Agentur für Influencer: „Es kommen viele Eltern zu uns“

Sandra Thier
Sandra Thier(c) Maria Trauer
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Sandra Thier betreut mit ihrer Agentur angehende YouTube-Stars. Ein Gespräch über erfolgreiche Videos und Eltern, die ihre Kinder unterstützen.

Immer mehr Eltern erzählen, dass ihre Kinder YouTube-Stars werden wollen. Kommen die dann zu Ihnen?

Sandra Thier: Der Hype um YouTube ist längst in Österreich angekommen. Es kommen viele Eltern mit ihren Söhnen und Töchtern zu uns und lassen sich beraten. Da sind Anwälte dabei, Unternehmensberater bis hin zu Familien mit Migrationshintergrund. Die sagen einfach: „Mein Kind macht das seit zwei Jahren, es wird immer intensiver, also unterstütze ich es.“

Was sagen Sie denen? Wie wird man erfolgreich auf YouTube?

Man braucht ein Konzept, eine Idee und Leidenschaft. Es kommen mittlerweile auch ältere Menschen zu uns, die sagen, sie wollen jetzt Videos über Lebenstipps drehen oder nur über Kräuter sprechen. Und das wird sicher noch deutlich zunehmen. Die Älteren brauchen mehr Unterstützung bei der Technik als die Jungen. Wir machen daher Workshops oder Moderationstrainings mit ihnen.

Woran hakt es bei den Jungen?

Man braucht einen langen Atem, um auf YouTube erfolgreich zu sein. Als Jugendlicher ist man vielleicht noch nicht so gefestigt und hat in einem Jahr schon wieder andere Interessen. Wer wirklich dranbleibt und fleißig ist, setzt sich durch. Die Plattform ist die zweitgrößte Suchmaschine der Welt, das heißt, YouTube merkt sich, wie oft ich etwas hochlade, das wird dann auch besser bewertet. Deswegen tun sich die Gamer mit ihren Videos auch leichter.

Was macht ein erfolgreiches Video aus?

Inhalt, Qualität und Quantität. Also wie schauen meine Thumbnails aus (das Vorschaubild jedes einzelnen Videos, Anm.), springe ich auf Trends auf? Wenn gerade der European Song Contest ist und ich ein Video zu dem Thema verfasse, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass das besser gereiht wird, weil viele Menschen nach dem Song Contest suchen. Man kann das alles sehr strategisch angehen. Joanna Zhou mit ihren Kanälen „Cute Life Hacks“ und „Maqaroon“, ist derzeit die erfolgreichste österreichische YouTuberin mit über 1,8 Million Abonnenten. Die 32-Jährige lebt in Linz, ist eine Top-Business-Frau und hat mit ihren Channels auch einmal bei null angefangen.

Gibt es Themen, die gar nicht mehr ziehen?

Kein Thema ist komplett abgefrühstückt, weil es immer auch um die Person geht. Wenn ich heute als Beautybloggerin starten will, dann muss ich mir einfach überlegen, wer ich bin und was mich besonders macht.

Womit verdienen YouTube-Stars oder Influencer, wie man sie auch nennt, Geld?

Es geht um drei Dinge: Kanal, Placement, Selbstvermarktung. Sieht man sich die Top Ten an, erkennt man, dass sie alle schon mit ihrem YouTube-Kanal sehr viel verdienen. Bei Product Placement und Kooperationen ist man sehr individuell gefragt. Wenn man dann noch seine eigenen Produkte wie Songs, Bücher oder eine Modelinie entwickeln kann, hat man es geschafft.

Genau das ärgert Eltern, dass ihre Kinder dieser Werbung ausgesetzt sind. Manchmal ist sie ja nicht einmal gut gekennzeichnet.

Das kann ich so nicht bestätigen. Jede Firma will, dass das gekennzeichnet ist. Das höchste Gut eines YouTubers ist seine Community und die geht, wenn man sich nicht fair verhält.

Aber auch mit Kennzeichnung ist die Macht groß. Das Duschgel von Deutschlands YouTube-Star Bibi verkauft sich auch hierzulande extrem gut.

Jede Zeit hat ihre Stars, als wir jünger waren, sind auch wir zu Konzerten gefahren und haben dort Poster und T-Shirts gekauft und alles, was die Promis in der Hand hielten. Da hat sich wenig geändert.

Gleichzeitig sind gerade YouTube-Stars sehr viel Hass im Netz ausgesetzt.

Hater muss man sich auch verdienen. Neider gibt es meist am Anfang in der Schule. Wenn man es zwei Jahre später geschafft hat, dann sind die weg. Grundsätzlich sagen wir immer, man sollte aufpassen, wie viel von seinem Privatleben man preisgeben möchte.

Wie funktioniert Ihr Geschäftsmodell?

Wir haben mittlerweile über 80 YouTuber unter Vertrag und ein Netzwerk gegründet. Wir organisieren Communitytreffen, Workshops, bieten ein Studio, das sie benutzen können und Experten, die von YouTube zertifiziert wurden. Die Beratung ist gratis. Wenn wir einen Job wie eine Kooperation vermitteln, dann wird ein normales Agenturhonorar verrechnet.

Was bringt die Zukunft?

Es wird noch mehr Expertenkanäle geben, Firmen werden YouTube noch besser nutzen. In Deutschland sieht man das schon, etwa beim Kochkanal von Edeka. Es wird noch viel bunter, ein Ende ist nicht absehbar.

Steckbrief

Sandra Thier wurde 1979 in der Steiermark geboren. Die heute 38-Jährige war lange Zeit Moderatorin und Journalistin bei Fernsehsendern wie ATV und RTL2.

2015 gründete sie mit Rudi Kobza die Agentur Diego5, mit der sie unter anderem angehende und bereits erfolgreiche YouTube-Stars berät. ?Maria Trauer

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2017)

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