Designforum: Explodiertes Österreich

Food-Design von Honey and Bunny.
Food-Design von Honey and Bunny. (c) Christine Pichler
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Wimmelbild und Big Bang: das Multiversum österreichischen Designs im Designforum Wien.

Das Licht im Quartier 21 im Wiener Museumsquartier ist so gleißend hell, dass man dieser Tage fast die zuvor ins Etui gelegte Sonnenbrille wieder aufsetzen möchte. Es erinnert schon ziemlich an eine Sternenexplosion, was Kurator Robert Punkenhofer im Designforum hat installieren lassen: „Austrian Design Explosion“ heißt die Ausstellung, die auf einem strahlenförmigen Objekt balanciert wird. Da hängen Swarovski-Krönchen neben Lobmeyr-Lustern, liegen Sachertortenschachteln unter Manner-Waffelautomaten, Trodat-Stempel baumeln über Thonet-Stühlen, Head-Skier treffen auf Tyrolia-Bindungen. Und selbst das strahlende Licht kommt von „Panibeams“, großen Leuchten der Wiener Firma Pani Projection and Lighting. Österreichische Designikonen also – eigentlich für internationales Publikum angerichtet. Die „Design Explosion“ ist als Wanderausstellung konzipiert, wurde schon in Wrocław, Prag und auf der Expo in Mailand ausgeleuchtet und reist nach dem Heimspiel in dem Wiener Museumskomplex wieder weiter nach Madrid.

Die Ausstellung überhaupt in ihre eigentliche Heimat zu bekommen sei dabei ein gewisses Stück Arbeit gewesen, meint Bettina Steindl, die als Chefin des Wiener Designforums genau für diese Leistung verantwortlich zeichnet. Immerhin wurde die Schau von der Außenwirtschaft Austria der WKO initiiert. Österreichisches Design aber auch zu Hause zu porträtieren liegt nahe, und Steindl und das Team des Designforums bemühen sich darum, genau das zu tun; die „Design Explosion“ fasst dabei die großen Stars des österreichischen Designs zusammen, von Adolf Loos über EOOS bis Stefan Sagmeister. Mit der Performance der Ausstellung in Wien ist Steindl zufrieden; und sie ist auch ein bisschen erstaunt über einen Umstand: Der Andrang von Schulklassen habe sie überrascht, sagt sie. Andererseits zeige sich darin auch eine nicht unwichtige Entwicklung in dem Genre: Design als Branche rückt immer mehr in die Wahrnehmung der breiten Öffentlichkeit, das Gespür dafür wird ebenso stetig häufiger in den Fokus gestellt. Wie sollte es anders sein, bei der Generation Instagram und Snapchat, bild- und produkterprobt.

Im Kern. Die Installation.
Im Kern. Die Installation.(c) Christine Pichler

Österreichisches Design? Die „Design Explosion“ übertritt genauso wie ihr Name die Grenzen aller Designgattungen. Neben Produkt- und Industriedesign gibt es Mode zu sehen, Fotografie, Architektur, Digital-, Klangkunst werden ebenfalls präsentiert. Dass die Fülle an Exponaten in der an sich schon raumgreifenden Installation herausfordert, ist auch diesem Punkt geschuldet. Ergeben hat sich dadurch allerdings ein Wimmelbild, das den Besucher eben einmal suchen lässt.
Das Konzept hat auch innerhalb des Designforum-Teams schon für Diskussion gesorgt, meint Steindl: „Was ist diese Ausstellung überhaupt, was ist der Leitfaden? Darf man das?“ Man kam zum Schluss, dass man das absolut dürfe: „Auch wenn es vielleicht wie bewusste Bespaßung des Besuchers wirkt. Die Ausstellung ist jedenfalls keine Belehrung.“

Wobei sie durchaus einen aufklärerischen Auftrag hat. Denn: Was ist österreichisches Design überhaupt? Kurator Punkenhofer definiere es, so Steindl, über Minimalismus, Materialexpertise, Technik; für sie selbst sei es: Gemütlichkeit, Holz, trotzdem urban; die Sensibilität für das Material und den Umgang damit, das Imperfekte.

Etablissement und Provinz. Das Designforum sieht sich ziemlich genau als das, was der Name schon ausdrückt: eine Plattform für österreichisches Design, vor allem für österreichische Designer – eine Art Interessenvertretung. Fortbildungen, Workshops, Vorträge, Ausstellungen werden nicht nur in Wien, sondern auch von den Designforen in Graz, Innsbruck und Dornbirn veranstaltet. Die Szene soll sich hier vernetzen, auch mit der Wirtschaft; die Symbiotik ist bei der „Design Explosion“ sichtbar: Auf der Einladungskarte werden nicht nur die ausgestellten Designer, sondern auch die Hersteller angeführt.

Ins Licht. Die Tirolerin Bettina Steindl leitet das Designforum Wien.
Ins Licht. Die Tirolerin Bettina Steindl leitet das Designforum Wien.(c) Christine Pichler

Aus der Position heraus kann Steindl ein Urteil über ebendiese österreichische Szene fassen und ortet dabei zwei Strömungen: „Ich sehe vor allem in Wien das renommierte Design verankert, die großen Namen in der großen Stadt.“ In den Bundesländern, und vor allem in Graz und Linz, sei die Szene unbeobachteter und dadurch oft risikofreudiger und in gewissen Fällen manchmal sogar innovativer. Besonders von der steirischen Hauptstadt ist Steindl begeistert. Die kleine Größe der Stadt und eine gewisse den Grazern eigene Gemütlichkeit brächten eine blühende, kommunikative Designlandschaft zutage, in der die Beteiligten einander nicht nur kennen, sondern auch miteinander sprechen würden: „Es ist toll und spannend zu sehen, dass die Landeshauptstädte in der Kreativwirtschaft zunehmend an Bedeutung gewinnen.“

Tipp

Ausstellung. „Austrian Design Explosion“, bis
31. 8. im Designforum Wien, Museumsquartier.

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