Boltenstern: „Ein Start-up mit 50 Jahren Geschichte“

Gehämmert. Im Fokus steht die Sven-BoltensternLuxuskollektion.
Gehämmert. Im Fokus steht die Sven-BoltensternLuxuskollektion.(c) Beigestellt
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Neue Visionen für ein etabliertes Schmuckunternehmen: Marie Boltenstern hat viel vor mit der von ihrem Vater, Sven, gegründeten Marke.

Viele werden beim Namen Boltenstern in erster Linie an das markante Gebäude an der nordwestlichen Begrenzung der Wiener Ringstraße denken: Den sogenannten Ringturm plante nämlich Erich Boltenstern Mitte der Fünfzigerjahre. Und während auch sein Sohn Erich jun. in die Architektur ging, machte sich dessen Bruder Sven Boltenstern ab den frühen Sechzigerjahren als Schmuckdesigner einen Namen. Nach Absolvieren einer Goldschmiedelehre gründete er eine kleine, feine Luxusmarke, mit der er um die Welt zog. Dass er seine Kollektionen – oft handelte es sich um sehr auffällige Einzelstücke mit Edelsteinunikaten, also echte Haute Joaillerie – an Orten wie Sankt Moritz, Monte Carlo und Palm Springs in temporären Verkaufssalons präsentierte, bescherte ihm bald eine prominente Kundenliste: die Karajans, Silvia von Schweden, die Herzogin von Windsor, Sean Connery, Roger Moore, Curd Jürgens sollen, bekommt man in der Firmenzentrale in Hietzing erzählt, bei ihm eingekauft haben.

Frischer Wind. Fast genau 50 Jahre nach Gründung der Marke „Sven Boltenstern“ soll nun aber frischer Wind durch das Familienunternehmen wehen. Unlängst rückte nämlich Sven Boltensterns Tochter Marie an die Firmenspitze vor, wo sie nun ihre eigene Vision umzusetzen beginnt. „Mein Vater kommt nach wie vor jeden Tag in die Werkstatt. Wir tauschen uns aus, er gibt mir Ratschläge und ist sehr unterstützend in diesem Übergangsprozess. Es soll aber definitiv so sein, dass jetzt die nächste Generation ihre Vision umsetzt“, so die Neo-Schmuckdesignerin.

Marie Boltenstern bringt freilich wertvolle Vorkenntnisse in diesen Bereich ein. Die 26-Jährige studierte in London und Berlin Architektur und spezialisierte sich konkret auf 3-D-Druck und computerbasierte Methoden. Dieses Know-how soll nun eine neue Anwendung finden: „In unsere Luxuslinie möchte ich meine 3-D-Expertise einbringen. Die Wachsmodelle für die Schmuckstücke werden mit dieser Technologie gedruckt. Die Kombination aus Hightech und Goldschmiede-Handwerk soll zum Alleinstellungsmerkmal der Marke werden.“ Durch die einfache Variierbarkeit der grundlegenden Modelle, die am Computer mit wenigen Handgriffen abgeändert werden können, soll es möglich sein, in Serie gefertigte Einzelstücke herzustellen: „Dem 3-D-Drucker ist es ja gleich, ob er tausend identische oder leicht unterschiedliche Modelle ausdruckt“, so die junge Frau mit einem Emergent-Technologies-Studienabschluss.

Von Hietzing nach Berlin. Das Atelier und die Werkstatt von Sven Boltenstern bleiben auch weiterhin in Wien, administrative Angelegenheiten sollen künftig aber verstärkt in Marie Boltensterns Hauptwohnsitz, Berlin, abgewickelt werden. „Berlin ist die ideale Stadt für ein kreatives Start-up; dort gibt es eine sehr lebendige und gute Szene. Alle wollen schnell vorwärtskommen, und das ist ansteckend.“ Auf den ersten Blick mag es befremden, wenn ein seit einem halben Jahrhundert existierendes Luxusunternehmen dasselbe Mascherl umgebunden bekommt wie innovationsgetriebene Marken, oft aus dem Hightech-Bereich. Genau in diesem Umfeld möchte sich Marie Boltenstern aber offenbar verorten, darum ist ihr auch der Aspekt des 3-D-Drucks so wichtig. „Ich sage immer, wir sind ein Start-up mit 50 Jahren Geschichte.“

Inspirationen findet Boltenstern oft in den Skizzenbüchern ihres Vaters; andererseits knüpft sie an ihre eigene Studienzeit an. „In meiner Entwicklung habe ich zunächst Abstand von der Arbeit meines Vaters genommen“, so Boltenstern. „Die 3-D-Entwürfe, die ich während meiner Ausbildung gemacht habe, waren oft von Formen der Natur inspiriert. Umso schöner ist es für mich zu sehen, dass auch viele der Entwürfe meines Vaters in diese Richtung gegangen sind und ich mich ihm unbewusst angenähert habe.“ Nicht nur aus diesem Grund wird die weitere Entwicklung dieses neu konfigurierten Schmucklabels für Beobachter spannend werden. Die Pläne von Marie Boltenstern machen jedenfalls ebenso wenig an der Schwelle von Wien halt, wie es jene ihres Vaters einst taten.

Tipp

Pop-up-Event. Am 16. und 17. Oktober präsentiert Marie Boltenstern ihre Visionen für das von ihrem Vater gegründete Label bei dem Event „Technology Meets Tradition“ im Park Hyatt (ganztags, Am Hof 2, 1010 Wien). Informationen auch auf www.boltenstern.com

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