Wie die Mode eine Lady machte

Prinzessin Diana tanzt mit Schauspieler John Travolta bei einer Party im Weißen Haus anno 1985. Gastgeber war US-Präsident Ronald Reagan.
Prinzessin Diana tanzt mit Schauspieler John Travolta bei einer Party im Weißen Haus anno 1985. Gastgeber war US-Präsident Ronald Reagan.(c) Pete Souza/Ronald Reagan Library
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In ihren Kleidungsstücken spiegelt sich die Wandlung von Lady Diana von der Biederkeit vom Land zur Königin der Herzen. Eine Ausstellung in London wird derzeit geradezu gestürmt.

In London kann man derzeit Originale von Michelangelo und Kandinsky in Sonderausstellungen sehen. Nicht, dass sie kein Interesse fänden – doch gestürmt wird etwas anderes: die Schau „Diana: Her Fashion Story“ im Kensington Palace westlich von Stadtzentrum und Buckingham Palace, die anhand von 25 Kleidungsstücken Dianas Werdegang nachzeichnet.

„Der Andrang übertrifft unsere Erwartungen“, sagt Gina Chahal vom Veranstalter zur „Presse am Sonntag“, „und wir sind auf Wochen ausverkauft.“ Daher soll die Ausstellung nun ein ganzes Jahr geöffnet bleiben. In ihr spiegelt sich, dass noch 20 Jahre nach dem Tod von Lady Diana, der einstigen Princess of Wales, mit 36 Jahren die Briten und die Welt von ihr fasziniert sind. „Sie ist auf eine Ebene gelangt mit Audrey Hepburn oder Jackie Kennedy“, sagt Ausstellungskuratorin Eleri Lynn: „Eine Modeikone, deren Stil nachgeahmt und geliebt wird.“

Die Schau macht auch bewusst, dass von Dianas ersten Auftritten als Verlobte von Prinz Charles am 24. Februar 1981 bis zu ihrem Unfalltod in der Nacht des 31. August 1997 in Paris nur 16 Jahre vergangen sind. In dieser kurzen Zeit wurde sie unsterblich. Ein wichtiges Element war dabei die Rolle, die sie spielte. Die Ausstellung dokumentiert, welch weiten Weg Diana dabei zurücklegte. Das erste Stück ist ein Ballkleid von 1979, das in seiner Biederkeit und Unattraktivität so fehl am Platz wirkt, wie sich die 19-jährige Diana Spencer gefühlt haben muss, als das Auge des Thronfolgers auf sie fiel.

Die Biedere vom Land. Obwohl sie aus einer der ältesten Familien des Landes kam (die in der Grafschaft Northamptonshire verwurzelten Spencers können ihren Stammbaum bis 1469 verfolgen), war die junge Diana sicher nicht glamourös. In diesen Kreisen ist man ländlich geprägt, denkt in Äonen, steht über Profanem wie Mode. „Manche sagen, sie hatte damals nur drei Kleidungsstücke: das Ballkleid von 1979, ein gutes Kleid und ein anständiges Paar Schuhe“, sagt Lynn. Den Rest borgte sich die damalige Kindergartenassistentin in London von ihren Mitbewohnerinnen.

Der erste Besuch bei einem Hofschneider ging schief: „Unsere Verkaufsleiterin war alles andere beeindruckt, als der nervöse Teenager auftauchte und an unseren Kleidern herumzufingern begann“, erinnert sich David Sassoon, der einer von Dianas Lieblingsdesignern und Vertrauten wurde. „Sie empfahl dem jungen Ding sehr bestimmt, sich bei Harrods umzusehen.“ Tatsächlich von der (noblen) Stange kam das blaue Verlobungskostüm, aber in Erinnerung blieb die rosa Bluse, mit der sie am selben Tag auf dem Cover der „Vogue“ zu sehen war. Die legendäre erste offizielle Aufnahme des jüngst verstorbenen Lord Snowdon ist ebenfalls in der Schau zu sehen, ebenso berühmte Fotos von Mario Testino. Diana blickt darauf so schüchtern, dass die Medien sie „Shy Di“ nannten.

Die längste Schärpe der Welt. Dabei verzauberte sie bereits die Massen: Die rosa Bluse nach ihrem Vorbild wurde millionenfach verkauft. Das Original war vom Designerpaar David und Elizabeth Emanuel, die von Diana auch den Auftrag für ihr Hochzeitskleid erhielten. Es wurde eines der berühmtesten Kleidungsstücke aller Zeiten, mit der längsten Schärpe der Welt und 10.000 Perlen bestickt. Diana sah darin so verloren aus, als ahnte sie schon, was ihr bevorstand.

Die Ausstellung führt den Besucher zu einem braunen Tweed-Kostüm, das sie bei der Hochzeitsreise am schottischen Königssitz Balmoral trug. Alle Lebensfreude war da bald getilgt, rasch wurde der 20-Jährigen klar, dass die Ehe mit dem 13 Jahre älteren Prinz Charles kein Märchen sein würde: „Seine Idee von Unterhaltung waren endlose Spaziergänge im Hochland, an deren Ende wir auf einer Bergspitze saßen und er mir aus [Carl Gustav] Jung vorlas“, berichtete Diana Jahre später.

Wie sie damit kämpfte, wie sie rebellierte, litt, aber auch, wie sie sich behauptete – für alles finden sich in der Ausstellung Beispiele. „Jedes Kleidungsstück ist eine kleine Biografie von ihr“, sagt Kuratorin Lynn. Das berühmte „Travolta-Kleid“, das sie bei einem Besuch in Washington Ende 1985 trug und in dem sie mit John Travolta bei einem wilden Tanz fotografiert wurde, ist ebenso zu sehen wie das perlenverzierte „Elvis Dress“ von 1989 oder die Hommage an Grace Kelly von 1987.

Aus Shy Di war „Dynasty Di“ geworden. Längst war sie die meistfotografierte Frau geworden, wusste durch ihr Aussehen und Auftreten zu kommunizieren. Di vertraute sich Meistern wie Viktor Edelstein und Catherine Walker an, ihr Vertrauen ging über die Mode hinaus. „Sie saß stundenlang bei uns im Studio“, erinnert sich Edelstein, der auch das Travolta-Dress schuf. „Es war wie eine Zuflucht für sie.“

Was nicht sagbar war, wusste Diana mit Kleidung auszudrücken. Sie trug als erste Royal in offizieller Funktion Hosen, lehnte die obligatorischen Handschuhe ab, setzte auf Farben, trug fast nie Hüte: „Man kann keine Kinder umarmen mit Hut auf dem Kopf“, sagte sie. Ihre Kleider hatten extra lange Schnitte, damit sie kamerawirksam niederknien konnte, um Kinder zu streicheln oder Aids-Kranken Zuspruch zu gewähren.

Das Rachekleid. Die Macht der Mode wusste sie einzusetzen, als die Ehe mit Charles öffentlich zerbrach. Am selben Abend im Juni 1994, als dieser im TV über sein Verhältnis mit Camilla sprach, erschien Di auf einer Party der Zeitschrift „Vanity Fair“ in einem so atemberaubenden Outfit von Christiana Stambolian, dass sie ihm die Show stahl. Das (sehr) kleine Schwarze ging als „Rachekleid“ in die Geschichte ein.

Nach dem Auszug aus dem Königshaus wurde aus der Prinzessin eine Lady. Sie widmete sich Wohltätigkeitsorganisationen, versteigerte Glamour-Stücke für gute Zwecke, trug „Business-Outfit“. Wieder war der Schein die Wirklichkeit. Der Journalist Taki Theodoracopulos sagte: „Diana erlaubte es den Kleidern nie, sie zu tragen.“ ?

Info

Die Schau „Diana: Her Fashion Story“, im Rahmen derer ausgewählte Kleider als symbolische „Wegmarken“ des kurzen Lebens der Prinzessin gezeigt werden, läuft wahrscheinlich noch ein ganzes Jahr im Kensington-Palast in London.

www.hrp.org.uk

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2017)

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