Slow Fashion im Schaufenster

Robert Hacksteiner und Andrea Blöschl setzen auf Nachhaltigkeit und eine Kombination aus Online- und Offline-Angebot.
Robert Hacksteiner und Andrea Blöschl setzen auf Nachhaltigkeit und eine Kombination aus Online- und Offline-Angebot.(c) Stanislav Jenis
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Robert Hacksteiner und Andrea Blöschl versuchen, in ihrer Boutique das "Besondere" anzubieten, egal, ob altes Handwerk oder Hightech-Material.

Taschen aus italienischem Büffelleder, mit einem Nebenprodukt aus der Olivenölproduktion gegerbt. Wollmäntel aus dem Burgenland. Geldbörsen aus Nussholz. Kaschmirschals, handgewebt von einer in Klagenfurt lebenden Italienerin, die in Udine mehrere Jahre lang in alter Webtradition ausgebildet wurde. Oder reflektierende Ketten von einer Architektin, die für ihren Schmuck mit den besonderen Lichteffekten kurzerhand zu Industriematerial gegriffen hat.

Mit dem „Besonderen“ werben ja viele gern, aber in Margareten ist es ein bisschen wahrer als anderswo. „Trendzeit“ heißt das Geschäft an der Ecke des Margaretner Schlossquadrats, das Robert Hacksteiner und Andrea Blöschl vor zwei Jahren gegründet haben – aus Eigenbedarf heraus. „Das, was wir wollten, hat es so nicht gegeben.“ Die beiden Betriebswirte, sie Controllerin, er Key Account Manager, lieben das Spezielle, hätten aber weder Zeit noch Lust gehabt, auf der Suche danach unzählige Geschäfte durchwühlen zu müssen. „Grundsätzlich gibt es die Dinge ja“, sagt Hacksteiner, „aber es ist nicht leicht, an sie heranzukommen, vor allem als Mann.“

Nun sind die beiden quasi beruflich ständig auf der Suche nach dem Ungewöhnlichen, nach (trotz des Namens Trendzeit) nachhaltiger Slow Fashion, die modisch, „aber auch in zehn Jahren noch tragbar ist“ – bei gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Am Freitag feierten sie mit einem Herbstfest ihr kleines Jubiläum – und nutzten die Gelegenheit, um ihren neuen Onlineshop zu präsentieren, der eigentlich keiner ist. Als „virtuelles Schaufenster“ verstehen die beiden ihr erneuertes Online-Angebot, bei dem man durch das Angebot schmökern, aber bewusst nicht bestellen kann.

Neue Online-Philosophie

Es sei eine Bilderwelt, erklärt Blöschl, in der man auf einen Klick mit ihr in Kontakt treten könne. In Zeiten, in denen sogar arrivierte Schauspielerinnen für Online-Mode werben und täglich Massen von Kleidungsstücken bestellt und wieder zurückgeschickt werden, „glauben wir, dass man Kleidung anprobieren muss“. Im Geschäft.

Die meisten ihrer Kunden hätten dasselbe Bedürfnis wie sie selbst: den Wunsch nach etwas Besonderem, „das es nicht überall gibt“, sagt Hacksteiner und nennt die Mariahilfer Straße mit ihren aufgefädelten Filialen großer Ketten als abschreckendes Beispiel. Das Besondere ist freilich in vielen Fällen das, was es womöglich nicht mehr lange gibt: etwa, weil Handwerksarten aussterben. Handgewebter Kaschmir etwa halte besser als jener aus der Maschine. „Aber oft ist den Kunden gar nicht bewusst, dass es etwas Besseres gäbe.“

Das Besondere kann aber auch das sein, worüber sich jemand viele präzise Gedanken gemacht hat. Das hölzerne Geldbörsel zum Beispiel, sagt er und zieht sein eigenes aus der Tasche, hätte keine Scharniere, weil diese allfälligen Schweiß schlecht vertragen. Stattdessen wird es mit Verbundmaterial aus der Autoindustrie zusammengehalten.

Dazu gibt es Hüte von einer Wiener Modistin (Raabenkind), etwa aus Kaninchenhaar, für Herren außerdem Hemden von Claus Tyler oder Lothar Daniel Bechtold, der auch Mäntel und Anzüge schneidert. Einige hängen im Geschäft, am liebsten nimmt der in Niederösterreich lebende Vorarlberger aber Maß – auch vor Ort in Margareten: Immer wieder sind die Designer hier zu Gast. Weberin Laura Roiatti (Label Laura Antonel) etwa wird Ende November in der Auslage weben.

Hergestellt werden alle Dinge in Österreich, respektive Europa, einzige Ausnahme ist das Schweizer Label Schreif. Das steht für Taschen aus alten LKW-Luftschläuchen und Leder, produziert nach Schweizer Design von einem Social Business in El Salvador.

AUF EINEN BLICK

Trendzeit heißt das Geschäft für Slow Fashion, das die Betriebswirte Robert Hacksteiner und Andrea Blöschl vor zwei Jahren in Margareten eröffnet haben. Sie bieten Mode und Accessoires für Damen und Herren von rund 40 Designern, die in Europa produzieren. In regelmäßigen Abständen laden sie zum Modebrunch, immer wieder sind Designer zu Gast, von 23. bis 25. November etwa die italienisch-kärntnerische Weberin Laura Antonel. Der neue Online-Auftritt dient als virtuelles Schaufenster. Margaretenstraße 79. www.trendzeit.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2017)

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