Reife Jahre: Hollywoods "blühende Rosen"

Reife Jahre ndash erfolgreiche
Reife Jahre ndash erfolgreiche(c) REUTERS (DANNY MOLOSHOK)
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Manche Hollywood-Ladys, wie etwa Meryl Streep, sind immer da; viele müssen jung sein, um Erfolg zu haben - und einige werden erst spät bekannt. Patricia Clarkson ist eins der faszinierendsten Beispiele.

Inmitten von Hollywoods Hügeln bestimmt ein altes, böses Gesetz das Schicksal vieler weiblicher Stars: Wenn die schärfsten Skalpelle den Alterungsprozess nicht mehr kaschieren, dann heißt es „Goodbye Hauptrolle“ und für alle, die nicht nur hübsch, sondern auch begabt waren, „Willkommen Neben- oder Mutterrolle“. Doch während man deshalb nach Frauen wie Meg Ryan, Michelle Pfeiffer oder Helen Hunt einen Suchtrupp losschicken muss, um sie zu sehen, brechen andere jüngst leidenschaftlich das Gesetz – und machen ihre „reifen“ Jahre zu den erfolgreichsten.

Die 52-jährige Patricia Clarkson ist eins der faszinierendsten Beispiele unter den spät Erblühenden, weil sie sich nicht nur über Wasser hält, sondern mit steigendem Alter immer bekannter wird. Bescheiden beschreibt sie sich selbst als „blühende, nicht welkende Rose“. Ihr Film „Cairo Time“ ist der erste ihrer 20-jährigen Karriere, der sie explizit als Frau in der Hauptrolle hochleben lässt: Clarkson, in der wenig einfallsreich gewählten Rolle einer New Yorker Modejournalistin, will ihren im Ausland tätigen Mann zum Urlauben in Ägypten treffen. Sie trifft einen anderen, und das ziemlich ausführlich. Dabei badet der Film so sehr in Clarksons Reizen, dass so mancher den Inhalt vermisst. Aber: Wenn Frau Clarkson lächelt, will man tiefer in den Sessel rutschen, milde grinsen und sich über alle wundern, die die Welt nicht für ausschließlich gut halten.

Dabei schwimmt die Amerikanerin spät auf der Erfolgswelle. Bisher kannte man sie entweder gar nicht, oder man kannte sie wegen Drehbuchschreiber Woody Allen: In „Vicky Christina Barcelona“ und „Whatever Works“ überzeugte sie schauspielerisch, verblasste aber neben Allens Lieblingsspielzeug, den ganz jungen Frauen. Clarksons Erklärung für den späten Ruhm wirkt, als wolle sie über das Thema nicht nachdenken – sie habe einfach bisher weniger Aufmerksamkeit bekommen: Sich so wie viele junge Kollegen Ruhm aufzubauen, der „auf nichts basiert“, habe sie nie gewollt. Was eine Schauspielerin wirklich sexy mache, sei „sich wieder und wieder vor der Kamera den Arsch aufzureißen und eine Reise zu seiner Rolle zu unternehmen“, so Clarkson in einem Interview mit dem Onlinemagazin „Salon“. Eine längere Reise zu einem Mann hat Clarkson indes nie unternommen. Nach wie vor unverheiratet spricht sie gerne mit rauchiger Stimme über ihre vielen „schönen Männergeschichten“, die sie noch bis zum 100.Geburtstag erleben wolle. Wenn sie das bis zum 100.Geburtstag so spielen lässt – nur zu.


Erfolg jenseits der Vierzig, das kennt auch die britische Schauspielerin Helena Bonham Carter. Spätestens seit dem Neujahrstag: Da wurde die 45-Jährige, vielen vor allem als Zauberin Bellatrix Lestrange in Harry-Potter-Verfilmungen bekannt, von der britischen Queen zum Commander of the Order of the British Empire ernannt.

Dass Träger dieses Titels nur eine Stufe vom Ritterstand trennt, interessiert außerhalb des Commonwealth vielleicht ein kleineres Publikum, doch für Bonham Carter schließt der Titel eine schillernde Periode ihrer langen Karriere ab: Nach der Oscar-Nominierung für ihre feinsinnige Darstellung von Queen Elizabeth in „The King's Speech“ stand die Londonerin erstmals richtig im Blitzlicht. Sogar die Modemarke Marc Jacobs engagierte sie 2011 für eine große Kampagne, obwohl (oder weil) Bonham Carter für ihren jugendlichen Stil bekannt ist, mit dem sie immer wieder provoziert. Zuletzt, als sie ihr auffällig schlichtes Samtkleid bei der Oscar-Verleihung 2011 gereizt damit erklärte, „die Filme, nicht die Kleider“ würdigen zu wollen.

Unkonventionell mag es Bonham Carter auch privat: So ist sie seit zehn Jahren mit US-Regisseur Tim Burton verheiratet, teilt aber nicht die Wohnung mit ihm. Das Paar besitzt zwei benachbarte Häuser im Londoner Nobelbezirk Belsize Park, was absurde Spekulationen (etwa über einen selbst gegrabenen Verbindungsgang) erregte. Im laufenden Jahr wird Bonham Carter etwa als lebende Tote in der Charles-Dickens-Verfilmung „Great Expectations“ zu sehen sein.

In einem Artikel über spät entdeckte Granden darf auch die raue Tilda Swinton nicht fehlen. Spätestens seit „I am Love“ wird auch sie immer öfter als Lady anstatt als eine androgyne Stilikone gesehen. Und das ist gut so, denn Swinton hat mehr zu bieten als asymmetrische Frisuren. Ihre fortgeschrittenen Berufsjahre sind auch für die 51-Jährige die erfolgreichsten. Heuer wird sie in „Moonrise Kingdom“ zu sehen sein – als Sozialarbeiterin mit einer Schwäche für Bruce Willis. Der wird am 19.März übrigens schon 57.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2012)

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