Design: Ein Erbe namens Eames

Eames Demetrios bei Vitra in Wien mit den Plastic Chairs, die seinen Großeltern ab 1950 den ersten großen Erfolg verschafften.
Eames Demetrios bei Vitra in Wien mit den Plastic Chairs, die seinen Großeltern ab 1950 den ersten großen Erfolg verschafften.(c) Katharina Fröschl-Roßboth
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Eames Demetrios bewahrt das Erbe seiner berühmten Design-Großeltern. Und verfolgt weiter sein versponnenes, weltweites Storytelling-Projekt.

Zu früh für das Interview, zu spät für das Kaffeekränzchen, zu dem Vitra geladen hat – aber Eames Demetrios nimmt es nicht übel. Bei passender Gelegenheit unterbricht er seine Schilderungen bei Sachertorte, streckt die Hand aus. „Hi“, sagt er. „I'm Eames.“

Dass Design damit vergleichbar sei, ein guter Gastgeber zu sein, das ist einer der Sätze seiner berühmten Großeltern Ray und Charles Eames, die Demetrios gerne wiederholt. Als Regisseur, Filmemacher und Direktor des Eames Office wechselt er die Professionen wie die Hüte – heute trägt er letzteren. Demnächst eröffnet die große Eames-Ausstellung aus dem Londoner Barbican im deutschen Vitra-Museum, ergänzt um deren eigenes Material, das hat den Kalifornier nach Europa geführt. Wer sich für Design im Allgemeinen oder Eames im Speziellen interessiere, der werde Ähnliches „in den nächsten Jahrzehnten in Europa nicht wieder zu sehen bekommen“.

Als jüngster Enkel von Charles Eames, der einst mit seiner zweiten Frau Ray Klassiker wie den Plastic Chair oder den Lounge Chair schuf, hat er sich der Aufgabe verschrieben, ihr Erbe am Leben zu erhalten, sanft an neue Zeiten anzupassen – und dem Glauben entgegen zu wirken, Design sei etwas für Menschen mit Faible für extravagante, teure Stücke. „Wie Charles sagte: Wenn Sie einen Tisch decken, ist auch das Design. Design ist keine berufliche Fähigkeit, sondern eine fürs Leben.“ Eine, die Charles und Ray kultiviert hätten, auch in ihrer Rolle als liebevolle Großeltern, die die Enkel durch ihr Haus in Pacific Palisades strolchen ließen, wo sie gleichzeitig an Möbeln, Aquarien oder Filmen arbeiteten. „Jemand hat Charles einmal mit einem Schachgroßmeister verglichen, der von einer Station zur nächsten geht.“

Als er aufwuchs, seien die beiden freilich noch nicht wirklich berühmt gewesen, sagt Demetrios, Jahrgang 1962. Dass Namen wie Frank Gehry oder Zaha Hadid außerhalb ihrer Branche so bekannt sind, das sei etwas, das es erst seit den Siebzigern gibt. „Als Kinder dachten wir freilich schon, unsere Großeltern seien fantastisch – aber wir glaubten, dass das unser Geheimnis sei. Erst später haben wir herausgefunden, dass auch andere Leute so dachten.“ Ihm selbst wurde es erst im College klar, als in einem Kurs über Visual Studies in den Dias seines Professors das Eames House auftauchte.

Nach dem Tod seiner Großmutter interviewte er in hunderten Stunden Mitarbeiter, tauchte tief in die Archive, unter anderem die in Bezug auf Eames wohlausgestattete amerikanische Kongressbibliothek. „Ich wollte herausfinden, ob ich etwas beitragen könnte und mochte, und ich wollte sicherstellen, dass ich nicht generalisieren muss, wenn mich jemand etwas Spezifisches fragt.“ Eine Erfahrung, die er nicht missen möchte. „Wenn man sich in Wissen eingräbt, lernt man nicht nur Fakten, sondern Strukturelles, das einem anderswo wieder weiterhilft.“ Etwa in seinen Filmen, oder seinem unaussprechlichen, fantasievoll versponnenen Großprojekt. „Kcymaerxthaere“ – der Name setzt sich aus zwei Begriffen eines von ihm erfundenen Paralleluniversums zusammen – versteht sich als dreidimensionales Storytelling, bei dem „anders als bei Star Wars oder Jane Austen die Welt vor der Geschichte kommt“. Ziel sei, für Menschen auf der ganzen Welt ein analoges Erlebnis zu schaffen – mit Inschriften auf Steinplatten (auch auf dem Kahlenberg oder im niederösterreichischen Kautzen). „Ich hätte gern, dass die meisten Menschen mit einer Tagesfahrt eines erreichen können.“ 133 hat er schon, „wir brauchen noch acht Mal so viele.“

Zur Person

 Eames Demetrios wurde auf den Nachnamen seiner Großeltern Charles und Ray Eames getauft. Die beiden zählen mit ihren Möbeln, Filmen, Büchern, Ausstellungen und Medieninstallationen zu den wichtigsten Designern des 20. Jahrhunderts. Ihre Möbel werden für Europa von Vitra produziert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2017)

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