Irak: Dorniger Weg zu neuer Regierung

Im Irak verlaufen die Gespräche zwischen Schiiten und Kurden über ein neues Kabinett zäh. Immerhin ist erstmals das neue Parlament zusammengetreten.

Der Irak hat seit Mittwoch ein neues Parlament, das sich nicht auf eine Regierung einigen kann und gleich bei seiner ersten konstituierenden Sitzung buchstäblich unter Beschuss geriet. Die 275 Abgeordneten sollten gerade im Sitzungssaal in der schwer bewachten grünen Zone im Zentrum Bagdads vereidigt werden, als die Fenster des Sitzungssaales zu zittern begannen, nachdem mehrere Mörsergranaten in der Nähe explodiert waren.
Die Sitzung hatte nur zeremoniellen Charakter, da es sechs Wochen nach den irakischen Wahlen immer noch keine Einigung darüber gibt, wer die neue Regierung stellt und wie deren Programm aussehen soll. Die Koalitionsverhandlungen zwischen den Wahlsiegern - der schiitischen "Vereinigten Irakischen Allianz", die 140 Abgeordnete stellt, und der "Demokratischen Allianz Kurdistans", (75 Sitze) - haben bisher zu keinem Ergebnis geführt.

"Die Iraker müssen noch etwas Geduld haben. Es wird noch ein paar Tage dauern, bis wir uns einigen können", erklärte der bisherige kurdische Außenminister Hoschiar Zubari. Der Teufel stecke im Detail, erklärte Ali al-Dabagh, ein Mitglied der schiitischen Allianz.

Das Parlament hätte sich eigentlich mit einer Zweidrittelmehrheit auf einen Präsidenten einigen sollen, der dann seinerseits den Premierminister bestimmt. Theoretisch hat man sich bereits darauf geeinigt, dass der Schiit Ibrahim al-Dschaafari den Posten des Premiers erhält, während der Kurdenführer Dschalal Talabani das weitgehend zeremonielle Amt des Präsidenten übernehmen soll.

Es sind die politischen Inhalte, an denen die kurdisch-schiitische Zusammenarbeit bisher gescheitert ist. Einer der Knackpunkte stellt die Zukunft der nordirakischen Stadt Kirkuk dar. Die Stadt mit ursprünglich kurdischer Bevölkerung war in den letzten Jahrzehnten unter der Diktatur Saddam Husseins arabisiert worden. Heute lebt dort eine Mischung aus Arabern, Kurden und Turkmenen.

Die Kurden beanspruchen die Stadt in einem künftigen föderalistischen Irak für sich. Dabei geht es nicht zuletzt um die dort vorhandenen reichen Ölvorkommen. Diskutiert wird auch die Frage, wie viel der Öleinnahmen am Ende in das Budget der kurdischen autonomen Gebiete fließen soll.

Offen ist auch die Frage, was mit den kurdischen Peschmerga-Kämpfern geschehen soll. Die irakischen Araber wollen, dass die kurdischen Truppen aufgelöst und in den gesamtirakischen Sicherheitsapparat integriert werden. Die Kurden ihrerseits fordern Garantien, dass schiitische Hardliner den Irak nicht in einen islamischen Staat transformieren.

Unstimmigkeiten gibt es auch über die Form des Koalitionsabkommens. "Die Kurden wollen alles genau fixiert, während die Schiiten das Ganze lieber vage halten möchten", beschreibt der kurdische Politiker Mahmud Osman den gegenwärtigen Stillstand.

U
nklar ist auch weiterhin, wie die Sunniten an der zu künftigen Regierung beteiligt sein sollen. Es besteht aber Einigkeit, dass die Sunniten trotz ihres weitgehenden Wahlboykotts mit ins neue politische System integriert werden sollen, um die militante Guerilla, die sich meist aus sunnitischen Anhängern speist, zu isolieren. An den bisherigen Verhandlungen waren der ehemalige sunnitische Interimspräsident Ghazi al-Yawar, der sunnitische Politiker Adnan Pachachi sowie die Islamische Partei beteiligt.

US-Stabschef General Richard Myers prophezeite unterdessen eine Zunahme der Anschläge während der Entstehung der neuen irakischen Regierung.

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