Die Zeit im Zeitgeist

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Jenseits von Handgelenk und Handydisplay: Obekte, die oft mehr zeigen als nur die Zeit.

Auf Uhren schaut man. Auf Uhren starrt man. Zumindest wenn sie genau dort hängen, stehen oder liegen, wo die Zeit nicht so recht vergehen will. In Schulklassen und Wartezimmern etwa. Oder in langen Gängen, die Menschen auf unerfreuliche Zimmer verteilen, auf dem Amt, im Krankenhaus. Im Grund müsste man auch gar nicht mehr auf die Uhr schauen. Man schaut ohnehin die ganze Zeit auf andere Dinge wie Handys oder DVD-Player, um die Zeit zu erfahren.

Deshalb ist es auch nicht gelogen, wenn jemand „Nobody needs a clock“ behauptet. Doch so etwas muss man sich auch erst mal selbstbewusst auf die Homepage schreiben, gleich unter dem Menüpunkt „Philosophy“, vor allem als Uhrenhersteller. Genau das haben die Niederländer Arno und Dennis Ruijzenaar und Designer Erwin Termannt aber getan. Sie erzählen gern Geschichten, noch lieber die eigene, wie die zum Namen ihres Labels: Leff bedeutet auf Niederländisch so viel wie „Grenzen ausloten“ oder „gegen den Strom schwimmen“. Deshalb machen sie auch Uhren seit 2011, selbst wenn keiner sie braucht. Aber haben wollen sollen die Menschen sie trotzdem. Deshalb lässt Leff auch renommierte Designer an die Zeiger und Uhrwerke.

Leff könnte man auch vom hebräischen Wort für Herz herleiten, meint das Dreiergründungsteam. Im Herzen Amsterdams, wo ihr Studio beheimatet ist, vergeben sie auch ihre Entwurfsaufträge an niederländische Desiger wie Richard Hutten und internationale wie Stefan Diez. Und diese kreieren dann Objekte, auf die man auch schaut, wenn man die Uhrzeit längst weiß. Das sind dann Keramikobjekte mit Zeigern aus Bambusholz etwa, wie bei der „Tile“-Serie. Man scheut auch nicht vor schwarzen Zeigern auf schwarzem Grund zurück. Schließlich ist die Uhr zu lesen ohnehin zur Nebensache geworden. Aber auch im Messingzylinder wie im Modell „Tube“ wirkt die Zeit gleich wieder so faszinierend und retrofuturistisch wie Kapitän Nemos Nautilus.

Zeitenwende. Die Zeiten sind vorbei, als man noch auf die Straße gehen musste, um zu wissen, wie spät es ist. Stichwort Wiener Würfeluhr. Oder auf den Stand der Sonne starren, um zu ahnen, ob man schon wieder zu spät kommt. Auch in den Schwarzwald muss niemand mehr, um Kuckucksuhren zu bekommen, zeitgemäße vor allem. Bevor die Wände wieder allzu nackt werden dank mangelnder Bildideen, liefern jetzt neue Kuckucksuhren die Motive für zu Hause.

Auch die Designer halfen mit, dass sich die Kuckucksuhren ganz schön weit von ihren Ursprüngen entfernt haben. Nicht nur geografisch, sondern vor allem gestalterisch. 25 Jahre lang hat auch das italienische Label Progetti aus der Lombardei konsequent daran gearbeitet, gemeinsam mit internationalen Kreativen wie etwa Karim Rashid. Entstanden sind dabei Uhren, die Wandschmuck sind. Oder auch Bilder, die ticken. Aber vor allem Objekte, die den Blick fangen und die Geschwindigkeit des Schauens drosseln. Damit man auch zu Hause wieder ein bisschen mehr Zeit zum Starren hat.

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