Vienna Design Week: Begegnungszonen

(c) Thomas Gobauer
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Die Vienna Design Week lässt Menschen und Design sanft aufeinanderprallen. Dort, wo man nicht immer hineinstolpert.

Eine Stadt wie Wien hat nun einmal viel außen. Viel Oberfläche und Oberflächliches. Asphalt, Beton,
Fassaden, gotische Türme und stählerne Räder, auf denen Gondeln schaukeln, rote Straßenbahnen und silberne Mistkübel. Und dann wäre da noch das Innenfutter Wiens: Darin haben über die Jahre Gestalter, Architekten und Designer ihre Ideen, Talente und Prinzipien mitverwoben. In Wiener Räumen, die man kennt, so aber noch nie gesehen hat. Oder in Räumlichkeiten, die man sich zum ersten Mal, meist staunend, erschließt. Den Zugang zur Tiefenstruktur der Stadt, zu kulturellen und gestalterischen Hintergründen, legt traditionell im Herbst ein Festival: die Vienna Design Week. Ausstellungen, Events, Präsentationen und Diskussionen öffnen Schlupflöcher in Gestaltungsterritorien, an denen man im Stadtalltag meist achtlos vorbeimaschiert. Egal, ob sie die Schauräume von Möbel-, Schmuck- und anderen Manufakturen sind, die Wiens Produktionskultur genauso wie traditionelles Handwerk pflegen. Oder ob man Design im Festivalformat „Stadtarbeit“ etwa als Werkzeug der Veränderung versteht, mit der sich soziale Kohäsion in der Stadt noch extra verleimen lässt.

Da haben etwa Designer so lang an der Vergangenheit gekratzt, bis sie ungewöhnliche Geschichten und Erkenntnisse freigelegt haben: Pia Plankensteiner, Sebastian Scholz und Jürgen Steineder beschäftigen sich in ihrem Projekt in der Gebietsbetreuung GB*10 mit dem Ziegel. Dem Baustoff, der die Landschaft Favoritens, dem heurigen Fokusbezirk, neu modellierte, den Ruf des Arbeiterbezirks festigte und Wien überhaupt erst zur Weltstadt werden ließ. Der Ziegelbau der Ankerbrotfabrik in Favoriten ist längst zur Begegnungszone transformiert, in der Menschen auf Kultur, Kunst und ihre Positionen treffen können. Sie fungiert in diesem Jahr als Festivalzentrale, als Anlaufstelle für Zuhörer, Mitdiskutanten und Designschaulustigen.

Nachdem Wien von der Weltstadt wieder in die Bedeutungslosigkeit zurückgebombt worden war, waren es die architektonischen Ikonen der Nachkriegsmoderne, an denen sich die Stadtidentität festkrallte: Die Wiener Stadthalle von Roland Rainer war eine von diesen. „Die unheimliche Klarheit und natürlich die Formensprache“ schätzt die Architektin Christa Stürzlinger beim Großmeister der österreichischen Nachkriegsarchitektur. Sie durfte in der Wiener Stadthalle jene Räumlichkeiten neu gestalten und zum Teil rückadaptieren, die das Attribut „Premium“ tragen. Während der Vienna Design Week werden sie für Interessierte geöffnet, genauso wie die Hintertüren in die Architekturgeschichte der Wiener Stadthalle samt seinen Kunstwerken und Designdetails. Einen ganz anderen Zugang schließt Designerin Julia Landsiedl auf: Das Projekt „Shopping Spotting“ erforscht die Artenvielfalt im Einkaufszentrum wie in „The Mall“ bei Wien Mitte und verschiebt so die Perspektive auf die Funktion eines urbanen Raums. Wahrscheinlich nicht der einzige Perspektivenwechsel, den die Vienna Design Week anstößt.

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