Pharrell Williams: „Wissenschaft war langweilig“

Pharrell Williams im Interview mit der „Presse am Sonntag“: „Als Frau auf die Welt zu kommen, ist auch heute noch eine Benachteiligung.“
Pharrell Williams im Interview mit der „Presse am Sonntag“: „Als Frau auf die Welt zu kommen, ist auch heute noch eine Benachteiligung.“(c) imago/Independent Photo Agency
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Schulbücher konnten die Begeisterung von Pharrell Williams für Raumfahrt noch nicht wecken. Das schafften später aber Science Channel und iPad. Sein aktueller Film, „Hidden Figures“, erzählt die Geschichte von drei schwarzen Frauen, die bei der Nasa Großes leisteten.

„Hidden Figures“ ist Ihr erster Film als Produzent. Warum gerade diese Geschichte?

Pharrell Williams: Ich konnte einfach nicht Nein sagen, denn bei diesem Film kam zu viel zusammen, wozu ich einen Bezug hatte und was mich interessierte. Zunächst einmal die Tatsache, dass hier drei Afroamerikanerinnen im Zentrum stehen. Wann kommt es schon einmal vor, dass ein Hollywood-Film von drei Frauen erzählt, noch dazu schwarzen? Außerdem arbeiteten die drei bei der Nasa – und ich bin schon seit meiner Kindheit fasziniert von Raumfahrt und vom Weltall. Und schließlich ereignete sich diese wahre Geschichte auch noch genau in dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin: Hampton Roads in Virginia. Zu viel, als dass ich mich an diesem Film nicht hätte beteiligen müssen.

Waren Sie mit der Geschichte vertraut?

Nicht wirklich, muss ich gestehen. Ich hatte die echte Katherine Johnson (die im Film von Taraji P. Henson gespielt wird, Anm. d. Redaktion) vor etlichen Jahren kurz bei einer Nasa-Wohltätigkeitsveranstaltung getroffen. Doch eigentlich wusste ich damals nichts über sie. Als ich nun meiner Mutter aufgeregt erzählte, was für ein Filmprojekt meine Produktionspartnerin für uns aufgetrieben hatte, meinte die nur: „Katherine Johnson? Das ist doch die nette Dame, die du damals kennengelernt hast!“ Es muss also Karma oder Kismet oder eine besonders schöne Fügung des Universums sein, die mir diesen Film in die Hände spielte.

Warum sind Sie selbst nicht Wissenschaftler geworden?

Weil Wissenschaft – zumindest in unseren damaligen Schulbüchern und in der Art und Weise, wie sie vermittelt wurde – einfach sterbenslangweilig war. Jenseits einer Faszination für das All wurde mein Interesse für Forschung und Wissenschaft erst in den letzten zehn bis zwölf Jahren geweckt. Und zwar dank des Senders Science Channel, der verdammt gut darin ist, auch noch die kompliziertesten Sachen zu erklären. Hätte es all diese Sendungen und iPads damals schon gegeben, würde die Sache heute anders aussehen.

Aber Filme mochten Sie damals schon?

Klar, und gern Science-Fiction. „Die unheimliche Begegnung der dritten Art“, „Krieg der Sterne“, „Raumschiff Enterprise“ – so etwas war genau mein Ding.

Um all das im Kino gesehen zu haben, sind Sie allerdings etwas zu jung . . .

Filme habe ich früher sowieso immer im Fernsehen gesehen. Für Kino hatten wir kein Geld. Umso besonderer ist es für mich heute, dass ich meinen Teil dazu beitragen kann, Filme auf die Leinwand zu bringen.

Wäre die Schauspielerei eine Option?

Oh nein, auf keinen Fall. Dazu bin ich viel zu sehr Kontrollfreak. Ich habe selbst so viel zu sagen, dass ich nicht weiß, ob ich besonders gut darin wäre, auch noch anderer Leute Worte in den Mund zu nehmen. Abgesehen davon muss man sich als Schauspieler richtig fallen lassen und womöglich sogar in einer Rolle verlieren. Ich glaube nicht, dass ich dazu bereit bin.

Dann noch einmal kurz zu den Themen des Films. Wie groß sind die Fortschritte, die seit den Zeiten, in denen „Hidden Figures“ spielt, erreicht wurden?

Natürlich gab es seither beträchtliche Veränderungen und Verbesserungen für afroamerikanische Frauen. Und ganz allgemein, was die Gleichberechtigung aller Frauen angeht. Aber man darf sich auch keine Illusionen darüber machen, dass immer noch ein langer Weg vor uns liegt, der beschritten werden muss. Als Frau auf die Welt zu kommen ist auch heute noch eine Benachteiligung.

Als schwarzer Mann dürften Sie ebenfalls Erfahrung mit Diskriminierung haben, oder?

Das kann man allerdings nicht im Geringsten vergleichen. Als Mann unterschätzt oder benachteiligt zu werden ist nicht annähernd das Gleiche wie als Frau, ganz gleich, welche Hautfarbe man hat. Klar habe ich Rassismus erlebt. Aber wenn ich etwas gut und richtig gemacht habe, dann wurde ich dafür zumindest immer gebührend gelobt. Davon können Frauen nicht zwangsläufig ausgehen. Selbst erfolgreiche Frauen, etwa im Musikgeschäft oder im Sport, bekommen selten den Respekt, der Männern auf dem gleichen Level entgegengebracht wird. Wenn weibliche Erfolgsgeschichten überhaupt erzählt werden, dann leider fast immer auf einem für Chauvinisten zurechtgestutzten Niveau.

Steckbrief

Pharrell Williams (43) stammt aus Virginia. Gemeinsam mit Chad Hugo gründete er das Hip-Hop- und Songwriterduo The Neptunes. Er schrieb Songs für zahlreiche Stars, darunter Beyoncé, Madonna und Justin Timberlake. „Hidden Figures“ ist sein erster Film als Produzent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2017)

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