Graft Architekten: Bauplan für eine bessere Welt

(c) Beigestellt
  • Drucken

Ein bisschen Star-Staub klebt auch an ihren Sakkos: Graft Architekten aus Berlin entwerfen für Brad Pitt und bauen auch ganz unglamourös in Afrika.

Popstars oder Weltverbesserer? Graft Architekten sind beides. Dass sie mit Brad Pitt befreundet und derzeit gern gesehene Gäste auf dem roten Teppich sind, ist für sie kein Nachteil. Ganz im Gegenteil. Aufmerksamkeit ist hilfreich, wenn sie sich vornehmen, mittels Architektur auch die Welt positiv zu verändern. Das „Schaufenster“ sprach mit Thomas Willemeit, Lars Krückeberg und Wolfram Putz in ihrem Berliner Büro über Solarkiosks in Afrika, Lifestyle mit Verantwortung, gestalterische Kreativität, Starfaktor und sozialen Wohnbau mit Designanspruch.

Herr Willemeit, Sie und Ihre Partner Wolfram Putz und Lars Krückeberg werden derzeit als Popstars der Architektur gefeiert.Wie lebt es sich als Prominenz?


Thomas Willemeit:
Diese Aufmerksamkeit erhalten wir ja wegen unserer Arbeit, daher empfinden wir den Hype als Kompliment, und wir freuen uns über die positive Wahrnehmung in der Öffentlichkeit.

Welches Publikum ist Ihnen wichtiger: die Experten oder die Medien?

Lars Krückeberg: Keiner von beiden, es sind die Nutzer. Also jene Menschen, die schlussendlich in einem unserer Gebäude leben. Preise von Fachjurys oder Experten sind natürlich auch wichtig; wir freuen uns auch über das tolle Ansehen, das wir in der breiten Öffentlichkeit genießen. Doch nichts geht über Anerkennung der Menschen, die täglich mit unseren Entwürfen leben.

Die Freundschaft und Zusammenarbeit mit Brad Pitt, der sich für nachhaltigen und sozialen Wohnbau engagiert, hat Ihnen viel Aufmerksamkeit eingebracht. Wie gut können Lifestyle und soziale Verantwortung miteinander?

Wolfram Putz: Wir glauben, dass beides gut zusammen geht. Um die Gesellschaft auf einen verantwortungsvollen Weg zu bringen, kann man ja nicht nur theoretische Schriften hinaustragen. Ein Hollywoodstar wie Brad Pitt ist für viele ein Vorbild; also warum sollte er nicht auf eine interessante und spannende Art und Weise Inhalte vermitteln, mit einer Portion Emotionalität, die wir gut gebrauchen können?

Sonnenkraft. Der Solarkiosk funktioniert energieautark als Treffpunkt.
Sonnenkraft. Der Solarkiosk funktioniert energieautark als Treffpunkt.(c) Beigestellt

Und wie sieht die Theorie der Architektur mit sozialer Verantwortung aus?

Willemeit: Es gibt für uns ein weites Feld von wichtigen Themen, von Energiebilanz bis zur Verwendung nachwachsender Baustoffe. Aber wir wollen auch Details und spezielle Themen verbessern, also auf der Welt aufbauen, wie sie jetzt ist. Als Architekten und Entwickler von Gebäuden können wir dabei auf Dinge wie Feinstaub- oder Co2- Belastung achten, auf giftige Klebstoffe und Farben oder auf umweltbelastende Baustoffe verzichten und vor allem auch die Menge der eingesetzten Materialien reduzieren.

Kann das Engagement von Hollywoodstars tatsächlich bewirken, dass nachhaltiger gebaut wird?

Krückeberg: Ein gutes Beispiel dazu ist das von Brad ins Leben gerufene „Make It Right“-Programm zum Wiederaufbau des 2005 vom Hurrikan Katrina zerstörten Wohngebiets in New Orleans. Dieses Low-Budget-Häuserprojekt ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Aus der Entwicklung, die zum Teil zu einer Forschungsarbeit avancierte, konnten viele wichtige Erkenntnisse zum Thema kostengünstiges Bauen gewonnen werden. Durch genaue Studien wurde etwa die Anzahl der verarbeiteten Nägel auf dreißig Prozent der herkömmlichen Menge gesenkt. Diese Erkenntnisse wurden bereits zum Vorbild vieler ähnlicher Bauten. Also ja, es werden bessere Häuser gebaut.

Ist die gestalterische Kreativität nicht eingeschränkt, sobald man auf umweltspezifische Faktoren Rücksicht nehmen muss?

Putz: Mit unserem Entwurf der Make-It-Right-Häuser wollten wir ebenfalls genau beweisen, dass energieeffiziente Lebensführung und nachhaltiges Design auch zu einem geringen Preis möglich sind. Günstige Bauweise muss keine Gestaltung aus der Retorte nach sich ziehen.

Willemeit: Warum Nachhaltigkeit erst jetzt ein Trend ist, verstehen wir nicht. Wir wollen die Welt zum Besseren verändern, das ist keine Floskel, sondern ein innerer Antrieb von Anbeginn an. Ganz einfach auch ein egoistischer, weil wir einmal auf das, was wir erschaffen, stolz sein möchten. Unsere Entwürfe sollen zu einer verbesserten Lebensqualität, zu Gesundheit und einer besseren Umwelt beitragen. Wenn diese Aspekte gerade im Trend liegen, dann ist das schön. Aber ich frage mich auch, warum es dann nach wie vor so wenige gute nachhaltige Konzepte gibt. Die Menschen scheinen darauf zu warten, das merken wir, weil alles, was wir zum Thema Nachhaltigkeit entwerfen, uns sprichwörtlich aus den Händen gerissen wird.

Low Budget. Häuser für das „Make It Right“-Projekt, initiiert von Brad Pitt.
Low Budget. Häuser für das „Make It Right“-Projekt, initiiert von Brad Pitt.(c) Beigestellt

Graft baut auch vermehrt in Afrika: Ein Kinderkrankenhaus in Äthiopien, ein „Low Cost Housing“-Projekt in Namibia und Solarkioske in Kenia und Tansania.

Krückeberg: Es gibt auf diesem Kontinent einfach viel zu tun. Der Solarkiosk, ein autarker Kiosk mit Solarzellenenergie, ist auch für uns ein ganz besonders spannendes Projekt. Bisher haben wir uns immer auf singuläre Bauten konzentriert, mit dem Kiosk produzieren wir nun eine Produktserie und können dadurch eine noch bessere und breitere Wirkung erzielen.

Putz: Kioske in Afrika sind soziale Treffpunkte. Unsere Solarkioske werden außerhalb der Städte aufgestellt und liefern Energie. Ein großes Problem in Afrika ist das Aufladen der Handys. Oft werden einfach Stromleitungen angezapft, was mitunter sehr gefährlich sein kann. An den Solarkiosken kann man Handys aufladen, verderbliche Waren oder Medikamente in einem Kühlschrank lagern, gemeinsam Musik hören, durch WLAN Kontakt zur Außenwelt aufnehmen, und durch das Licht wird es zudem auch nachts sicherer. Es werden auch kleine Solarlaternen für zu Hause zur Miete angeboten. Dadurch wird verhindert, dass die Menschen Kerosin oder Holz verbrennen, um nachts Licht in den Dörfern zu haben, was nicht nur umweltschädlich ist, sondern auch bereits viele Todesopfer zur Folge hatte.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.