Die Testerinnen: Speisekammer

Die Testerinnen: Speisekammer
Die Testerinnen: Speisekammer(c) Stanislav Jenis
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Erleichternde Querdenkerküche ohne Servier-Trara.

(c) Stanislav Jenis

Er sei richtig aufgeregt, sagt Roman Steger, das zweite Halbjahr werde weisen, wie es weitergeht. Seine kleine „Speisekammer“ in der Tigergasse im achten Wiener Bezirk hat nach der Hardware-bedingten Sommerpause (Souterrain, kein Garten) wieder offen. Und startet so vielversprechend wie gleich nach seiner Eröffnung Anfang des Jahres. Roman Steger, zuvor etwa im Schon Schön, denkt sich die Gerichte aus und serviert, Simon Siebdrath setzt die Ideen in der Küche um. Und das funktioniert so gut, dass das Lokal im Herbst sicher des Öfteren auf meinem Programm als Privatesserin stehen wird.
Die Speisekammer ist kein Lokal, auf das sich alle einigen können: halb unter der Erde, unprätentiös eingerichtet – keine Tischtücher, Kunststoffsessel (freilich von Jasper Morrison), Industrielampen – und ohne großes Servier-Trara bespielt. Anders gesagt: Dass Simon Siebdrath auch mit Adlon- und Coburg-Erfahrung ausgestattet ist, lässt der karge Auftritt des Lokals nicht vermuten. Das, was hier an den wenigen Tischen serviert wird, aber umso mehr.

Siebdraths und Stegers Küche, die es in drei überaus gästefreundlich kalkulierten Menüvarianten gibt, macht so richtig Spaß. Eigenständig (gilt nicht für die Schiefertafeln), quer gedacht, intelligent und mit einem seltenen Gespür für küchentechnischen Wagemut, dessen Ergebnisse dennoch funktionieren. Etwa wenn Roman Steger die Wiener Wäschermädeln, die bei einem der drei Menüs als Dessert vorgesehen sind, beim anderen Menü zur aufregend guten confierten Hühnerleber serviert (Foto). Geht sich aus. Das ist eine Formulierung, die Steger an diesem Abend öfter einsetzt, allerdings als Frage. Rückmeldungen sind ihm wichtig. „Geht sich das aus?“, fragt er also nach dem sämigen Sepiarisotto mit knuspriger Blunzen und Pumpernickel. Ja, das geht sich aus. Und wie. Ebenso der leicht süße Blechkuchen mit Tafelspitzwürfel-Intarsien, der zu ebendiesem hier butterweichen und aromatischen Fleisch serviert wird. Oder die Limettenzwetschken zum Lachs. Oder die Avocado und die Koriander-Zuckergurken im Joghurtmousse-Dessert.

Wenn Sie das Glück haben, altmodischerweise über keinerlei Modeallergien zu verfügen: Bestellen Sie das Überraschungsmenü (sechs Gänge, 44 Euro), von dem man nur die Zutaten erfährt. Geht sich aus. 

TIPP

Speisekammer, Tigergasse 31, 1080 Wien. Tel: 0680 440 63 38, Di–Sa von 18–22 Uhr

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