Dorothée Meilichzon: Meisterin des Mix

Gekürt. Dorothée Meilichzon,   Maison-&-Objet-Designerin des Jahres, im Hotel Pigalle.
Gekürt. Dorothée Meilichzon, Maison-&-Objet-Designerin des Jahres, im Hotel Pigalle.(c) Jo Pesendorfer
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Der Retrostil der sympathischen Französin Dorothée Meilichzon erfreut sich in Gastronomie und Hotellerie großer Beliebtheit.

Dorothée Meilichzon ist der neue Star am Pariser Dekohimmel. Hotels und kulinarischen Hotspots der französischen Hauptstadt, aber auch in London und New York tragen zurzeit die Handschrift der Innenarchitektin, die internationale Presse verfolgt ihren Parcours aufmerksam. Kein Wunder, diese Frau hat Stil. Und anlässlich der Pariser Möbel- und Designmesse Maison & Objet wurde sie Anfang September 2015 zur Designerin des Jahres gekürt – die Krönung einer soliden Karriere.

Im Paradis. Die knapp Dreißigjährige mit der Ausstrahlung eines Schulmädchens hat an der renommierten Rhode Island School of Design in New York Grafikdesign studiert; ihr erstes Projekt, das Pariser Hotel Paradis von Julie und Adrien Gloaguen, ist ein kleines, aber feines Boutiquehotel zwischen Galeries Lafayette und Montmartre. Auch für die beiden Hoteliers war es ein beruflicher Neubeginn. Und: „Wir waren von Anfang an große Fans von Dorothée und ihrer Arbeit.“ Das Paradis wurde 2011 eröffnet und gibt heute bereits den – neuen   – Ton in der Pariser Hotellerieszene an: frecher Mustermix an den Wänden, Vintagemöbel in der Lobby, schlichte, aber plüschige Gemütlichkeit auf den Zimmern. Ganz besonders begehrt: die 33 Quadratmeter große Suite unter dem Dach, mit dicken Holzbalken, schrägen Wänden und Blick auf die Zuckergusskirche Sacre- Cœur. „Ich dachte dabei an Träume, Wolken, Himmel und Vögel. Auf einigen Wänden fliegen Paradiesvögel, ich wollte dem Hotel einen Hauch von Poesie verleihen“, so Meilichzon über ihre Arbeit.

Heute kombiniert sie gewagt Tapetenmuster, Zementfliesen und Vintagestoffe, der Stilmix ist zu ihrem Markenzeichen geworden. Und war vor ein paar Jahren in Paris noch cooler Minimalismus angesagt, wird Meilichzon heute von anderen kopiert und kann sich vor Aufträgen kaum mehr retten.

Retrolook und Korktapeten. Das Grand Pigalle am berühmten Place de la Pigalle ist ein Partyhotel mit heimeliger Atmosphäre. Das Haus für eine Klientel, die man unter „arty chic“ einreihen könnte, öffnete Ende Februar dieses Jahres seine Pforten, und im Juni das Hotel Bachaumont im Herzen von Paris. Ein Viersternebau im Pariser Textilviertel mit 49    Zimmern, eigener Cocktailbar und Restaurant, für das Meilichzon fast das komplette Mobiliar entworfen hat: von den Leuchten bis zum Treppengeländer. Dabei greift sie immer wieder auf das Savoir-faire heimischer Handwerker zurück. „Ein Hotel muss vor allem gemütlich sein. Man soll sich doch auch unterwegs wie zu Hause fühlen“, sagt Meilichzon. Deshalb auch der Teppichboden mit Leoprints, Kaminfeuer in der Lobby, Telefone im Retrolook und Korktapeten in den Zimmern. Auch an Textilien wird nicht gespart, üppig muss es sein, mit viel Stoff und dicken Matratzen in den hohen Betten, Samtvorhängen, Teppichböden. „Ich fühle mich doch sehr vom anglosächsischen Stil inspiriert.“ Hauptsache cosy also, nur nicht steif oder anonym.

Mittlerweile findet der nonchalante Retrostil der Französin nicht nur bei Hotels, sondern auch in der Gastronomie Anklang, das Café Pinson etwa gibt es mittlerweile gleich zwei Mal in Paris: Succès oblige. Und jenseits des Ärmelkanals hat man Meilichzon ebenfalls entdeckt. In den vergangenen beiden Jahren hat die Interieurdesignerin drei angesagte Restaurant-Bars in der Trendsettermetropole London ausgestattet: Der Fish Club, Beef Club und Joyeux Bordel tragen ihre Handschrift. Und auch in New York kann man in einem „echten Meilichzon“ sitzen: Im Experimental Cocktail Club an der Lower East Side sind die Decken mit Zinnplatten verkleidet, an der Wand hängen Tapeten der elsässischen Manufaktur Zuber. Hier delektiert sich das Szenevolk an innovativen Cocktailrezepten, manche Drinks werden auf dem Klavier gemixt.

Vorbild Chanel. Dorothée Meilichzons Vorbilder heißen nicht Le Corbusier oder Jacques Garcia, sondern Coco Chanel, Yves Saint Laurent oder Dorothy Draper. Ihre Referenzen und Inspirationsquellen? „Der Jardin de Majorelle von YSL in Marrakesch und sicherlich auch die Suite von Chanel im Ritz. Vor allem wegen der grafischen Schwarz-Weiß-Elemente, Symmetrie ist für mich sehr wichtig.“ Heuer steht noch die Eröffnung des Delikatessenladens Rachel’s Cake im historischen Pariser Maraisviertel an, einer Art Alternativgreißler mit Mosaiken und Thonetstühlen, Kochbüchern und Pastramibagels – inspirieren ließ sie sich dabei von Adolf Loos und dem Wiener Kaffeehaus. Zum Jahresende öffnet das Pariser Boutiquehotel Panache seine Pforten, das zweite Projekt von Julie und Adrien Gloaguen, Mitte 2016 eine Luxusabsteige mit 42 Zimmern in Covent Garden, London. Und demnächst ein Hotel in Buenos Aires. „Ich liebe es, mich neuen Herausforderungen zu stellen, interessante Erfahrungen zu sammeln, neue Dinge zu lernen, mich zu verbessern.“ Dass selbst Franzosen sich mit der Aussprache ihres Namens oft schwer tun, macht ihr nichts. Das dürfte sich angesichts des aktuellen Erfolgslaufs allerdings bald ändern.

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