Design: Hoch sollen die Genies leben

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Ein Italo-Amerikaner und ein Finne: Die Künstler und Designer Harry Bertoia und Tapio Wirkkala hätten heuer beide ihren hundertsten Geburtstag gefeiert.

Manchmal sind Menschen wie Billardkugeln: Wenn sie sich begegnen, verändern sich ihre Bahnen. Harry Bertoia kam mit 15 Jahren aus Italien in die USA. An der Cranbrook Academy lief er einigen späteren Berühmtheiten der Designwelt über den Weg: Eero Saarinen etwa oder auch Ray und Charles Eames. Das Paar holte Bertoia schließlich nach Kalifornien. Dort werkte er fleißig an ihren Möbelentwürfen mit. Doch, so wird erzählt, sah er seine Mitautorenschaft an den Objekten nicht ausreichend gewürdigt.

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Ein eigenes Studio zu haben, das ermöglichte ihm letztendlich eine andere Begegnung: jene mit Hans Knoll, dem Spross der Knoll-Möbelfamilie, die ursprünglich aus Stuttgart stammte (die Firma Walter Knoll produziert heute noch im Schwarzwald). Hans Knoll war in die USA emigriert, um sein eigenes Unternehmen zu gründen. Knoll und Bertoia, diese Kombination, sie begann im Jahr 1950, brannte sich in die Designgeschichte ein. Vor allem in Form eines Stuhls: dem „Diamond Chair“ (siehe Bild 1), den Knoll International noch immer, hundert Jahre nach Bertoias Geburt, in seinem Möbelprogramm führt. Für diesen Entwurf setzte Bertoia die Techniken und Erfahrungen ein, die er zuvor als Bildhauer gemacht hatte. So entstanden verschiedenste Versionen aus filigranem Metallgeflecht, zunächst in schwarz lackiertem Metall, später auch verchromt oder sogar mit abnehmbaren Pölstern.

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Skulptural. „Eine Skulptur aus Luft und Stahl“ hat Harry Bertoia seinen Entwurf selbst genannt. Der „Diamond Chair“ wurde ein Verkaufserfolg, aus demselben Gittergeflecht-Prinzip entstanden etwa auch eine Side Chair (Bild 2), ein Barhocker oder ein Kindersessel. Letztendlich ließen die Lizenzeinnahmen Bertoia wieder zu dem zurückkehren, dem er sich vor dem Design gewidmet hatte, der Bildhauerei und künstlerischen Werken, auf denen man nicht unbedingt sitzen muss oder auch gar nicht kann: Dazu gehören ebenso seine Klangskulpturen. Letztens widmete Knoll dem hundertsten Geburtstag in Mailand eine eigene Austellung: „Celebrate Harry Bertoia“ ließ seine experimentell-technischen Zugänge zu seinen Entwürfen mit hochleben, gestaltet hatte die Schau das Büro OMA von Rem Koolhaas, das inzwischen auch Möbel für Knoll entwirft.

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Einige Breitengrade weiter nördlich vom Geburtsort Bertoias, im finnischen Hanko, kam ein paar Monate später im Jahr 1915 Tapio Wirkkala zur Welt. Einer jener Künstler und Designer, die die Wahrnehmung und Wirkung finnischen Designs in der Welt bis heute entscheidend mitgeprägt haben. Er schuf Objekte, Alltagsgegenstände wie auch Schmuckstücke aus Glas, Porzellan, Holz und Silber. Allein für den finnischen Hersteller Iittala hatte er seit 1952 knapp 400 Glasobjekte entworfen. Zu seinen berühmtesten Entwürfen zählt „Ultima Thule“, die gestalterisch den harten nordischen Winter samt Eis zu einer Glasserie gefrieren ließ. Ab 1969 sind die Gläser auch in der Business-Class der Finn­air zwischen Helsinki und New York hin- und hergeflogen. Den hundertsten Ge­burts­tag Wirkkalas begeht Iittala mit einer Limited Edition davon, genauso wie mit einer Sonderedition von vier Schnapsgläsern aus den Jahren 1954, 1968, 1972 und 1980. Die mundgeblasenen Flaschen kehren in verschiedenen Farben von Kupferbraun bis Moosgrün in einer Geburtstagskollektion zurück, ursprünglich wurden sie bis 1968 produziert (Bild 4).

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Auch der finnische Möbelhersteller Artek zelebriert Wirkkalas Geburtstag: Der Entwurf der Hängeleuchte TW003 sowie der diamantenförmigen Glühbirne WIR waren Meilensteine im Leuchten-Design. Seit 2013 hat sie Artek wieder im Programm, dieses Jahr legt das Unternehmen die Glasschirme des Designers neu auf (Bild 3). 

Tipp

Die Sonderedition von vier Schnapsgläsern zum 100. Geburtstag Tapio Wirkkalas gibt es um 129 Euro im Finnshop, Siebensterngasse 17, 1070 Wien.

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