Susanne Kölbli: „Das einzige No-Go ist schlechte Laune“

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Susanne Kölbli.(c) Beigestellt
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Susanne Kölbli, Creative Director von Thomas Sabo, über Amy Winehouse, antiken ­Navajo-Schmuck und das Gute an weißen Socken.

„Eine Vitrine? Ich würde sagen, die ganze Bude ist ein Kuriositätenkabinett!“ Susanne Kölbli lacht laut. „Mein Mann spricht immer von Altären.“ Altären, auf denen die Schmuckdesignerin jene Dinge anordnet, die sie auf der ganzen Welt zusammenkauft, vor allem auf Pariser Flohmärkten. Kölbli arbeitet als Creative Director bei Thomas Sabo nicht nur für eine Marke, die vor allem für ihre Charms, also Sammelschmuck, bekannt ist; sie ist auch selbst eine Sammlerin. Sicher, die Aussage „Inspirationen finde ich vor allem auf Flohmärkten“ ist der Standardsatz bei Interviews mit Schmuckdesignern schlechthin. Susanne Kölbli nimmt man diesen Satz aber tatsächlich ab. Nicht nur, weil ihn ihre Kollektionen für Thomas Sabo widerspiegeln – sowohl in der bisweilen antikisierenden Formensprache als auch in der schieren Breite des Œuvres. Sondern auch, weil Kölbli dazu einiges zu sagen hat. Am Flohmarkt reize sie vor allem das Ungewisse. „Wenn ich morgens losziehe, weiß ich nie, was mich erwartet. Wenn man Kleider kaufen geht, weiß man ungefähr, was man bekommt, was es alles geben kann. Aber nicht auf Flohmärkten. Da ist absolut alles möglich.“ Susanne Kölbli liebt auch die Idee des Cabinet de curiosités: „Ungewöhnliche Dinge, die Menschen, die zu fremden Welten Zutritt hatten, für andere gesammelt haben. Dinge, für die auch eigens Möbel kreiert wurden. Diese Kultur des Sammelns und Zusammenfügens, dieses Eklektizistische finde ich wahnsinnig spannend.“

Sterlingsilber. Der „Hand der Fatima“-Anhänger spiegelt Susanne Kölblis Reiselust wider.
Sterlingsilber. Der „Hand der Fatima“-Anhänger spiegelt Susanne Kölblis Reiselust wider.(c) Beigestellt

Kulturelle Auseinandersetzung. Susanne Kölbli, in Heidelberg geboren und ursprünglich Grafikdesignerin, ist schon seit 1992 Creative Director des Silberschmucklabels Thomas Sabo. Eine außergewöhnlich lange Zeit, in der sie und der Österreicher Sabo gemeinsam das Bild der Marke formen konnten. „Sein Rebel und mein Heart“, spielt sie auf die Kollektion „Rebel at Heart“ an, die sie als typisch für den Rockmusikfan Thomas Sabo empfindet. Aber auch Susanne Kölblis Leben ist in der Schmuckmarke abzulesen: Die „Karma“-Kollektion etwa zeigt ihre Beschäftigung mit dem Buddhismus und dem Hinduismus seit circa drei Jahren. „Wenn man solche Themen angeht, muss man sich wirklich damit auseinandersetzen. Es wäre fatal, würde man an der Oberfläche bleiben. Auch wenn ich jetzt nicht zur Buddhistin werde oder zur Esoterikerin, aber es muss den Schmuckstücken ein Prozess vorausgehen.“

Kölbli hat nicht nur ein Faible für die Kulturen des indischen Subkontinents, sondern auch für jene der Ureinwohner Nordamerikas. Sie sammelt antiken Navajo- und Zuni-Schmuck, ebenso übrigens wie auch Ralph Lauren, der bei derselben Frankfurter Galerie kauft wie Kölbli. Weitere Vorbilder in Sachen Schmuck sind Victoire Castellan von Dior sowie der Italiener Fulco di Verdura, der für Coco Chanel etwa den berühmten Malteserkreuz-Armreif entworfen hat, „plakative Schmuckstücke mit unheimlich tollem Farbgefühl, mit Farbsteinen. Das sind Juwelen!“ Vermisst Susanne Kölbli, die sich aufgrund der Thomas-Sabo-Markenidentität materialtechnisch innerhalb gewisser Rahmen bewegt, diese Opulenz? „Nein, ich vermisse das nicht. Das machen eben andere. Wir haben im Silberschmuck eine solche Virtuosität erreicht, dass das einfach unsere Spezialität ist. Und ich kann mir ein solches Schmuckstück ja durchaus einmal von jemand anderem kaufen. Man muss ja nicht alles selbst machen!“

No-Gos als Trend von morgen. Könnte sich Susanne Kölbli aussuchen, für wen konkret sie ein Schmuckstück entwerfen könnte, wären das zwei Frauen – „die eine ist aber schon tot: Amy Winehouse und Vanessa Paradis“. An Winehouse fasziniere sie der Widerspruch zwischen außen und innen, „eine Frau, die eigentlich nicht hübsch ist, aber sich zur Ikone stilisiert hat, eine Frau, die nach außen sehr plakativ ist, um den sehr sanften Kern zu verbergen“. Eine Persönlichkeit, die sich gut in Schmuck fassen lässt: Für Amy Winehouse schwebt Kölbli ein Herz vor, „ein ausgefallenes in Tattoo-Optik, nicht filigran. Eher ein Schutzpanzer – auch vom Gedanken her“. Und Vanessa Paradis? „Das ist ein Frauentyp, den ich einfach mag. Etwas boho, lässig-rebellig, ungekünstelt und trotz Mutterdaseins immer noch ein Mädchen. Und mit einer tollen Zahnlücke natürlich!“ Kölbli ruft mit einem Lachen ihre eigene Zahnlücke in Erinnerung. Für Vanessa Paradis stellt sich die Thomas-Sabo-Designerin indes ein „zartes indisches Gespinst“ vor.

Schlicht. Armband aus Sterlingsilber, rosévergoldet mit silberbedampftem Nylon.
Schlicht. Armband aus Sterlingsilber, rosévergoldet mit silberbedampftem Nylon.(c) Beigestellt

Dieses dürfte die französische Schauspielerin und Sängerin übrigens kombinieren, wie es ihr beliebt, wenn es nach Kölbli geht. Denn No-Gos gibt es für die Schmuckdesignerin nicht. „Wenn sich die Trägerin mit etwas wohlfühlt, gibt es kein No-Go. Es gibt nur ein No-Go, und das ist schlechte Laune und Mundwinkel nach unten.“ Wenn ein Schmuckstück der Trägerin (oder dem Träger, denn auch Vanessa Paradis’ Exmann Johnny Depp und der Dalai-Lama stehen auf der Liste der Kölbli’schen Bespoke-Schmuck-Kandidaten) Sicherheit gibt, „dann ist das gut und zu akzeptieren“. Zu Stilsünden meint Kölbli: „Es gibt vielleicht eine Zeit, da sagt man, das geht gar nicht, aber das kann fünf Jahre später ganz anders sein. Man sagt, weiße Socken sind bäh, aber drei Tage später sind sie in der Prada-Anzeige. Alles zu seiner Zeit. Wenn man sich die Blogger, den Streetstyle ansieht, dann basiert das doch alles auf No-Gos! Das angebliche No-Go ist der Trend von morgen.“

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