Schwedisch mit Wiener Akzent

Ein Winter der bunten Muster: Josef Frank und der Hersteller Svenskt Tenn sind zu Gast in Wien.

Manche Vorstellungen schweben wie Wolken über den Köpfen aller. Wie man wohnen soll etwa. Wie man sich s zu Hause gemütlich macht. Oder wie man sich so richtig schwedisch einrichtet. Der Medien-Mainstream hat uns die Bilder in den Kopf geschwemmt. Und Ikea hat sie uns ganz konkret in die Wohnungen gestellt. Die kollektive Vorstellung des "schwedischen Wohnens" wurzelt allerdings zu einem guten Teil auch in den Ideen eines Gestalters, der in Baden bei Wien geboren wurde: Josef Frank hatte in Form von Möbel- und Textilentwürfen schon in den 1920er-Jahren ziemlich konkretisiert, wie bunt, bedürfnisorientiert und flexibel er sich das "Neue Wohnen" ausmalte. 1933 emigrierte er nach Schweden, das Einrichtungsunternehmen Svenskt Tenn engagierte ihn als Hausdesigner.

Und heute zeichnen sich noch deutlich Analogien ab, wenn man so manche Ikea-Möbel neben Entwürfe von Josef Frank stellt das hat auch die Kunsthistorikerin Marlene Ott-Wodni zuletzt in einem Buch über seine Möbelentwürfe getan. Gut, das Design Josef Franks war nicht gar so demokratisch. Das wohlhabende jüdische Bürgertum war hauptsächlich die Klientel der Firma Haus & Garten, die er gemeinsam mit anderen in Wien gegründet hatte. Doch Frank setzte auf Möbel, die sich nicht an gestalterischen Dogmen orientieren, sondern an menschlichen Bedürfnissen. "Die Maschinenästhetik der Stahlrohrmöbel lehnte er ab", erzählt Marlene Ott-Wodni. Er folgte Adolf Loos, aber nicht der Ablehnung der Ornamente. Frank zog seine eigenen Schlüsse aus der aufkeimenden Moderne, legte sich "eine wienerisch geprägte Form der neuen Sachlichkeit" zurecht, wie es Ott-Wodni formuliert. In ihrem Buch "Josef Frank. 1885 bis 1967. Raumgestaltung und Möbeldesign" (erschienen im Böhlau Verlag) versammelt sie sämtliche Interieur- und Möbelentwürfe. Frank war überaus produktiv: Über 2000 Möbelskizzen fanden sich in seinem Nachlass, nachdem er 1967 verstorben war. 160 Textilmuster mit seiner Signatur liegen im Archiv von Svenskt Tenn, dem Unternehmen, für das Frank ab 1934 Hausdesigner war. Und in dem sein Konzept von Wohnlichkeit heute vor allem noch weiterlebt.

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Vorausschauend. Texturen, haptische Eigenschaften, handwerkliche Herstellung, Bedürfnisorientierung all das sei Frank wichtig gewesen, sagt Ott-Wodni. Genauso wie die Langlebigkeit. Und deshalb hatten die Restauratoren des Hofmobiliendepots in Wien nicht sonderlich viel zu tun, als in diesem Jahr noch mehr Möbel von Josef Frank in Wien ein dauerhaftes Zuhause fanden im Möbelmuseum. Zuvor hatten sie das Leben einer ehemaligen Mitarbeiterin von Frank, Bettina Cohen, begleitet, vom ägyptischen Alexandria bis nach London so gut fügten sich die Entwürfe Franks in unterschiedliche Situationen ein. Eine komplette Wohnungseinrichtung, die noch dazu komplett dokumentiert ist. "Wir haben alle Unterlagen dazu: Rechnungen, Kostenvoranschläge, Korrespondenz", sagt Ott-Wodni, "es ist das einzige bekannte Ensemble, das in dieser Vollständigkeit vorhanden ist." Die Bedürfnisse des Menschen rückte Frank in den Vordergrund, auch die psychologischen. Schließlich sind Menschen phytophile Wesen, sie lieben Pflanzen und die Natur. Und dieses Merkmal bildet sich recht deutlich vor allem in den Textilentwürfen Josef Franks ab. Da ranken sich Naturmotive, da gedeiht bunte Vielfalt. Schließlich sollen Möbel und Textilien den Menschen auch eine emotionale Heimat geben.

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Frank selbst musste seine verlassen, er ging nach Stockholm Und so prägen seine Entwürfe heute das landläufige Bild, das Svenskt Tenn heute noch immer vom modernen schwedischen Einrichtungsstil zeichnet. "Viele dieser Muster hat Frank bereits zu seiner Wiener Zeit entwickelt", sagt Ott-Wodni. Oft inspiriert von botanischen Illustrationen, auch von den Motiven Carl Linnés. Aber ebenso nahm er seine eigenen Naturzeichnungen, die er in seine Notizbücher skizzierte, gern als Grundlage. Bis 1967 entwarf Frank für Svenskt Tenn, ein Unternehmen, das Estrid Ericson 1924 gegründet hatte und das inzwischen längst zu den Säulen der schwedischen Designidentität zählt, für die das Land so etwas wie Nationalstolz entwickelte. Die charakteristischen Muster überziehen Möbel, Lampenschirme, Teller, Schürzen und viele andere Dinge und jetzt in den etwas dünkleren Tagen auch Wien mit einer bunten Vielfalt, die Svenskt Tenn gerade bis 13. Februar in einer Filiale der Volksbank in der Operngasse aufpoppen lässt.

Svenskt Tenn

Josef Frank ist zurück. 1934 musste der Designer und Architekt ins Exil nach Schweden. Dort bereicherte er als Hausdesigner bis 1967 die Archive des schwedischen Einrichtungsunternehmens Svenskt Tenn. Erst allmählich, seit den 1980er-Jahren, kehrte Frank zurück in das Bewusstsein Wiens, der Stadt, in der er seine ersten Gestaltungsideen entwickelt hatte. In der schwedischen Designidentität hingegen hatte er stets einen unangefochtenen Platz. Das Wiener Museum für Angewandte Kunst (MAK) zeigt bis 3. April die Ausstellung "Against Design", kuratiert von Architekt Hermann Czech und Sebastian Hackenschmidt. Die Schau versucht, tiefer in die gestalterischen Strategien und Design visionen Josef Franks vorzudringen. An der Oberfläche hingegen poppen derzeit in der Volksbank-Filiale in der Operngasse 8 in Wien seine Entwürfe auf: Im temporären Verkaufsraum von Svenskt Tenn wird eine Auswahl des Sortiments bis 13. Februar 2016 angeboten. Darunter auch Entwürfe, die zusammen mit zeitgenössischen Designern entstanden sind.

Tipp

"Against Design". Die Ausstellung im MAK über Ideen und Werk Josef Franks läuft noch bis 3. 4. 2016.

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