Das Badezimmer von Prenzlauer Berg

Eigentlich ist es ein Hallenbad, neuerdings auch ein Hotel: Im jüngst wiedereröffneten Stadtbad der Berliner Oderberger Straße wusch sich einst ein ganzes Viertel.

Für ambitionierte Schwimmer ist dieser Pool mit seinen 20 Metern Länge und zwölf Metern Breite vielleicht nicht die allererste Adresse. Dafür sind die Ästheten unter den Schwimmern, also jene, die es beim Baden gern schön haben, hier richtig. Mit seiner Galerie und den Fensterbögen, mit dem Deckengewölbe, das sich im Wasser spiegelt, sieht das Stadtbad Prenzlauer Berg wie eine Kirche aus wenn auch eine zum Baden, nicht zum Beten.

Vor Kurzem hat dieses über hundert Jahre alte Hallenbad im ehemaligen Osten Berlins, in der Oderberger Straße, wieder geöffnet. Nach einer fast dreißigjährigen Trockenzeit. Den Zweiten Weltkrieg hat das Neorenaissance-Gebäude, entworfen von dem Architekten Ludwig Hofmann, zwar noch ohne größere Schäden überstanden. Aber dann wurde ihm ein Baufehler zum Verhängnis. Um die Heizanlage zu verbessern, wurde Mitte der 1980er-Jahre ein Schornstein aus Beton angebaut, 40 Meter hoch. Dessen Gewicht brachte die Statik durcheinander und verursachte Risse in der Decke und im Beckenboden. Am 11. Dezember 1986 musste das Bad aus Sicherheitsgründen schließen.

Briketts mitbringen!

Für die Sanierungspläne der DDR war nicht mehr genug Zeit, und nach der Wende scheiterten etliche Versuche, das Haus wiederzubeleben, meist am Geld. Im Jahr 2011 wurde es an die Unternehmerin Barbara Jaeschke verkauft, die auf dem Nachbargrundstück eine Sprachschule führt und die Volksvertretung im Bezirk mit ihrem Konzept überzeugt hatte: Ein Hotel sollte aus dem Gebäude werden, mit dem alten Schwimmbecken als Herzstück. Die Politik stellte nur eine Bedingung: Das Bad müsse auch für die Bevölkerung zugänglich sein. So wie früher, als es noch Volksbadeanstalt hieß.

Anfangs nämlich, nach der Eröffnung im Jahr 1902, waren die Leute weniger zum Schwimmen als zum Baden gekommen. Es gab hier, rund um das große Becken, etwa 200 Kabinen mit Badewannen, die von jenen Prenzlauerbergern konsultiert wurden, die in ihren Altbauten kein Badezimmer hatten. Und das waren nicht wenige. Nach dem Krieg mussten die Briketts für die Badeöfen selbst mitgebracht werden.

Bei der Wiedereröffnung Mitte Oktober war der Andrang groß. Viele der Besucher haben hier schwimmen gelernt, und für sie war der Rundgang eine Zeitreise in ihre Kindheit. Die Wannenbadkabinen sind mittlerweile freilich zu Fremdenzimmern geworden. Das Vier-Sterne-Hotel trägt den Namen der Straße Oderberger und beinhaltet auch eine Kaminbar, die Besucher mit ebenso guten wie heimtückischen Cocktails lockt. Im Frühjahr kommt dann noch, im ehemaligen Heizkraftwerk des Bades, ein Restaurant dazu.

Schauen oder schwimmen?

Die alten Zeiten sind im Haus noch spürbar und manchmal auch noch sichtbar. So dienen die Seifenschalen aus den Badekabinen jetzt als Ablage in einem Tagungszimmer. Teile der alten Badezimmertüren wurden in die Türen der Hotelzimmer eingearbeitet. Auch ein Safe wurde in der Umbauphase entdeckt und geöffnet. Geldscheine waren allerdings keine darin, nur kleine Packungen Shampoo, Restbestände aus der DDR.
Billig war der Umbau nicht: Die Sanierung verschlang 18 statt der veranschlagten zwölf Millionen Euro und dauerte zwei Jahre länger als geplant. Dafür hat die neue Eigentümerin eine Wette gegen Ex-Bürgermeister Klaus Wowereit gewonnen. Im Jahr 2012, als es losging, behauptete Barbara Jaeschke, dass das Stadtbad schneller fertig sein würde als der neue Flughafen Berlin-Brandenburg (BER). Über den Wetteinsatz ist nichts bekannt, aber in Schönefeld wird immer noch gebaut. Angeblich noch bis nächstes Jahr. Dann soll auch der Flughafen fertig sein. Man wird sehen.

Wowereit jedenfalls, dem man einst den Beinamen Party-Bürgermeister gegeben hat ("Berlin ist arm, aber sexy"), kann sich einstweilen in der Oderberger Straße amüsieren. Wenn nicht schwimmend, dann zumindest im Hallenbad, das auch für Veranstaltungen genutzt werden kann. Zu diesem Zweck wird der Beckenboden hochgefahren, während das Wasser durch Luken in ein zweites, darunter liegendes Becken entweicht. 800 Personen haben dann im Saal Platz.

Normalerweise wird dort, bei 24 Grad Wassertemperatur, aber gebadet. An fünf Tagen pro Woche ist der Swimmingpool von Prenzlauer Berg ein paar Stunden lang für die Allgemeinheit geöffnet, einmal vormittags, einmal abends (die Zeiten stehen auf der Website). Der Eintritt ist mit sechs Euro für zwei Stunden weit weg von gratis. Aber für alle, die gern schauen beim Schwimmen, zahlt sich das schon aus.

Badespaß.

An fünf Tagen die Woche ist das Bad stundenweise für alle offen, siehe www.hotel-oderberger.berlin/bad.

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