Film: „Es sind Menschen, keine Helden“

Die Zukunft ist besser als ihr Ruf
Die Zukunft ist besser als ihr Ruf(c) Michele Pauty
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In „Die Zukunft ist besser als ihr Ruf“ porträtieren vier Regisseure Menschen, die Krisen und Ohnmachtsgefühlen mit Optimismus begegnen.

Architektin Anna Heringer hat sich auf Lehmbau spezialisiert – als Alternative zum Zement mit seiner verheerenden Klimabilanz. Rita Trattnig lädt willkürlich im Melderegister ausgewählte Menschen zu „BürgerInnen-Räten“, um politische Gemeinsamkeiten zu finden, und Judith Schachinger hat das Netzwerk „Speiselokal“ mitbegründet, bei dem man sich sein Gemüse beim lokalen Bauern bestellen kann. Alle drei sind neuerdings auch Protagonisten eines Kinofilms. Titel: „Die Zukunft ist besser als ihr Ruf.“

Die Idee zum Film entstand rund um Nikolaus Geyrhalter („Unser täglich Brot“). Der Gedanke sei gewesen, den vielen Krisenschlagzeilen (ob zu Finanz-, Wirtschafts- oder Flüchtlingskrise) und der Angst, dem Ohnmachtsgefühl vieler Bürger etwas Optimistisches entgegenzusetzen, sagt Gabi Schweiger, eine der vier Regisseurinnen. Und „Menschen zu porträtieren, die etwas Sinnvolles tun, aber die keine Helden sind.“ Man dürfe nicht gleich denken, „das schaff ich nie“.

Nicht zuletzt deshalb sollten die Porträtierten durchaus aus dem eigenen Umfeld der Regisseure stammen. Als „Experiment mit offenem Ausgang“ sei das Projekt angelegt gewesen, sechs von 15 Episoden verschiedener Filmemacher sind letztlich in der Kinoversion gelandet, die diese Woche Premiere hat. Nüchtern, ohne Erklärstimme aus dem Off (und nicht übertrieben mit Spannungsbogen versehen), lässt der Film seine Protagonisten sprechen.

„Mosaiksteine ergeben ein Bild“

Da ist etwa die Burgenländerin Andrea Roschek, die zwei ihrer Töchter bei einem Autounfall verloren hat – und weiß, was es heißt, wenn man nach einem plötzlichen Schicksalsschlag aus der Leistungsgesellschaft fällt. Sie hat später die Pannonische Tafel gegründet, um überschüssige Lebensmittel weiterzuverteilen. Mehr noch, sagt Gabi Schweiger, habe sie aber Roscheks „Wohnzimmer“ begeistert, eine Art Gaststube, in der täglich gekocht wird und wo alle Arten von Entwurzelten und Heimatlosen willkommen sind. Eigentlich, sagt Schweiger, sei sie ja eher ein zynischer Mensch, „ich unterstelle anderen nicht automatisch Gutes, aber Andrea Roschek begegnet einfach allen, die zu ihr kommen, mit unglaublichem Respekt.“ Auch die anderen Regisseure haben Wesenszüge gefunden, die sie bewundern. „Wenn Judith vom Speiselokal eine Tomate in die Hand nimmt, hat man das Gefühl, sie riecht am teuersten Parfum der Welt“, sagt Nicole Scherg. „Wenn ich jetzt eine Tomate sehe, frage ich mich immer, wo sie gewachsen ist und welche Struktur sie zu mir gebracht hat.“

Gedreht wurde über vier Jahre hinweg. Gerade zuletzt, so die Wahrnehmung der Regisseure, habe sich das Gefühl zugespitzt, „dass Antworten dringend erwartet werden“. Die eine Antwort liefert freilich auch dieser Film nicht. Wenn man etwas herauslesen könne, dann, dass es „kleine Mosaiksteine sind, die ein neues Bild ergeben“. Dass es nicht das massentaugliche Projekt gebe, so Nicole Scherg. Und dass es unfair sei, dass wohlmeinende Projekte oft von vornherein strenger beurteilt würden als jene mit negativen Folgen, aber althergebrachtem Modell.

„Als müsste man alle Fragen schon im Vorhinein beantworten können“, klagt Niko Mayr. Letztlich, glaubt Teresa Distelberger, gehe es um Haltung: „Sich die Frage zu stellen: Was kann ich machen, ohne dass es negative Konsequenzen für andere Menschen oder spätere Generationen hat? Wir sind jedenfalls keine Generation, die ihren Enkeln später sagen kann, sie hätte von nichts gewusst.“

AUF EINEN BLICK

„Die Zukunft ist besser als ihr Ruf“ ist eine Dokumentation von Teresa Distelberger, Niko Mayr, Nicole Scherg und Gabi Schweiger. Sechs Protagonisten erzählen „von der Möglichkeit, den Lauf der Dinge selbst mitzugestalten“: Architektin Anna Heringer, Kulturhistoriker und Ökonom Walter Ötsch, Schriftsteller und Heimhelfer Andreas Renoldner, Andrea Roschek („Pannonische Tafel“), Judith Schachinger („Speiselokal“) und Rita Trattnigg, Expertin für partizipative Demokratie. Kinostart am 12. Mai, noch bis 17. Mai Bundesländertour.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2017)

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