Büroporträt

Heroes & Heroines: Altbau-Büro ganz "instagrammable"

Das ist Kevin, der schwarze Büro-Puma von Heroes & Heroines
Das ist Kevin, der schwarze Büro-Puma von Heroes & Heroines Carolina Frank (Die Presse)
  • Drucken

Schöner arbeiten Dieses Mal besuchen wir die PR-Agentur Heroes & Heroines, hier bewacht Kevin die Beletage.

Bei der ersten Begehung hat sie eigentlich nicht viel von den 235 Quadratmetern gesehen, erinnert sich PR-Managerin Johanna Boch. Sie war auf der Suche nach neuen Büroräumen für ihre Agentur Heroes & Heroines. Die Wohnung in der Kandlgasse in Wien-Neubau wurde damals gerade renoviert und war dementsprechend in Plastik gehüllt. "Wir haben nur die Fenster gesehen. Es war Liebe auf den ersten Blick, so etwas hatte ich zuvor noch nie in einem Wohnhaus gesehen", erzählt sie beim Besuch. Die gläsernen Jugendstil-Blumen wachsen seitdem durch ihren Besprechungsraum. Bewacht werden sie im Erker von Kevin, dem Deko-Puma, der bei Events auch gern für Selfies posiert.

Wiener Jugendstil trifft steirisches Tischler-Handwerk
Wiener Jugendstil trifft steirisches Tischler-HandwerkCarolina Frank (Die Presse)

Früher fiel das bunte Licht noch mitten ins elterliche Schlafzimmer des heutigen Hausbesitzers. Der mittlerweile pensionierte Herr Gassner, ein ehemaliger Gummiband-Fabrikant, hat schon vor vielen Jahren die hohe Beletage verlassen, um mit seiner Frau in den zweiten Stock umzusiedeln. Die beiden kümmern sich nach wie vor mit Hingabe um ihre alten Räume. Bei Heroes & Heroines hat vieles eine neue Funktion bekommen, im ehemaligen Frühstückssalon werden zum Beispiel aktuelle Düfte ausgestellt.

Gassner erinnert sich, wie angenehm es in seiner Kindheit an genau dieser Stelle war. Die Wohnung war recht kalt, nur drei Kamine mussten alle Räume beheizen, aber zwischen diesen Wärmepolen lag der besagte, der lauschige Salon - der heute nach Chloé Absolu duftet. Und hinter dem schönen Marmor der Kamine brennt zwar kein Feuer mehr, Wärme geben sie trotzdem ab, bei Heroes & Heroines sind hier die Heizkörper versteckt. 

Mehr als nur nettes Dekor
Mehr als nur nettes DekorCarolina Frank (Die Presse)

Im großen Schauraum der Agentur, dem einstigen Herrenzimmer, findet man ein weiteres Schmuckstück: einen Schrank von Adolf Loos. "Und das Lustige daran ist, die Beine von unserem ersten Kunden, dem Strumpfwaren-Hersteller Falke, passen perfekt hinein - als wäre es von Loos extra so geplant worden", freut sich Johanna Boch noch immer über den Zufall. Gebaut wurde das Haus lange bevor Loos seine Spuren in der Wiener Moderne hinterlassen konnte. Entstanden ist es 1893 durch die Hand des Architekten und Stadtbaumeisters Anton Krones. Auf ihn gehen auch die großzügigen Räume des Büros zurück. Krones baute mit Traversen anstelle von einfachen Holzbalken, so konnte er die Räume noch ein wenig ausdehnen, geht Frau Gassner ins Detail. 

Passt wie angegossen.
Passt wie angegossen.Carolina Frank (Die Presse)

Die hübschen Fenster waren allerdings nicht Teil des Originalbestands, ein Garngroßhändler, der hier um die Jahrhundertwende lebte, ließ die Ätzscheiben und Jugendstilfenster nachträglich einbauen. Kaputt werden darf nichts mehr, das Glas stellt heute keiner mehr her, weiß Herr Gassner, der seit dem letzten Scherbenhaufen eine kleine Fledermaus in einer Scheibe vermisst, die der Glaserer im Bild vergessen hatte. "Bei der letzten Renovierung habe ich wie ein Haftlmacher aufgepasst, damit alle Scheiben ganz bleiben".

Die Tische: Handarbeit der Heldengang
Die Tische: Handarbeit der HeldengangCarolina Frank (Die Presse)

Ja, man spürt sie noch, aber die großen Zeiten von Loos und Krones liegen in diesem Haus lange zurück, jetzt werken hier neue Heroes und Heroines. Die "#Heldengang", wie sich die Agenturmitarbeiter nennen, tippt übrigens auf selbstentworfenen Schreibtischen. Die Platten sind aus Valchromat, den Verschnitt findet man in den Showraummöbeln wieder. "So weit wir es können, bauen wir alles selbst", sagt Boch. Wenn es zu kompliziert wird, hilft eine befreundete Architektin mit Ratschlägen. "Wir sind eine kreative Agentur und wir haben hohe Ansprüche, damit alles individuell gestaltet ist."

Ein Wäschetransportwagen findet seine neue Funktion als Brillenstände. Die Kleiderständer werden durch Kupferverbindungen in ihrer Länge flexibel
Ein Wäschetransportwagen findet seine neue Funktion als Brillenstände. Die Kleiderständer werden durch Kupferverbindungen in ihrer Länge flexibelCarolina Frank (Die Presse)

Deshalb ist auch die ursprüngliche Idee für den Besprechungstisch (siehe zweites Bild oben) schnell gescheitert. "Der Traum war ein altes Scheunentor als Platte. Das Projekt ist aber nichts geworden, weil die Idee zuvor schon sehr viele andere hatten." Ersatz haben sie in der Steiermark bei der jungen Firma Rost & Späne gefunden. Ein Tischler- und ein Schmiedmeister (einer der letzten seiner Art) haben sich hier zusammengeschlossen. Für Heroes & Heroines wurde ein fast untransportierbares Koloss gebaut, das den Raum seitdem mit Dominanz erfüllt. Und neben dem Vorraum, in dem sich in einem restaurierten Spiegel der Firmenname als Leuchtschrift spiegelt und den vielen anderen inszenierten Ecken, findet man hier hübsche Fotomotive. Denn: "Wir arbeiten ja in der Onlinewelt, da sollte man auf jeden Fall 'instagrammable' sein."

Heroes & Heroines

Aus vielen kleinen Heldentaten wächst kommunikative Superkraft, das ist der Leitgedanke der Wiener PR-Agentur Heroes & Heroines. Seit 2012 wird gemeinsam aus dem kreativen Vollen geschöpft. Das Konzept von Heroes & Heroines wurde zusammen mit dem internationalen Lifestylemedien-Verlag Plastic Media und der PR-Managerin Johanna Boch, die beide Standorte leitet, entwickelt. www.heroes-heroines.com

Adressen: Kandlgasse 15/7 in 1070 Wien und Goltzstrasse 52, 10781 Berlin.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Eine Begegnungsinsel im Gang
Büroporträt

ÖAMTC: Die Schreibtische hinter dem gelben Reifen

Schöner arbeiten Atrium, Großraumbüro, Rollcontainerkunde. Die offene Bürowelt der Wiener ÖAMTC-Zentrale setzt auf fixe Arbeitsplätze und unsichtbare Hierarchien.
Eine Schneiderpuppe hilft Severin Weber-Kippes bei der Visualisierung seiner Projekte.
Büroporträt

Wie arbeitet ein Interieur Designer?

Schöner arbeiten Büros sollten keine Hierarchien widerspiegeln und Wohnräume sollten sich nicht an Trends klammern. Willkommen in Severin Weber-Kippes Homeoffice.
Im Vorraum wird man von einem leuchtenden Logo von Doneiser begrüßt.
Büroporträt

Obscura: "Ein bisschen mehr Rock'n'Roll als andere Agenturen"

Schöner arbeiten Industrial Chic, Fifa und ein Schnapswagen - Wir haben die Kreativagentur Obscura in ihrem Büro in Neubau besucht.
Ein echter Bürofreund: Thomas Bene
Büroporträt

Buerofreunde: Emotionale Anker bei Thomas Bene

Schöner arbeiten Buerofreunde heißt das von Thomas Bene neu gegründete Möbelgeschäft, dort findet man auch sein Privatbüro - es ist mit Seelenschmeichlern angefüllt. Ein Rundgang.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.