Landschaftsplanung: Außenperspektiven

(c) Matthias Eberhart/Christine Pichler
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Oben freier Himmel, unten gute Ideen: Architekten und Designer gestalten das Draußen. Hier posieren sie in ihren eigenen Skizzen.

Vor ein paar Tausend Jahren war die Savanne die einzig relevante Landschaft für den Menschen – sie war auch die einzige, in der er gewohnt hat. Inzwischen lebt die Spezies auch ganz privat auf 30 Meter Höhe mit Rundumsicht auf das Stadtgebirge. Oder sie teilt sich einen Nachmittag lang ein paar Hektar Grünfläche samt Schaukel und Ententeich mit anderen. Von Savannenzeiten blieb den Mitteleuropäern nur das evolutionär einprogrammierte Faible für die Weite – das behaupten zumindest die Evolutionspsychologen. Und deshalb sagen sie auch noch heute auf hohen Türmen und Dachterrassen „Oh, wie schön“. Einen Satz, der Menschen aber auch auskommt bei ganz anderen Blicken, die geologische Kräfte, Vulkanausbrüche, Kontinentalverschiebungen und andere Gewalten da für uns arrangiert haben. Aber im Lauf der Geschichte hat allmählich der Mensch selbst die Aufgabe übernommen, die Akzente in der Landschaft zu setzen, sie zu zerfurchen, abzugraben, aufzuschütten, zu roden. Heute sind es eher kreative Menschen als Maschinen – Landschaftsarchitekten, -planer und -designer –, die jenen Teil der Welt nachhaltiger formen, der kein Dach hat.

Landschaften sind so groß wie die pannonische Tiefebene und noch viel größer, aber für die Designer oft so klein wie eine Dachterrasse, ein Hinter- oder Innenhof, ein Park, ein Vor- oder ein anderer Garten, ein Platz in der Stadt, ein Straßenraum. Landschaftsarchitektur und -design – da ist sie wieder, die Savanne – ist ein weites Feld. Und viel zu viele Hektar davon, meinen so einige, werden weniger den Ideen überlassen als dem Zufall und noch schlimmeren unsteuerbaren Gestaltungskräften. Obwohl der Zufall selbst in den meisten Projekten ohnehin Teil des Plans ist. Genauso wie implizites Wachstum. „Veränderung ist immer immanenter Bestandteil der Landschaftsplanung“, sagt Landschaftsarchitekt Dominik Scheuch. Manche Zeitspannen sind dabei so lange wie Eiszeiten. Andere so kurz wie ein Tag.

Auch die Entwürfe der Planer lassen oft die Kontraste sprießen: das Gerade-Abgezirkelte und das Organisch-Geschwungene. Das Weiche und das Harte. Das Planbare und das Unvorhersehbare. Das Private und das Öffentliche prallen einmal aufeinander, einmal begegnen sie sich sanft. Vor allem im öffentlichen Raum ist die kreativplanerische nur eine der vielen Kräfte, die an den Projekten in der urbanen Landschaft zerren.

Kollektive Bilder. „Wir bewegen uns in einem Spannungsfeld von Mensch, Umwelt und Politik“, meint Landschaftsarchitekt Dominik Scheuch vom Planungsbüro Yewo in Wien. Und „Politik“ meint auch die Vielzahl der Normen und Auflagen, die die Freiräume in der Stadt mitformen. Das kollektive Bildarchiv der Menschen ist voll mit Abbildungen und Vorstellungen, wie Alpen, Gärten, Stadtplätze und Parkbänke aussehen. Deshalb versucht Scheuch auch ein paar Bilder von Landschaft zu produzieren, die man im kulturellen Kanon vielleicht so noch nicht gesehen hat. „Es gehört auch immer ein wenig Irritation zur Aufgabe des Landschaftsplaners“, sagt Scheuch. Durch Scheuchs Arbeit entstehen neue Plätze in neuen Stadtgrätzeln, aber auch Gärten für Wohnhausanlagen genauso wie etwa für einen Palliativ-Pavillon in Wien. Auch den Seepark in Zell am See oder den Kirschblütenpark in Wien hat sein Büro Yewo gestaltet. Wichtig sei, so Scheuch, egal, ob im Mostviertel oder Wien-Favoriten: das Offene. Nicht nur der freie Himmel, der sich über die Gestaltungsideen der Architekten spannen darf, sondern vor allem auch die Nutzungsoffenheit. Das bedeutet: Angebote zu setzen, die sich im Endeffekt inhaltlich und sozial füllen dürfen, je nachdem, was die Menschen und die Zukunft mit den Orten vorhaben. Und: Freiraum muss nicht immer Grünraum sein.

(c) Beigestellt

Von der Wüste in den Weltraum. Auch in den Landschaften, auf die Landschaftsdesignerin Verena Holzgethan gern schaut, dominieren oft ganz andere Farbtöne. Die Wüste, karge, extreme Landschaften überhaupt, in denen sich Pflanzen durchsetzen müssen, faszinieren sie. „Dort erzählen die Pflanzen besonders viel“, sagt Holzgethan. Natürlich hat sie schon einige Gärten üppigst wachsen lassen, aber Landschaftsdesign versteht sie auch gern als künstlerische Intervention: Als sie noch Studentin an der Universität für angewandte Kunst war, schlug sie in einem Projekt auf dem Yppenplatz eine Hügellandschaft aus Beton vor. Den Menschen und ihren individuellen Wünschen sollte sie zur Aneignung überlassen werden. Heute pendelt ihre Arbeit zwischen Pflanzplanung, Pflanzbeobachtung und künstlerischen Projekten, mit denen sie sich gemeinsam mit einer Weltraum-Architektin sogar schon von ihrem Heimatplaneten gedanklich wegbewegt hat.

Tipp

Was Landschaftsarchitekten ästhetisch, funktional und kulturell leisten, dokumentiert seit einigen Jahren die Sammlung „Nextland“ auf der digitalen Plattform www.nextroom.at. Eingerichtet wurde sie von der Österreichischen Gesellschaft für Landschaftsarchitektur (ÖGLA) und dem Institut für Landschaftsplanung an der Universität für Bodenkultur Wien. „Nextland“, das auch als Buch im Birkhäuser Verlag erschienen ist, spannt in Fotografien und Texten eine Gestaltungsdisziplin vom Garten bis zum Landschaftsraum auf. Ein Feld, in dem nicht nur Designer und Architekten kreativen Einfluss nehmen, sondern vor allem auch andere Kräfte wirken: die „landschaftliche Dynamik“. Egal, ob nun Kontinente driften oder Stauden auf- und verblühen, die Landschaftsarchitekten erschließen sich neues Terrain: „Das Berufsfeld hat sich auch in Österreich über Gartenkunst und Ökologie hinaus entwickelt und Aufgabenstellungen im öffentlichen Raum und in der Infrastruktur erschlossen“, schreibt die Mitherausgeberin Lilli Liĉka.„Nextland“. Kuratierte Sammlung von Nextland. Herausgegeben von Lilli Lička vom Institut für Landschaftsplanung an der Universität für Bodenkultur Wien und Karl Grimm von der Österreichischen Gesellschaft für Landschaftsarchitektur. Erschienen im Birkhäuser Verlag.

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