dass er als omnipräsenter Gastronom und Masterchef-Juror einen solchen Lebensrhythmus gewohnt ist. Oder an den Gründen seines Zuspätkommens zum Interview. „Sorry! But I have a good story.“ Shani hat sich nämlich für einen anderen Fototermin komplett mit Olivenöl übergossen. Und musste danach noch einmal ins Hotel.

Eyal Shani mit Christian Domschitz im Vestibül
Eyal Shani mit Christian Domschitz im Vestibül Red.

Man darf ihm, einem Koch, der in seinen Lokalen Dinosaurierknochen und überfahrene Erdäpfel serviert, das glauben. Dinosaurierknochen sieht auch das Menü vor, das anlässlich des Diplomatiejubiläums geplant ist. Zumindest stehen diese so auf der Karte. In der Vestibül-Küche wird freilich mit Rinderrippen hantiert. „Die großen Knochen kommen mit an den Tisch“, beschreibt Shani, „die sind so riesig, dass man das Gefühl hat, man isst ein viel größeres Tier als nur ein Rind.“

Die beiden Köche, die einander mit den Gängen des Menüs abwechseln, haben eines gemeinsam: Sie nehmen sich des Themas Streetfood an. Eyal Shani sagt, er habe die Pita, dieses „magischste Brot der Welt, ein Brot als Tasche“, neu erfunden. Im Wiener Miznon wird sie unter anderem mit „Chicken Spachtel“ gefüllt, für die Shani Palatschinken als Inspiration nennt, während die Füllung in der Pariser Filiale Bœuf bourguignon ist. Und Christian Domschitz ist bekannt für sein „salonfähiges Straßenessen“. Bekannt als einer, der in seinem Zweihaubenlokal das Langos ebenso zitiert wie den Leberkäse, die Salzgurke, Fish and Chips oder Schaumrolle und Zuckerwatte.

Letztere kommen, als Zuckerwatteravioli und Minischaumrolle, beim Menü anlässlich der diplomatischen Beziehungen zu Tisch. Besser gesagt, auf jenen riesigen, papierbedeckten Tisch, auf dem alle mundgerechten Desserts angerichtet werden und möglichst direkt vom Papier gegessen werden sollen. „Ich überlege“, sagt Domschitz, „ob ich darüber eine Kamera installiere, die alle zehn Minuten filmt, beim Anrichten auch schon und natürlich später beim Essen.“

Sandwichversionen

Eyal Shani hingegen hasst nach eigenen Angaben jegliches Planen, beschreibt dafür umso ausführlicher seine Version des legendären Sandwichs Sabich; er tut es mit unzähligen Worten, Tonartwechseln, Kopfschwüngen, Gesten. Erwähnt Zutaten wie Melanzani, die Sesamcreme Tahina, Pitabrot, grüne Chilisauce, Eier − „in sehr nervöser Manier geschnitten, wie Kokain“ − und Paradeiser, die (so die Kurzfassung) mit einem Vitamix schaumig püriert werden, außerdem fallen die Worte Welle, einfrieren, schütteln. „Das ist alles“, sagt er erschöpft und wirft den Kopf zurück. Jetzt heißt es posieren. „Ein gemeinsames Foto! Großartig! Mit Schnaps!“

DER ANLASS

Österreich und Israel feiern das 60-jährige Bestehen ihrer diplomatischen Beziehungen. 1949 erkannte Österreich Israel nach dessen Staatsgründung 1948 an. 1956, also vor 60 Jahren, wurden die österreichische und die israelische Vertretung zu Gesandtschaften aufgewertet. 1959 folgte der Botschaftsstatus. Anlässlich des Jubiläums kochen der israelische Gastronom und Masterchef-Juror Eyal Shani und der österreichische Haubenkoch Christian Domschitz gemeinsam.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.