Spiegelglatte Schönheiten

Christine Hechinger rahmt ihre Spiegel mit neuem und altem Porzellan.
Christine Hechinger rahmt ihre Spiegel mit neuem und altem Porzellan.(c) Beigestellt
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Spiegel wirken Raumwunder: Eine Oberfläche mit mystischem Tiefgang, für die Designer die passenden Rahmen schaffen.

Der Spiegel ist ein schwieriges Terrain für Designer: Sobald er steht oder hängt, nimmt er den Raum in Beschlag. Zumindest wenn er eine bestimmte Größe hat. Noch dazu macht er mit den Geometrien, Linien und Formen, was er will, stellt sie auf den Kopf, dreht sie um die eigene Achse, erweitert den Blick, verdoppelt die Perspektive, wirft neues Licht in jede Ecke. Und dann noch das: Die Spiegelfläche ist nahezu undesignbar. Solange der Spiegel noch erfüllen muss, was er soll: die Aufgabe der Selbstbetrachtung. Mit der Schönheit der Form jene des Spiegelbildes unterstreichen. Die Spiegelfläche ist, was sie ist. Aber das gilt für manche Stühle schließlich auch. Zum Glück bleibt ja noch der Rahmen.

Selbstbetrachtung. Mathias Hahn entwarf den „Me Mirror“ für Asplund.
Selbstbetrachtung. Mathias Hahn entwarf den „Me Mirror“ für Asplund.(c) Beigestellt

Die österreichische Designerin Christine Hechinger umkreist ihre handgeschliffenen Spiegel gestalterisch mit einem Rahmen aus Porzellan. Für die „Mira“-Serie greift sie dabei auf die Anonymität von altem Tafelservice zurück. Sie wählt die Stücke, die den passenden Rahmen für die Spiegeloberfläche bilden, eine Referenz an vergangene Tischkultur, gekippt in die Vertikale, jedes Stück wird zum Unikat. Für eine neue Serie von „Mira“ allerdings bedient sich Hechinger auch der Objekte mit einem klaren Urheber: der Wiener Porzellanmanufaktur Feine Dinge. Den Rahmen bilden dabei die Porzellanteller der Linie „Alice“. Die Merkmale „handgefertigt“ und „Unikat“ zeichnen sich auch in den beabsichtigten Unregelmäßigkeiten des Porzellans ab, sowohl in der Form als auch in der Farbe.

Verdoppelung. Nina Mair hat den Spiegel „Cypris“ mit seinem tiefem Messingrahmen entworfen.
Verdoppelung. Nina Mair hat den Spiegel „Cypris“ mit seinem tiefem Messingrahmen entworfen.(c) Beigestellt

Eine andere Österreicherin ist in diesem Jahr schließlich endgültig in der internationalen Aufmerksamkeit gelandet: Wer auf dem Salone del Mobile, bei der Möbelmesse in Mailand, am Stand eines internationalen Ausstellers sein Produkt zeigen darf – von dem darf man das behaupten. Nina Mair aus Innsbruck entwarf den Spiegel „Cypris“. Und der Hersteller Classicon nahm den Entwurf in seine Kollektion auf. Die 1950er-Jahren klingen hier ästhetisch leise in die Gegenwart, nicht nur des Materials Messing wegen. Auch geschuldet dem Schwung, der den Rahmen dort von der Vertikalen in die Horizontale zieht, wo bei anderen Spiegeln die Ecken sind. Die ohnehin großzügige Tiefe des Rahmens dupliziert das Spiegelglas. Aber auch ohne visuelle Verdoppelung wäre der Rahmen breit genug, um Flakons und andere Dinge, die man gern im Angesicht des Spiegels verwendet, zu positionieren. Das Thema Schönheit spricht der Spiegel von Nina Mair außerdem explizit an: allein durch seinen Namen. Schließlich ist Cypris ein anderer Name für Aphrodite, die ja auch seit jeher für diese inhaltliche Ebene steht.

Augen auf. Schön, um sich schön zu machen: der Kosmetiktisch „Yves“ von Baxter.
Augen auf. Schön, um sich schön zu machen: der Kosmetiktisch „Yves“ von Baxter.(c) Beigestellt

Märchenhaft. Auch zur Architektur der Handlung in Märchen gehört der Spiegel. In Wohnräumen und Vorzimmern darf er ebenso eine zentrale Rolle spielen. Der japanische Designer und Architekt Tokujin Yoshioka hat für den italienischen Hersteller Lema das Modell „Mirage“ entworfen. Wie gut, dass Yoshioka sich seit Langem schon den Ruf erarbeitet hat, gern das Märchenhafte zu beschwören. Schließlich hat er schon Sessel aus Kristallen gestaltet und Fenster aus Regenbogenprismen. Der Spiegel „Mirage“ ist aus verschiedenen Segmenten komponiert, ein ausgeklügeltes Aufhängungssystem ermöglicht es, die einzelnen Teile individuell auszurichten, auf die Seite zu drehen und sie zu unterschiedlichen Strukturen zu verbinden. Dadurch spielt der Spiegel all das aus, was ihn so faszinierend macht: Er reflektiert Licht aus unterschiedlichen Richtungen und streut noch mehr davon zurück in verschiedene Ecken des Raumes.

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