Carlo Colombo: Einmal um die Designwelt

(c) Caio Esteves Ribas
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Carlo Colombo wuchs zwischen Möbelprototypen in Norditalien auf. Da musste er fast Designer werden. Den Minimalismus hat er dabei längst abgelegt.

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Abu Dhabi, Jeddah, Peking, Lugano und natürlich Mailand: Carlo Colombo hat gleich mehrere Adressen, an denen der Name seines Architektur- und Designbüros am Eingang steht. Von Wien hat er bislang kaum mehr gesehen als den Showroom des italienischen Herstellers Poliform am Franz-Josefs-Kai. Für diesen hat er schon so einige Möbel entworfen: Sofas, Stühle, Sessel, Betten, Schränke. Zwischen ihnen, zur Neueröffnung des Poliform-Showrooms, traf Colombo das „Schaufenster“, um etwa über Hundesofas und Jachten zu plaudern. 

Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu einem Hersteller wie Poliform beschreiben? 
Die Beziehung ist sehr gut, weil ich für Poliform vor 20 Jahren zu arbeiten begonnen habe, das ist eine lange Zeit. Ich habe für sie schon fast alles entworfen. Ich fing sehr jung an in dem Job, damals arbeitete ich mit Albert Spinelli an einer anderen Ausstellung, und er fragte mich, ob ich mit Poliform zusammenarbeiten wollte. Daraus ist ein sehr gutes Verhältnis geworden, nicht nur professionell, sondern vor allem auch freundschaftlich.

Welche Qualitäten sind für Sie bei Möbeln unverzichtbar? 
Hohe Qualität ist vor allem ein wichtiges Kriterium. Der Wettbewerb in der Möbelindustrie ist immens, da kann man sich nur mit Qualität durchsetzen, bei den Materialien, aber auch in den Details. Und bei Poliform, wo wir heute zusammensitzen, wird das beherzigt. Ich arbeite für ungefähr 20 verschiedene Hersteller und Marken. Aber Poliform ist wie ein Familie für mich geworden. Damit ich heute hier sein kann, habe ich einen Termin mit einem Prinzen aus den Emiraten verschoben. So etwas tut man nur für sehr gute Freunde. Und eben die Familie.

Sie sind Italiener und arbeiten international. Sie werden gern als Botschafter des italienischen Designs bezeichnet. Was ist denn so italienisch an Ihrer Arbeit? 
Ich denke, das beste Design kommt aus Italien – auch wenn das nicht ganz ernst gemeint ist. Doch wenn Sie die italienischen Marken aus der Möbelwelt streichen, dann bleibt nicht viel übrig. Design ist Teil unserer Geschichte. Wir haben es im Blut. In Italien gibt es drei Dinge, die auf höchstem Niveau sind: das Essen, der Wein und das Design. Ich hatte Glück, denn meine Familie begann in der Designbranche zu arbeiten – für meinen Bruder und mich war es also einfach, in dieses Feld hineinzurutschen. Ich bin quasi in der Fabrik meines Vaters aufgewachsen. Er produzierte Prototypen für die besten Marken in Italien, ich bin ihm nachgefolgt, auf etwas andere Weise zwar – er arbeitete mit seinen Händen, ich bin Architekt und Designer geworden –, aber meine Mentalität und meine Ideen sind aus dieser Designtradition geboren worden. In der Gegend, in der ich aufgewachsen bin, ist das fast selbstverständlich. Ich komme aus Brianza, einem kleinen Gebiet im Norden Italiens. Dort liegen die besten Designmarken der Welt nur ein paar Kilometer voneinander entfernt.

 Gibt es etwas, was Ihren Stil und Ihre Arbeit charakterisiert?  
Ich arbeite gern mit unterschiedlichsten Materialien. Natürlich ist die Liebe zu Holz besonders stark, aufgrund des Erbes meines Vaters. Aber ich liebe auch Stein, gerade im Badbereich arbeiten wir viel mit diesem Material.

Sie unterrichten Design in China – welchen Stellenwert hat italienisches Design dort?
Chinesen lieben italienisches Design. Ich bin der einzige Designer aus Italien, der in China Vorträge hält. Es gibt Lehrende aus anderen Ländern, den USA oder Großbritannien zum Beispiel. Es ist nicht immer einfach, dort zu unterrichten, da die chinesische Mentalität doch eine ganz andere ist.

Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre Entwürfe?
Die Inspiration kommt für mich aus der Kultur. Ich habe das große Glück, viele Reisen unternehmen zu dürfen. In meinem Herzen und meinem Verstand vereinen sich die verschiedensten Kulturen. Die asiatische etwa ist für mich sehr bedeutend. Aber die Intuition leitet mich natürlich, und diese zu erklären, ist schwierig. Viele Details, die Auswahl der Stoffe, die verwendeten Materialien – das alles kommt aus meiner Erfahrung, von meinen Reisen in der ganzen Welt. Wenn ich meine heutige Arbeit mit der vor zehn Jahren vergleiche, sehe ich einen großen Unterschied. Ich habe mich verändert. Die Ära des minimalistischen Designs ist jetzt vorbei. Damals war alles sehr leicht und einfach, jetzt haben sich die Materialien, Formen und Farben geändert. Ausschlaggebend ist die Kombination dieser Elemente. Auch vom Unterrichten in China nehme ich eine Menge Inspiration und Information mit nach Hause, die Studenten kommen schließlich aus der ganzen Welt. Aber auch durch das Reisen verändert sich mein Leben ständig – meine Arbeit gibt mir Energie. Arbeit ist mein Leben. 

Vor Kurzem haben Sie die Inneneinrichtung einer Jacht entworfen, der Mangusta. Wie geht man an ein solches Projekt heran? 
Es war für mich eine Premiere. Zum ersten Mal durfte ich den Innenraum einer Jacht entwerfen. Es ist ein sehr großes Boot, und obwohl ich es noch nie gemacht habe, wurde es dann schnell so normal, als würde ich an einem Hotel oder einem Haus arbeiten. Nachdem ich die Detailinformationen bekommen habe, begann ich am Inneren zu arbeiten, um eine schöne, aber nicht minimalistische Atmosphäre zu entwickeln. Im Gegenteil: Es ist sogar glamourös, stylish-elegant geworden, mit einer schönen Kombination von Materialien.

War Design eigentlich so etwas wie ein Kindheitstraum von Ihnen?
Nein, mein Traum waren immer Pferde. Ich wollte als Kind mit Tieren arbeiten, mit Hunden und Pferden.

Sie haben für die Automarke Bentley eine Wohnkollektion entworfen. Da ist auch ein Hundesofa dabei. Eine Spätfolge Ihres Kindheitstraums? 
Nein, die Inspiration kam nicht von einem Kindheitstraum, sondern direkt vom Auto selbst. Ich war zwei Tage lang vor Ort in der Nähe von Manchester in den Bentley-Fabriken und besuchte natürlich auch das Design Center. Ich nahm die Materialien, mit denen Bentley arbeitet, mit  in mein Büro, besprach meine Ideen mit dem Bentley-Design-Center und entwarf dann die Kollektion. Bentley gehört zu dem Besten, was man bekommen kann: Sogar das Geräusch des Türschließens ist ein Genuss. 

Tipp

Mehr Möbel von Carlo Colombo und anderen Designern gibt es im Showroom von Poliform/Varenna zu sehen: im K47, Franz-Josefs-Kai 47, 1010 Wien, www.poliform-wien.at

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