Die Küche als Naturgesetz

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Martin Steininger und Alberto Minotti reduzierten gemeinsam alles, was man für eine Küche braucht, auf die simple Form eines Würfels.

Alberto Minotti. „Minotti Cucine“ war seine Hausmarke. Nun designt er für Steininger.
Alberto Minotti. „Minotti Cucine“ war seine Hausmarke. Nun designt er für Steininger. (c) Beigestellt
Martin Steininger. Der Oberösterreicher designt Küchen, gestaltet  ganze Interieurs.
Martin Steininger. Der Oberösterreicher designt Küchen, gestaltet ganze Interieurs. (c) Beigestellt

Ganz große Fragen haben in der Küche Platz, nicht nur jene, die auf dem Speiseplan oder Einkaufszettel stehen. Nicht die Weltformel vielleicht, aber die geheimnisvolle Küchenformel, auf die sich alle anderen Phänotypen zurückführen und reduzieren lassen, das könnte das Thema gewesen sein, als der italienische Designer Alberto Minotti vor einiger Zeit in Oberösterreich war. Wiener Schnitzel kochte Martin Steininger für seinen Gast. Sonst mag er ja vor allem Pasta, erzählt dieser. Küchendesigner trifft Küchendesigner in der Küche. Klingt verschwörerisch.

Und tatsächlich: Steininger will seinem Namen, den bereits Beton- und Steinküchen tragen,  noch mehr internationalen Anspruch einmeißeln, in Form eines neuen Entwurfs. Die Eurocucina, die Küchenmesse, die parallel zum Salone del Mobile in Mailand zuletzt stattfand, war eine passende Gelegenheit dafür.

Weglassen als Kunst. „Ornamental zu sein, das ist eine einfache Übung, aber immer weiter zu reduzieren, das ist die schwierigste Aufgabe“, sagt Martin Steininger. Eine Mission, der er sich bereits seit Jahren verschrieben hat. Mit Alberto Minotti hat er nun einen Komplizen in puncto Weglassen gefunden. Der Küchen visuell all das nimmt, was sie nicht unbedingt brauchen, und ihnen trotzdem all das lässt, was sie sein müssen: funktionelle Werkstätten und Kommunikationszentralen im Lebensraum der Menschen, in dem es auch mal duften und angebrannt riechen darf.

Dort, an der archaischen Feuerstelle, mischen sich die Menschen und die Zutaten. Dort haben Minotti und Steininger einfach ein paar Blöcke hingewürfelt. Eingefasst in sechs Millimeter Steinplatten. Minimalistisch, ein Wort, das die PR-Maschinerie leichtfertig herausschießt, sagt Alberto Minotti, deshalb lässt er den Ausdruck nicht sofort zu, aber ja, na klar: „Rock“, so heißt der Entwurf, ist minimalistisch. So selbstverständlich und archaisch, als könne man alle anderen Skizzen, Vorstellungen und Entwürfe der Zukunft jetzt schon vorsorglich zerknüllen.

Wuchtig stehen die steinernen Inseln auf ihrer Bühne auf der Messe Eurocucina in Mailand. Fast so rätselhaft wie jene von Stonehenge. So geheimnisvoll gelandet scheinen sie dort wie der schwarze Monolith in Stanley Kubricks „2001, Odysee im Weltraum“.

„Für immer“, das ist der Anspruch der Küche, wenn ihn Minotti formuliert. Bis zu vier Küchenkuben, nur wenige Zentimeter voneinander getrennt. Unter der Steinoberfläche hat das Design all jene Funktionalität, die eine Küche braucht. Wenn Steininger erzählt, dann spricht er auch von Adolf Loos, von Donald Judd, von Künstlern, die das Weglassen praktizieren. Minotti formuliert es so: „Die Perfektion liegt in der Einfachheit.“

Und auch Platon darf dazu etwas sagen, vermittelt von Minotti: „Er hat gesagt: Kommt nicht her, Philosophie zu studieren, wenn ihr die Mathematik nicht beherrscht.“ Pure Geometrien, darauf sollte die Hardware der Gestaltung basieren: „Auch Häuser und Räume sind meistens Rechtecke. Und das ist gut so“, sagt Minotti. Die Software, mit der man die Häuser bespielt, die könne variieren: „Mit den Lampen, mit den Teppichen.“ Aber mit den wichtigen Dingen spielt man nicht, sagt Minotti.  

Zeitlose Küchenentwürfe.
Durch Einfachheit und Reduktion entziehen sich die Küchenentwürfe von Stei-ninger den Strömungen und Moden der Gestaltung. „Diese Formen altern nicht“, meint auch Minotti.
Seine Logik sieht das so: Was nicht vorhanden ist, kann sich auch mit den Stilen, Zeiten, Vorlieben gestalterisch spießen. Das Nichtvorhande, das Weggelassene passt eben am besten zu allem. „Unser Küchen sind so entworfen, dass sie die Zeiten überdauern“, sagt Martin Steiniger. 

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