"Toleranz ist keine Fähigkeit der Linken"

Eine russische Komödie von 1878 – was will uns Alvis Hermanis damit sagen? „Wir wollen, ehrlich gesagt, bloß einen Theaterabend machen, an dem die tragischen und komischen Aspekte unserer Existenzen zugleich gezeigt werden.“
Eine russische Komödie von 1878 – was will uns Alvis Hermanis damit sagen? „Wir wollen, ehrlich gesagt, bloß einen Theaterabend machen, an dem die tragischen und komischen Aspekte unserer Existenzen zugleich gezeigt werden.“(c) Reinhard Maximilian Werner/ Burgtheater
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Interview. Der lettische Regisseur Alvis Hermanis inszeniert am Burgtheater Ostrowskijs Stück „Schlechte Partie“. Ein Gespräch über seine Lust am Altmodischen wie auch Experimentellen und die Unfähigkeit der Linken, tolerant zu sein.

Die Presse: Der Komödiendichter Alexander Nikolajewitsch Ostrowskij ist in Russland so berühmt wie Johann Nepomuk Nestroy in Wien. Wie schätzen Sie ihn ein?

Alvis Hermanis:
In der Geschichte des russischen Theaters ist Ostrowskij ohne Frage Dramatiker Nummer eins, der bedeutendste, zumindest bis Anton Tschechow. Mein Ehrgeiz bei der Inszenierung von „Schlechte Partie“ im Burgtheater war, dass ästhetisch wie stilistisch eine Aufführung gelingt, die diese alte Theatersprache imitiert. Auf Österreich umgelegt wäre das der Versuch, das Theater vor Max Reinhardt und dem Aufkommen des Modernismus zu beleben, den Pseudorealismus des 19. Jahrhunderts, ohne YouTube oder Video. Insofern stimmt der Vergleich mit Nestroy. Klassische Theatertexte haben einen bestimmten ästhetischen Kontext, den man nicht völlig ignorieren sollte, auch wenn man sie ins Heute transponiert. Weil ich eigentlich Schauspieler bin, denke ich da im Vergleich an den Originalklang in der Musik, den zum Beispiel Nikolaus Harnoncourt oder René Jacobs anstrebten.

In Ihrer Jugend herrschten die Sowjets, wie wichtig waren da Ostrowskijs Dramen?

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