Brautjungfern-Vertrag: Wer zunimmt, fliegt hinaus

Alle in Einheitskleidung und daher bitte nicht zu dick – die Anforderungen an Brautjungfern steigen bei manchen Brautpaaren in den USA.
Alle in Einheitskleidung und daher bitte nicht zu dick – die Anforderungen an Brautjungfern steigen bei manchen Brautpaaren in den USA.(c) Ben Cawthra / Eyevine / picturedesk.com
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In den USA müssen Brautjungfern immer öfter Verträge unterschreiben, in denen sie versprechen, nicht zuzunehmen und sich gut zu benehmen. Das ist lächerlich, aber gültig.

Am Valentinstag wird es für viele passieren. Nach Weihnachten und Silvester liegt der 14. Februar auf Platz drei der beliebtesten Tage für Heiratsanträge. Sobald die wichtige Frage mit Ja beantwortet ist, kann sie beginnen, die Hochzeitsplanung. Wobei die in den USA zunehmend seltsame Züge annimmt. Neuester Höhepunkt in Sachen Hochzeitstyrannei sind die sogenannten Bridesmaids Contracts – Verträge, in denen sich die angehenden Brautjungfern schriftlich verpflichten, den Wünschen der Braut in allen Punkten zu entsprechen.

Was das für Wünsche sein können, zeigen die inzwischen immer zahlreicher durch das Netz geisternden Vordrucke: Wer die oft rosa umrankten Dokumente unterschreibt, verpflichtet sich etwa „nicht mehr als 3,5 Kilo bis zur Hochzeit zuzunehmen“, „Haarschnitt und -farbe nicht ohne Rücksprache mit der Braut drastisch zu verändern“, „im Vorfeld der Hochzeit besonderen Wert auf die Pflege von Haaren, Haut und Nägeln zu legen“ sowie „ein Kleid nach Wahl der Braut zu tragen“.

Aber auch das erwartete Benehmen wird festgeschrieben. Da darf man etwa „nicht mehr als zehn alkoholische Getränke konsumieren“, man muss „eine angemessene Begleitung mitbringen“, und auf gar keinen Fall dürfe man „unangemessen mit männlichen Gästen flirten“. Dafür soll man für Braut und Bräutigam den Stimmungsmacher mimen. Die Brautjungfer habe „während der ganzen Feier fröhlich und positiv zu sein“ und dürfte – was sich eigentlich von selbst verstehen sollte – „in keiner Weise versuchen, die Braut auszustechen“.

Aufregung in Hochzeitsforen

Solche Verträge mögen auf den ersten Blick eher lustig wirken, ernst nehmen sollte man sie trotzdem. Inzwischen gibt es erste Klagen, die in sozialen Medien und Hochzeitsblogs für Aufregung sorgen. Dort wird von einer Braut berichtet, die ihre Brautjungfer verklagte, weil diese zugenommen hatte – und daher nicht mehr in das Kleid passte. Sie habe damit die Hochzeitsbilder ruiniert, lautete der Vorwurf. Das wollte eine andere Braut gleich verhindern, indem sie die fülliger gewordene Brautjungfer kurzerhand am Morgen der Hochzeit von der Feier ausschloss. Weshalb die Brautjungfer ihrerseits das Geld für Flug und Unterkunft zum exotischen Ort der Trauung zurückhaben wollte.

Entscheidung vor Gericht

„Grundsätzlich handelt es sich beim Nichteinhalten einzelner Klauseln in solchen Verträgen um Vertragsbruch. Wenn ein solcher Vertragsbruch vorliegt, wird ein Richter dem Kläger oder Beklagten, der sich darauf beruft, auch recht geben“, erklärt der US-Anwalt Robert Schenk, Inhaber von Wedding Industry Law, einer auf Rechtsfragen rund um die Hochzeitsindustrie spezialisierten Kanzlei, im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“.

Die entscheidende Frage bei derartigen Verträgen sei daher, ob und wie der entstandene Schaden nachgewiesen werden könne. „Wenn die Braut behauptet, dass all ihre Hochzeitsbilder ruiniert seien, weil eine der Brautjungfern darauf eine Haarfarbe hat, die ihr nicht gefällt, wird ein Richter möglicherweise im Sinn der Klägerin auf Vertragsbruch entscheiden – den daraus resultierenden Schaden aber vielleicht mit einem Dollar festlegen.“

Sind allerdings wirkliche Kosten wie für die extra angefertigten Brautjungfernkleider – die in den USA zwar von der Braut ausgesucht, in den meisten Fällen aber von den Brautjungfern bezahlt werden – entstanden, kann es durchaus sein, dass die Summe erstattet werden muss. Grundsätzlich hält Schenk solche Verträge allerdings für vollkommen lächerlich: „Wenn eine Braut verlangt, einen solchen Vertrag zu unterschreiben, sagt das schon viel über die Beziehung aus.“

Das findet auch Jill Gordon, Hochzeitsplanerin und Inhaberin von Jill Gordon Celebrate in den als Hochzeitsdestination populären Hamptons: „Ich finde das erschütternd und rate jeder Brautjungfer, sich von einer Braut, die das verlangt, fernzuhalten.“ Allerdings spricht laut Anwalt Schenk nichts dagegen, in einer kurzen – nicht unterschriebenen – Zusammenfassung gewisse Dinge festzuhalten, die man sich von seiner Brautjungfer erwartet, etwa Pünktlichkeit. Immerhin werden in den USA durchschnittlich 25.000 Dollar in Hochzeiten investiert. Ebenfalls seit eh und je verbreitet seien Verträge, in denen sich die Bekleidungshäuser von den Brautjungfern unterschreiben lassen, dass sie die Anfertigung des Kleides, das die Braut für ihre Freundinnen aussucht, auch dann bezahlen, wenn es nicht ihrem persönlichen Geschmack entspricht.

Ein Zeichen, beliebt zu sein

Doch warum tun es sich so viele amerikanische Frauen überhaupt an, in pastellfarbenen Einheitskleidern, die ihnen in den allerseltensten Fällen gut zu Gesicht stehen, bei einer „Bridalparty“ (so wird die Gruppe an Brautjungfern genannt) teilzunehmen? „Es ist für viele ein Zeichen, beliebt zu sein und Freunde zu haben“, erklärt Hochzeitsplanerin Jill Gordon. „Manche jungen Frauen haben dann irgendwann 20 Bridesmaids-Kleider in ihrem Schrank hängen und sind stolz darauf.“ Tatsächlich würde die Zahl der Brautjungfern, die eine Braut um sich scharrt, laut Gordon, eher zu- als abnehmen. Was einerseits damit zu tun haben könne, dass Hochzeitsfotos mittlerweile eine wichtige Rolle in den sozialen Medien spielen – und nicht mehr nur schwer gerahmte Bilder auf dem Kaminsims sind. Andererseits auch am Alter der Bräute liegen. „Seit der Wirtschaftskrise sind die Brautpaare wieder deutlich jünger geworden. Vor 2008 wurde eher in den Dreißigern geheiratet, später waren die Paare oft in den Zwanzigern. Einer jungen Braut sind all diese Details rund um Brautjungfern und Fotos erfahrungsgemäß viel wichtiger als einer etwas reiferen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2017)

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