Jason Blum: „Horror verträgt keine Stars“

Dreht Genrefilme mit –für Hollywoodverhältnisse –sehr kleinen Budgets und macht damit Milliarden: Produzent Jason Blum.
Dreht Genrefilme mit –für Hollywoodverhältnisse –sehr kleinen Budgets und macht damit Milliarden: Produzent Jason Blum.Chris Adkins / Action Press / picturedesk.com
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Der amerikanische Filmproduzent Jason Blum spricht über seinen neuen Film, „Get Out“, und sein selbst konzipiertes, einzigartiges Finanzierungssystem.

„Paranormal Activity“, „Sinister“, „The Purge“, „Insidious“, „The Visit“ – Jason Blum steckt mit seiner Produktionsfirma hinter den meisten erfolgreichen Horrorfilmen der vergangenen Jahre. Dabei arbeitet er immer nach demselben System: Die Filme werden extrem günstig (unter zehn Millionen Euro) produziert, indem die Crew nur Kollektivlöhne bekommt – bei einem Kassenerfolg winkt dafür eine Beteiligung am Gewinn. Durch das geringe Budget können Risken bei der Handlung und Machart eingegangen werden, die sich fast immer lohnen – auch bei seinem aktuellen Film „Get Out“, der seit Freitag im Kino läuft.

„Get Out“ war in den USA ein Sensationserfolg, selbst für Ihre Verhältnisse. Worauf führen Sie das zurück?

Jason Blum: Ich weiß auch nicht so genau, das hat uns alle überrascht. Aber ich denke, dass das Rassismusthema eine große Rolle gespielt hat. So einen Film gab es in den USA noch nicht.

Kann man damit wirklich punkten? Ist dieses Thema in den USA immer noch so präsent?

Präsenter denn je. Und durch die Trump-Regierung wird es nicht besser.


Glauben Sie, dass sich der Film auch außerhalb der USA durchsetzen kann?

Schwer zu sagen. Besonders großen Druck haben wir aber nicht, da wir mit kleinen Budgets arbeiten und auch einmal etwas wagen können. Das ist der Vorteil von Low-Budget-Filmen.


In Hollywood gibt es seit Jahren einen seltsamen Trend: Filme werden entweder sehr teuer oder sehr günstig produziert – wie Ihre Filme. Was ist mit der Mitte passiert? Warum werden kaum Filme mit einem Budget zwischen zehn und 50 Millionen Euro gemacht?

Diese Entwicklung fällt mir auch auf, und ich führe sie auf die gestiegene Bedeutung von TV-Serien zurück, mit denen extrem viel Geld zu verdienen ist. Stoffe, aus denen früher Filme mit einem mittleren Budget entstanden wären, verarbeiten die Produktionsfirmen heute zu sehr guten Serien.


Sie bezahlen Ihren Filmcrews zunächst kaum Geld, beteiligen sie dann aber am Gewinn. Müssen Sie um Regisseure buhlen, oder rennt man Ihnen die Bude ein?

Tatsächlich kommt beides vor. Manche muss ich überzeugen, andere hingegen denken nicht einmal darüber nach, bevor sie mein Angebot annehmen.

Abgesehen von der Bezahlung ist Ihr Angebot ja auch ziemlich verlockend. Der „Final Cut“, also das letzte Wort beim Schnitt, ist in Hollywood nicht gerade üblich.

Stimmt, aber ich kann einem Regisseur nicht sagen, dass er kein Geld bekommt und dafür auch noch auf den „Final Cut“ verzichten muss.


Ich muss mich im Übrigen korrigieren. Ihr Angebot ist auch in Sachen Bezahlung verlockend, denn bisher waren alle Ihre Filme kommerziell ausgesprochen erfolgreich.

Bisher schon, ja. (lacht)


Was ist eigentlich Ihre Rolle als Produzent?

Meine Hauptaufgabe ist die Unterstützung bei der Auswahl der Crew. Auch in anderen Bereichen wie etwa bei der Wahl der Drehorte mache ich Vorschläge. Manche Regisseure nehmen sie an, manche nicht. Beides ist mir recht.


Regie führen wollen Sie nicht?

Nein. Wenn ich Regie führen wollte, könnte ich das auch machen. Ich will nur nicht. Zu produzieren macht mir mehr Spaß. Und ich weiß, dass ich darin besser bin als im Inszenieren.

Warum beschränken Sie sich bei Ihrem Produktionssystem auf Horrorfilme? Interessieren Sie Komödien oder Dramen gar nicht?

Das würde nicht funktionieren. Für Komödien braucht es Stars, weil das Publikum am liebsten mit bekannten Schauspielern lacht. Und Stars sind teuer. Dramen haben sich wie gesagt ins Fernsehen verlagert. Horrorfilme sind für mein System perfekt, weil sie Stars gar nicht vertragen. Es gäbe ein Identifikationsproblem mit Stars, die man aus anderen Filmen kennt. Mit Stars zu lachen, liebt das Publikum, sich mit ihnen zu fürchten, nicht.


In Österreich gibt es derzeit eine Debatte darüber, ob es bei der Filmförderung eine Art Quote geben soll, um Filmemacherinnen zu fördern. Was halten Sie davon?

Werden in Österreich Filme mit öffentlichen Geldern realisiert?

Ja, zum allergrößten Teil.

Dann bin ich für eine Quote. Wenn es nicht anders funktioniert, braucht es das. In den USA hingegen, wo Filme fast ausschließlich privat finanziert werden, wäre eine Quote nicht sinnvoll.

Steckbrief

1969 wurde Jason Blum in Los Angeles geboren. Er wuchs in New York City auf, studierte an der renommierten Hochschule Vassar College und begann nach diversen Stationen in der Filmbranche eine Karriere als Produzent.

2007 inspirierte ihn der Erfolg von „Paranormal Activity“ dazu, günstige Horrorfilme mit unorthodoxen Plots zu produzieren. So entstanden Kassenhits wie „Sinister“, „The Purge“ und „Insidious“. Auch sein aktueller Film, „Get Out“, ging in den USA durch die Decke.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2017)

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