Salzburgs neuer Stadtjäger braucht kein Gewehr

(c) Stadt Salzburg / Matthias Gruber
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Am Kapuzinerberg mitten in Salzburg lebt eine kleine Gämsenfamilie. Stadtjäger Manuel Kapeller ist seit Jänner für sie verantwortlich.

Er hat eines der ungewöhnlichsten Reviere in ganz Österreich: Der 23-jährige Pinzgauer Manuel Kapeller ist als Jäger für den Kapuzinerberg mitten in der Stadt Salzburg verantwortlich. Doch nicht nur die Lage des Reviers ist einzigartig, auch die Fauna hat eine Rarität zu bieten: Der Kapuzinerberg ist der Lebensraum einer kleinen Gämsenpopulation. Bei einem Spaziergang auf dem Berg plötzlich vor einer Gams zu stehen, hat schon so manchen Touristen in Erstaunen versetzt.

Seit Kapeller vor knapp drei Monaten das Amt des Stadtjägers übernommen hat, ist er vor allem mit dem Zählen beschäftigt. Sieben Gämsen hat er bisher gesichert beobachtet. „Es dürften aber wahrscheinlich elf bis zwölf Tiere sein“, schätzt er.

Die Gämsen sind zu dick

Noch etwas hat er festgestellt: Die Gämsen sind zu dick. Bis zu 40 Kilogramm sollte eine ausgewachsene weibliche Gams wiegen, ein Bock 50 Kilo. Die Tiere auf dem Kapuzinerberg haben fünf bis sechs Kilo zu viel, sagt Kapeller. Deshalb muss er sich bei den Tieren erst einmal unbeliebt machen: Sie wurden auf Diät gesetzt, „Futterumstellung“ nennt Kapeller das. Der Grund für das Übergewicht: Die Tiere laben sich lieber in den üppigen Gärten der Anrainer des Kapuzinerbergs, als das kargere Futterangebot im Wald zu nutzen. Durch das höhere Gewicht verlieren sie an Geschicklichkeit – die sonst so geübten Kletterer stürzen in den steilen Felswänden des nördlichen Teils des Kapuzinerbergs auch manchmal ab. Mit der Futterumstellung sollen die Tiere an ihr Normalgewicht herangeführt werden. Im Sommer erhalten sie in den Futterkrippen Heu, im Winter gibt es zusätzlich Laub und etwas Getreide.

Gen-Untersuchungen sind geplant

Der Pinzgauer hat in der Stadt Salzburg seinen Traumjob gefunden. „Mein Vater ist Jäger, er hat mich schon als Kind viel in den Wald mitgenommen“, erzählt er. Kapeller besuchte die Försterschule in Bruck an der Mur und legte dort auch die Jagdprüfung ab. Zwei Jahre arbeitete er als Förster bei der Bezirkshauptmannschaft Zell am See, danach im Holzhandel. Als in der Stadt Salzburg die Stelle eines Försters ausgeschrieben wurde, bewarb er sich – und bekam die Stelle. Er ist als Forst- und Jagdbehörde für die rund 1100 Hektar umfassenden Waldflächen im Stadtgebiet zuständig. Neben dem Kapuzinerberg sind das beispielsweise der Gaisberg, der Mönchsberg oder das Königswäldchen in Leopoldskron. Das Amt des Stadtjägers kam überraschend auf ihn zu, nachdem sein Vorgänger Josef Wieser, der sich 30 Jahre um die Gämsen gekümmert hatte, Ende 2016 gestorben war. „Mein Ziel ist die Erhaltung und Pflege dieser einzigartigen Population“, erzählt Kapeller. Noch ist er dabei, das rund 80 Hektar große Revier mitten in der Stadt genau kennenzulernen. Neben den Gämsen gibt es auch Dachse, Füchse, Marder, Eichhörnchen und viele Vögel am Kapuzinerberg. In Zusammenarbeit mit dem Zoo und dem Land Salzburg plant Kapeller genetische Untersuchungen an den Tieren. Er will feststellen, ob die abgeschottete Kolonie Blutauffrischung nötig hat.

Schließlich stammen die Stadtgämsen alle von einem Bock ab, der sich im Jahr 1948 auf den Kapuzinerberg verirrt und angesiedelt hatte. Unklar ist, ob er vom Untersberg oder vom nahe gelegenen Kühberg zugewandert ist. Vier Jahre später wurde dem einsamen Bock eine halbzahme Geiß aus der Steiermark zugeführt.

Gewehr braucht der neue Stadtjäger in seinem Revier übrigens keines. Die Gämsen am Berg werden gehegt und gepflegt, aber nicht geschossen. Aber das ist Kapeller ohnehin lieber.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2017)

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